2.4.14

Auge um Auge

USA, Großbritannien 2013 (Out of the furnace) Regie: Scott Cooper mit Woody Harrelson, Christian Bale, Casey Affleck, Zoe Saldana, Sam Shepard 117 Min. FSK: ab 16

Zwei Brüder in einer fast verfallenen Stahlwerk-Stadt der USA. Die überall anwesende Leere können die frustrierten jungen Männer nicht füllen, auch wenn sie noch so sehr die Muskeln ihrer Muscle Cars spielen lassen. Russell Baze (Christian Bale) bleibt trotz widriger Umstände gefasst und ruhig, pflegt den Vater und macht seinen miesen Job im Stahlwerk. Rodney Baze jr. (Casey Affleck) ist der labile Gegenpol Russells: Alkohol- und spielsüchtig, zu stolz, um einfach ehrlich zu arbeiten, zu dumm sich aus den Schwierigkeiten raus zu halten. Doch ein Totschlag, besoffen mit dem Auto, bringt ausgerechnet Russell in den Knast. Als er wieder rauskommt, ist seine Frau weg. Doch der brave Arbeiter, richtet das Haus des mittlerweile verstorbenen Vaters her, malocht weiter. Die rostige Kulisse stillgelegter Industrie-Riesen ist derweil Hintergrund für Fight Clubs, mit denen sein kleiner Bruder, verschuldet und vom Irak-Krieg traumatisiert, Geld verdient. Doch der unkontrollierte Jr. legt sich mit brutalen Hinterwäldlern an und verschwindet. Nun überschreitet auch Russell die Grenze in das gesetzlose Gebiet hinter dem Eisenbahntunnel...

Nach einer langen Entwicklung mit eindringlichen Stimmungen und Atmosphären wird die intensive Gesellschafts-Studie irgendwann doch zu dem Rachefilm mit dem alttestamentarischen Titel. Allerdings mit Brüchen, die „Auge um Auge" vom Rache-Einerlei abheben. Zu sehr widersetzt sich das Handeln von Russell den Genre-Erwartungen. Die Rezeption reibt sich an einem Verlauf, der im Unbequemen, im Unfriedlichen befriedigend wird. In einigen Motiven verweist er zu Ciminos „Deer Hunter", eine brutale und sanfte Parallel-Montage von Kampf und Jagd bebildert auf unvergessliche Weise unterschiedliche Charaktere. Christian Bale ist überragend, wie er seinen Russell leiden und kämpfen lässt. Woody Harrelson erschreckt als extrem unsympathischer Hinterwald-Gangster, das Ganze ist mit Sam Shepard, Willem Dafoe und Forest Whitaker auch in den Nebenrollen sehr eindrucksvoll besetzt. Im Original funktioniert der Slang ebenso als stimmige Begleitmusik wie der Pearl Jam-Song „Release" mit der kongenial rauen Stimme Eddie Vedders. Nach der Country-Tragödie „Crazy Heart" mit Jeff Bridges gelingt Regisseur Scott Cooper erneut eine eindrucksvolle Ballade des Niedergangs.