27.12.15

Joy - Alles außer gewöhnlich

USA 2015 Regie: David O. Russell mit Jennifer Lawrence, Robert De Niro, Bradley Cooper, Isabella Rossellini, Diane Ladd, Virginia Madsen 124 Min.

Selten mal war dieser dämliche deutsche Zusatz-Titel treffender: „Alles außer gewöhnlich" ist bei dieser, ja: ungewöhnlichen Miss-Erfolgsgeschichte vor allem der frische Stil, mit dem Regisseur und Autor David O. Russell nach „American Hustle" und „Silver Linings" erneut auftrumpft. Mit dabei sind wieder Jennifer Lawrence und Bradley Cooper.

Nur wenige Menschen werden dem Wischmop bisher besondere Aufmerksamkeit gewidmet haben. Trotz großer Bemühungen, diesen unansehnlichen Haushaltsartikel mit technischen Neuerungen aufzupeppen. Das Äquivalent dieses fiesen grauen Dingsbums auf den TV-Kanälen ist der HomeShopping-Sender - anrüchig, billig und vor allem schmierig. David O. Russell zeigt jedoch auf packende Weise, wie die von Jennifer „Mockingjay" Lawrence gespielte Joy Mangano nach einer wahren Geschichte mit einem neuen Wischmop zur Queen von QVC wird.

Entgegen Omas Prophezeiungen wurde aus der fantasiereichen Joy keine Erfinderin, sondern eine völlig überforderte alleinerziehende Mutter. Die auch noch den Vater (DeNiro herrlich zerknautscht) von dessen Geliebter zum Kümmern abgeliefert bekommt. Aber im Keller lebt ja schon Joys eigener Ex, dazu oben Mama und Oma. Der Name Joy (dt: Freude) ist ein blanker Hohn angesichts dieser Ansammlung von Blutsaugern im Leben der klaglosen Frau.

In atemberaubendem Erzähltempo mit unterschiedlichen Szenen und Stilen fährt David O. Russell dieses Chaos unglaublich lässig auf: Mama steht unter Dauerberieselung durch TV-Soaps, die Rohre tropfen wieder mal, im lausigen Job gibt es Lohnkürzung, alles bricht zusammen, doch Joy hält stand. Bis sich die Träume in Form der jungen Joy ausgerechnet in der TV-Soap vom Abstellgleis zurückmelden. Die zu neuem Leben erweckte Erfinderin Joy entwickelt einen saugfähigeren Wischmop, den die Hausfrau (wir sind in den 80er Jahren) nicht mehr mit der Hand auswringen muss. Nach zahlreichen Rückschlägen wird der „Miracle Mop" über den gerade emporkommenden Shopping-Sender QVC zum Erfolg.

Dass ein Film über einen Mop zum Erfolg wird, bezweifelt wohl auch die eigene Marketing-Abteilung - trotz Unterstützung durch Mobster DeNiro. Im Trailer hält Jennifer Lawrence öfter ein Gewehr als einen Mop in der Hand, was den Film auf den Kopf stellt. Dabei ist das ganze Figuren-Arsenal vor allem in der ersten Hälfte schrill, kantig und toll anzusehen. Jede der verrückten Figuren könnte einen eigenen Film füllen. Es passiert eine Menge, und das nicht mit dem Tempo üblicher Erzählkrücken aus Hollywood.

Damit ist „Joy" nicht einfach ein Frauenfilm um eine Heldin, die enorm viel überwindet. Wie schon bei den Haar-Szenen von „American Hustle" gelingen auch bei dem erneut bemerkenswerten „Joy" ernsthaft großartige Momente mit hoch lächerlichem Inhalt. Was leider nicht durchgehend gilt, denn irgendwann verlieren sich Figuren, die Soap-Ebene von Kommentar und Unbewusstem war auch schon mal besser verzahnt. Doch auch dieser Russell ist immer noch bemerkens- und sehenswert.