7.5.12

Dark Shadows (2012)

USA 2012 (Dark Shadows) Regie: Tim Burton mit Johnny Depp, Michelle Pfeiffer, Helena Bonham Carter, Eva Green 113 Min. FSK ab 12

Vampire gibt es mittlerweile in allen Varianten, doch wenn Johnny Depp im neuen Tim Burton einen zeitlich desorientierten Vampir mit Adaptions-Schwierigkeiten gibt, verweist dies zum Anfang aller Vampir-Diversifizierung. Denn „Dark Shadows" brachte von 1966 bis 1971 in 1225 TV-Episoden und zwei Filmen Übersinnliches, Blutsauger und Werwölfe in die tägliche Fernsehunterhaltung.

In diesem gerafften Remake von Tim Burton, dem Spezialisten für schwarz-humorigen Schauer, wird Barnabas Collins (Johnny Depp), ein reicher Abkömmling englischer Kolonialisten, von der eifersüchtigen Geliebten und Dienstmagd Angelique zum Vampir verflucht und bald darauf verbuddelt. Als sein Sarg nach fast zwei Jahrhunderten bei Bauarbeiten gefunden wird, ist Barnabas so durstig. dass er gleich ein ganzes Sixpack Bauarbeiter leersaugt. Der blasse und blasierte Adelige landet 1972 mitten unter den Hippies, doch er fällt beim allgemeinen Flower Power nicht sonderlich auf. Sein imposant düsteres Gothic-Schloss steht noch und wurde - sehr runtergewirtschaftet - Heimstatt für herrlich disfunktionale Nachkommen. Die aktuelle Clan-Chefin Elizabeth Collins Stoddard (Michelle Pfeiffer) wird eingeweiht und erklärt fortan, dass Barnabas ein Gast aus England sei. Die Abneigung gegen Silber wäre Metallallergie und Sonne möge er auch nicht recht.

Als man sich ausreichend mit einem schüchternen Halbweisen, der pubertierenden Ur-Ur-Ur-usw-Enkelin oder der alkoholisierten Psychiaterin amüsiert hat, taucht die immer noch knackige Angie auf, die Barnabas einst unter die Erde flachlegte. Es kommt zu heftigem Sex, der diesmal die Horizontale verschmäht, dann geht das Eifersuchtsdrama in Knallrot weiter: Die Hexe, die Jahrhunderte jung mit Porzellan-Haut überstand, will auch die neue große Liebe des Vampirs über die malerische Klippe springen lassen...

Dieser Gothic-Pop von Tim Burton ist so ganz anders als die dunkle Welt von „Sleepy Hollow" oder der Animation „Corpse Bride". „Dark Shadows" präsentiert einen überbordenden Kostüm-Kitsch - wenn schon dann auch richtig. Die tödliche Klippe thront wie gemalt hoch über der brausenden Brandung. Ein totes Bäumchen obendrauf und die Musik von Danny Elfman dazu. Das Drama der Anfangsszene macht dann lange Pause, das Revamping des Schloss-Herrn mit zeitgemäßen Klamotten fällt nicht besonders witzig aus. Eher schon seine Anfrage beim Teenager Carolyn, wie er denn das Kindermädchen Victoria für sich gewinnen könne, da Geld oder Schafe für den Brautvater aktuell wohl nicht mehr funktionieren sollen.

Die Figur Johnny Depps ist in diesem Film so altmodisch, dass er zwischendurch gar Stummfilm-Gestik drauf hat. Man glaubt ihm, dass er ein ohne Flamme leuchtendes „M" (von McDoof) als Zeichen von Mephistopheles ansieht. Hier ist „Dark Shadows" ein komischer Familienfilm, stellenweise wie bei den „Munsters" zuhause, die auch ab Mitte der 60er versendet wurden. Einen rockigen Gastauftritt gibt es von der Saturn-Werbeikone Alice Cooper, da hatte ein herbeizitierter Bela Lugosi in „Ed Wood" doch mehr Klasse.

Doch wieso ist dieser Tim Burton ein ganz schwacher, wo doch - im Gegensatz zur Enttäuschung „Alice im Wunderland" - alle Elemente seiner genialen Filme vorhanden sind? Beim seriellen Hauptdarsteller Johnny Depp muss man an „Edward mit den Scherenhänden" oder „Sweeney Todd" denken. Burtons Gemahlin Helena Bonham Carter ist auch wieder dabei. Wieder müssen die Außergewöhnlichen gegen einen neidischen Mob aus Biedermännern bestehen. Wobei die Hexe Angelique einst die Dienstmagd war und sozial die Vampire also in eine Kiste mit den Heuschrecken des Kapitalismus passen. Doch da Barnabas ganz unüblich durch einen Fluch zum Vampir wurde, sollte man das alles sowieso nicht so ernst nehmen. Oder spiegelt sich in der unterdrückten Jugend von Victoria die von Tim Burton? Sind die frühen Siebziger mit den Hits von The Moody Blues („Nights in White Satin") die Zeit, die ihn geprägt hat?

Zu Hause bei den Collins ist das Finale blutig, nicht düster; deftig statt subtil. Teenie Carolyn Stoddard entpuppt sich noch als Werwolf und irgendwie war das wohl zu viel an Themen und Figuren, um die Geschichte richtig dicht und gut zu meistern. Bis auf ein wirklich schaurig-schönes Herz-Verschenken und einen überstürzten finalen Kuss voller Romantik, die ein wenig versöhnen.