13.3.17

Der Hunderteinjährige, der die Rechnung nicht bezahlte und verschwand

Schweden, 2016 (Hundraettaringen som smet fran notan och försvann) Regie: Felix Herngren, Måns Herngren mit Robert Gustafsson, Iwar Wiklander, David Wiberg 108 Min. FSK: ab 12

Der Hunderteinjährige hat einen Bart. Also nicht der Schauspieler im Film, der hat nur eine unglaubliche schlechte Altermann-Maske. Der Humor der Fortsetzung vom lahmen und flach-witzigen „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" hat einen ganz langen Bart. Die Verfilmung von Jonas Jonassons Roman war 2013 ein leidlicher Erfolg, den man nun ohne Mitwirkung des Autors noch etwas ausquetschen will.

Der hundertjährige Allan Karlsson (Robert Gustafsson) ist nach seinem bewegten und explosiven Leben, in dem er immer völlig absichtslos einige Schurken in die Luft jagte, mittlerweile auf Bali angekommen und feiert dort mit Freunden und Schicksalsgenossen sein Hunderteinjähriges. Schnell wird aus einer Kiste eine Flasche „Volkssoda" rausgekramt, die der Rote Faden der dünnen Geschichte sein soll. Denn Allan hat bei seiner Tätigkeit als Doppelspion während des Kalten Krieges einst auch die Rivalität zwischen Nixon und Breschnew angestachelt. Von der Idee, dem Westen mit russischem Balalaika-Rock, Jeans-Imitaten und Cola-Kopie Konkurrenz zu machen, blieb nur die systemübergreifend äußerst wohlschmeckende Volkssoda übrig. Um die es letztlich eigentlich im Pershing-Vertrag ging: Die Sache mit den Raketen war damals nur eine Tarnung, um einen Weltkrieg der Süßgetränke zu verhindern. So sollten die „Salt-Verträge" eigentl. Sweet, also „Süß-Verträge" heißen, wie Allan sich in den für den Film typischen Rückblenden erinnert.

An was er sich nicht mehr erinnert, ist der Verbleib des Rezeptes für diesen Zaubertrank. So führt eine Schnipsel-Jagd der Erinnerungsstücke über Moskau, Polen, Berlin schließlich nach Schweden zurück. Nicht nur die Gesellschaft aus geldgierigen Deppen um Allan verfolgt diese Spur, auch eine Wahnsinnige mit Betreuer und Psychiater, ein wahnsinnig wütender Gangster aus dem letzten Film und sogar die CIA regieren auf die ausgestreuten Schlüsselreize. Trotz - oder wegen - der vielen Beteiligten nimmt die lahme Klamotte nie Fahrt auf. Nervige Fluchtgenossen sorgen für Vervielfältigung des vor allem platten Humors, der in deutscher Synchro völlig unerträglich wird. Der schwedische Komiker Robert Gustafsson muss mit sich mit gebrechlichen Scherzen abgeben, mit denen sich jedes Schülertheater über das Alter lustig macht.

Weiterhin pflastern Leichen den Weg des naiven Allan Karlsson, doch es gibt in der Fortsetzung ohne Originalautor weniger Geschichten und Geschichte in den Rückblenden. Mussten im Original gleich ein paar Diktatoren unter dem Trottel der Weltpolitik leiden, dreht sich nun alles um die Volkssoda. Neben der kindischen Streiterei zwischen Nixon und Breschnew darf Kissinger in einem klugen Satz den Sieg des Konsums vorhersehen, in einem Berliner LSD-Trip treten David Bowie, Herbert (sic!) Einstein und Andy Warhol auf. Dabei läuft Allan nur mit, was selbstverständlich ein Grundprinzip solcher Figuren ist. Doch so ganz ohne persönliche Entwicklung wird die letzte Chance auf einen Sympathie-Träger im Reigen der Witzfiguren verschenkt. So geriet diese falsche Fortsetzung nicht nur zur Zeitverschwendung und schlechtem Film, dieser „Hundereinjährige" ist auch gründlich unsympathisch.