7.10.12

Die Abenteuer der kleinen Giraffe Zarafa

Frankreich, Belgien 2012 (Zarafa) Regie: Rémi Bezançon, Jean-Christophe Lie 78 Min.

Die Anekdote der ersten Giraffe im Zoo von Paris, die dort 1827 auftauchte, entfaltet sich in dem wunderbaren Zeichentrickfilm „Zarafa" nicht nur für Kinder zu einem großen Abenteuer um Freundschaft und Freiheit. Der kleine Afrikaner Maki wird bei der Flucht vor Sklavenhändlern und ihren Bluthunden erst von einem Baum und dann einer Giraffe gerettet. In der Wüste erleben wir den Tod der Giraffenmutter aus emotional sicherer Distanz. Der arabische Nomade Hassan, ein großer Krieger, rettet Maki und die kleine Giraffe Zarafa - nicht zum letzten Mal. Und die Kinder, denen dies zu bedrohlich, beängstigend oder spannend wird, werden immer wieder von einem afrikanischen Geschichtenerzähler mit seinen Holzpuppen gerettet, der geschickt und augenzwinkernd Distanz zum Abenteuer schafft.

„Zarafa" - auf keinen Fall mit dem simplen „Zambezia" zu verwechseln - ist eine Kindergeschichte, doch keineswegs einfältig. Nicht nur die deutliche Darstellung der Sklaverei von grausamen Raubzügen in Afrika bis zu den erniedrigenden Diensten in Frankreich, behandelt das Thema Freiheit. Auch das schreckliche Prinzip Zoo wird den entsetzen Kindern vom Erzähler erklärt. Ganz nebenbei wird Geschichte aus dem alten Ägypten und dem Frankreich der Restauration unter einem herrlich lächerlichen Charles X. kindgerecht ins Bild gesetzt. Denn Hassan will die kleine Giraffe als Geschenk des Wesirs von Alexandria an den französischen König aus der belagerten Stadt schmuggeln. Das geschieht mit Hilfe eines Fesselballons und Maki ist immer dabei, da er seine Freundin nicht alleine lässt. Auch wenn er einen Teil der Reise mit griechischen Piraten zurücklegt. Das ist immer wieder herrlich komisch, etwa bei Kühen im Sturzflug oder bei der bald ausbrechenden Giraffen-Mode in Paris. Aber auch schillernd vielfältig - inhaltlich und im Bild. Als eine der treuen Kühe Soon und Moon stirbt, wird das eine kleine Lektion über Wiedergeburt, denn die Rinder waren selbstverständlich buddhistisch. Da hält die Traurigkeit über den Tod nicht lange an, weil ein Schmetterling die tröstende Idee belegt.

Jean-Christophe Lie, der bereits bei der Animation von Zeichentrickfilmen wie „Kiriku und die wilden Tiere" (2005) und „Das große Rennen von Belleville" (2003) mitwirkte, bringt diesen reduzierten Strich mit und lässt ihn zu sehr schön detaillierten Zeichnungen Afrikas erblühen. Auch die Figuren werden so differenziert dargestellt, wie man es nur noch selten im Zeichentrick sieht. So kann der Nomade Hassan noch vom Bauernbuben lernen, wie man eine Kuh melkt. Selbst das Überfliegen Frankreichs wird den Landschaften und Regionen gerecht. Dass selbst die ganze Geschichte, die ein gutes Ende findet, abenteuerlich aber nicht fantastisch ist, belegt die Historie vom Weißen Elefanten, der im Jahre 797 als Gastgeschenk des Kalifen von Bagdad vom Juden Isaak an den Hofe Karls des Großen reiste. Eine andere Geschichte, doch der rundum gelungene Film „Zarafa" hat das Zeug, so viel Neugierde in Kindern zu wecken, dass sie auch diese irgendwann entdecken werden.