24.8.09

Beim Leben meiner Schwester


USA 2009 (My Sister's Keeper) Regie: Nick Cassavetes mit Cameron Diaz, Abigail Breslin, Alec Baldwin 109 Min.

Das amerikanische Drama „Beim Leben meiner Schwester“ von Nick Cassavetes zeigt Komödiantin Cameron Diaz mal in einer dramatischen Rolle. Sie spielt darin die Mutter eines schwerkranken Mädchens. Die Eltern zeugen nach der Diagnose ein genetisch designtes Schwesterchen, das als menschliches Ersatzteillager dient, bis es als Elfjährige das Recht auf Verfügung über den eigenen Körper einklagt. Kluges Rührkino um einen sehr aktuellen ethischen Konflikt.

Dass Menschen als Ersatzteillager gezüchtet werden, war schon immer gerne das Thema von Science Fiction-Filmen, zuletzt in „Die Insel“. Nun erleben wir es mitten im Leben und sehr brisant. Die elfjährige Anna (Abigail Breslin aus „Little Sunshine“) blättert durch ein Bilderbuch und überlegt sich, dass Kinder meist Unfälle sind und so gut wie nie Wunschkinder. Außer in ihrem Fall, was kurioserweise zu einer äußerst problematischen Familie führt.

Ihre Schwester Kate erkrankte schon als Kind schwer an einer Form von Leukämie. Daraufhin brachte ein Arzt die Eltern auf die Idee, ein weiteres Kind zu zeugen, wobei man durch genetische Manipulation dafür sorgt, dass dieses Wesen der perfekte Organspender für Kate sein wird. So half Anna schon bei ihrer Geburt mit ihrer Nabelschnur. Blut und Zellen gab es auch für die ältere Schwester, später kam Rückenmark dazu. Im Alter von 11 Jahren hat Anna acht schwere und schmerzvolle Operationen hinter sich. Als auch eine Niere abgegeben werden soll, sagt sie: Stop! Nicht den Eltern, mit denen man nicht reden kann, sondern einem populären Staranwalt aus der TV-Werbung (Alec Baldwin). Anna klagt auf das Recht, über den eigenen Körper verfügen zu können.

Das ist ein brisanter Stoff und wie im Roman von Jodi Picoult wird er in vielen Perspektiven abgewogen. Wir erleben das schwer beschreibbare Leiden von Kate (Sofia Vassilieva), die sich mehrfach die Seele aus dem Leib kotzt, der Blut aus der Nase läuft, die von einem strahlenden Wesen zu einem Häufchen Elend wird. Und doch groß in ihrem Herzen bleibt. Sie entschuldigt sich für das Leid, das sie der Familie verursacht hat. Denn nicht nur Anna wurde vernachlässigt, auch beim Bruder bemerkte man erst spät, dass er nicht lesen kann.

Kate hat längst den Tod als Teil des Lebens akzeptiert, das Muttertier Sara (Cameron Diaz) nicht. Wenn sie vor Gericht für Kate und gegen Anna kämpft, geht es längst nicht mehr um die ethische Frage. Doch diesen Kampf muss sie in ihrem Herzen ausfechten.

„Beim Leben meiner Schwester“ stammt von Nick Cassavetes ("Wie ein einziger Tag"), der als Sohn von Regisseur John Cassavetes und Schauspielerin Gena Rowlands Erfahrungen mit schwierigen Familien hat. Er vermied über lange Strecken das Rührstück. Ja, es gibt sogar erstaunlich viele leichte Liedchen und Momente der Freude. Kate erlebt selbst eine wunderschöne Liebesgeschichte. So packt der einfühlsame und Kluge Film Kopf und Herz bis zum Ende eine überraschende Wende die Grundkonstellation aushebelt. Darüber kommen die starken Figuren zum Glück problemlos hinweg.