15.6.15

Trash (2014)

Großbritannien, Brasilien 2014 Regie: Stephen Daldry mit Rickson Tevez, Eduardo Luis, Gabriel Weinstein, Wagner Moura, Selton Mello, Martin Sheen, Rooney Mara 114 Min. FSK: ab 12

Sie wohnen nicht nur auf der Müllhalde, sie werden auch wie Trash, also Müll behandelt: Der 14-jährige Rafael (Rickson Tevez) gehört zu den Menschen in Rio de Janeiro, die vom und an der Müllhalde leben. Die Geldbörse, die Rafael findet, ist der Anfang einer gnadenlosen Schnitzeljagd, die letztlich Korruption im großen Stil aufdeckt. Die Liste der Schmierer und Geschmierten in der Stadt der letzten WM und der nächsten Olympiade enthält in diesem packenden Polit-Thriller von Stephen Daldry („Billy Elliot - I Will Dance") sicherlich nicht zufällig auch eine Fußball-Organisation.

Die Brieftasche eines Verräters muss geradezu hochexplosiven Inhalt haben, wenn ihr Besitzer derart brutal von der Polizei verfolgt, angeschossen und gefoltert wird. Doch es bleibt in der geschickten Montage des spannenden Polit-Thrillers „Trash" noch lange rätselhaft, wonach die Polizei und bald auch drei Jungs aus den Slums von Rio eigentlich suchen. Dabei ist das Tempo enorm, mit dem der korrupte Frederico (Selton Mello) seine Schergen in den Elendshütten suchen lässt: „Hat jemand vielleicht kürzlich viel Geld bekommen?"

Jemand mit Geld in diesem furchtbaren Drecksloch? Eigentlich ein Hohn, denn am Anfang gewährt „Trash" noch Einblicke in das Wühlen im Müll, in die Behausungen und - damit noch ein paar Namen locken - die karitative Arbeit von Pater Juilliard (Martin Sheen) sowie seiner Assistentin Olivia (Rooney Mara). Ein zeitweise auch reizvoller Einblick, denn Regisseur Stephen Daldry und sein Kameramann Adriano Goldman gestalten das Elend mit eindringlicher Bildkraft und manchmal sogar zu schön, wenn die Jungs im Fluss baden oder brasilianischen Rap genießen.

Wobei ihr Jäger, das attraktive, gut gekleidete Schwein von der Polizei, Frederico, beweist, wie äußere Schönheit täuschen kann: Der Vollstrecker, der in seiner zurückhaltenden Art fast dämonisch wirkt, zögert nicht, Kinder zu erschießen oder zu foltern. Die Reaktion von Pater Juilliard auf das Verschwinden eines der Jungs ist deutlich: Wer in die Hände dieser Polizei fällt, ist eigentlich schon tot.

„Trash" entstand nach einem Jugendbuch von Andy Mulligan, der Ähnliches bei einem Aufenthalt in Manila erlebte. Wobei es eine reizvolle Frage ist, ob die echten Kids auch schon die „Richtigen"-Sätze kennen. Denn Rafael antwortet Olivia auf die Frage, weshalb er all das mache und nicht einfach die Belohnung für die Brieftasche kassiere, mit einem klassischen „Weil es richtig ist!" Hier greift sicher schon die Mechanik eines sehr spannenden Unterhaltungs- und Action-Films, zu dem „Trash" im Verlauf immer mehr wird.

Stephen Daldry, auch Regisseur von „Extrem laut & unglaublich nah", „Der Vorleser", „The Hours", kann Film, und beeindruckt auch bei „Trash" mit starken Bildern vor oft pittoresker Kulisse, einer hervorragenden Besetzung sowie paar raffinierten Montagen. (Dabei verweist auch Wagner Moura, der Darsteller des ursprünglichen Besitzers der Brieftasche, auf den brasilianischen Erfolgsfilm zum Thema Gerechtigkeit und Korruption, „Tropa de Elite", in dem er die Hauptrolle spielte.) Die Besprechung eines Schachzuges und die in Parallel-Montage deutlich andere Entwicklung, kennt man auch aus „Oceans Eleven". In diese (Film-) Welt gehört dann auch das etwas naive Happy End, doch muss man wirklich meckern, wenn man bestens unterhalten auch noch etwas von der dunklen und korrupten Seite Rios erfahren hat?