13.8.09

Same Same But Different - Weltpremiere in Locarno


Locarno. Nach einigen durchwachsenen Piazza-Abenden beim 62. Filmfestival in Locarno (5.-15.8.2009) mit Heimspielen, die sich als zu klein für eine der größten Leinwände Europas erwiesen, zeigte Detlev Buck mit seinem Jungstar David Kross („Der Vorleser“), dass es auch anders geht. „Same Same But Different“, die Liebesgeschichte zwischen einem jungen Hamburger und einer kambodschanischen Prostituierten erwies sich gestern Abend als kräftige Sensation.

Mit „Knallhart“ entdeckte Detlev Buck das enorme Talent von David Kross. Nun spielt der Star von „Krabat“ in „Same Same But Different“ den orientierungslosen jungen Ben. Und auch dieser Film geht direkt in die Vollen. „See you in next life“ spricht die zierliche Kambodschanerin Sreykeo (die Thailänderin Apinya Sakuljaroensuk) beim Chat mit Ben in die Kamera - Bis zum nächsten Leben! Sreykeo, die Urlaubsliebe Bens, ist HIV-positiv getestet worden. Die schon generell schwierige Fernbeziehung zwischen dem Praktikanten und der Prostituierten, die eine vielköpfige Großfamilie ernähren muss, wird auf eine schwere Probe gestellt. Doch Ben steht trotz ihrer zweifelhaften Reputation zur anhänglichen Frau. Er fliegt sofort zurück nach Südost-Asien und treibt mit verzweifelter Energie den Medikamenten-Mix auf, der aktuell die besten Überlebenschancen bietet. Bei einer idyllischen Fahrt zu Sreykeos Heimatdorf bittet sie ihn jedoch auch noch, der Familie eine Hütte zu finanzieren...

Vor allem die eindringlichen Aufnahmen vom wilden Touri-Leben in Phnom Penh mit einem powervollen Soundtrack von Peter Fox bis Rammstein packten bei der Weltpremiere von „Same Same But Different“ von Anfang an. David Kross erweist sich als ideal für die Rolle des frischgebackenen Abiturienten, der unbedarft mit Dollars um sich wirft und unbedingt mal in den vom Krieg her berüchtigten „Killing Fields“ Koks nehmen will. Doch von diesem berauschten Start an, zeigen sowohl der Film als auch die Hauptfigur eine Entwicklung mit viel Tiefe. Die zeitgemäß schwierige Liebesgeschichte betört mit Bildern wie von Wong Karwai - nur auf Vollgas. Die Klischees der Prostitution in Südostasien sind ein Problem nicht nur für Ben, sondern auch für den Film. Einige Kritiker beschwerten sich, Bens Verhalten sei naiv und unrealistisch. Doch es gibt ein unschlagbares Gegen-Argument: Das Drehbuch wurde von Ruth Toma (zusammen mit Detlev Buck und Michael Ostrowski) nach dem autobiografischen Roman „Wohin du auch gehst“ von Benjamin Prüfer entwickelt. Unrealistisch wirkt es vielleicht, aber so ist es passiert. Detlev Buck, der mit David Kross und dem gemeinsamen Film in Locarno ist, erzählt, wie es zum Film kam: "Ich wollte schon immer einen Liebesfilm machen und jetzt habe ich den perfekten Stoff gefunden.“ (Der Film startet am 21. Januar 2010 in den deutschen Kinos.)

Einige Zustimmung wird „Same Same But Different“ gewiss sein. Vielleicht reicht es auch für den Publikumspreis der Piazza. Dabei ist allerdings das amerikanische Drama „Beim Leben meiner Schwester“ von Nick Cassavetes ein starker Mitbewerber. Cameron Diaz spielt darin die Mutter eines schwerkranken Mädchens. Die Eltern zeugen nach der Diagnose ein genetisch designtes Schwesterchen, das als menschliches Ersatzteillager dient, bis es als Elfjährige (Abigail Breslin aus „Little Sunshine“) das Recht auf Verfügung über den eigenen Körper einklagt. Kluges Rührkino um einen sehr aktuellen ethischen Konflikt. Auf diesem Niveau wünscht man sich mehr Piazza-Filme.