19.11.06

Idlewild


USA 2006 (Idlewild) Regie: Bryan Barber mit André Benjamin, Big Boi, Paula Patton 121 Min. FSK: ab 12
 
Hiermit nehmen wir alles zurück, was wir jemals über Videoclip-Regisseure gelästert haben: Outkast-Filmer Bryan Barber drehte das sagenhafte Video für "Hey Yaa" - und der Spielfilm "Idlewild" erfüllt dieses Versprechen über aufregende zwei Stunden. Die "Outkasts" André Benjamin alias "André 3000" und Antwan A. Patton alias "Big Boi" stürzen sich als Musiker und Schauspieler in die wilde Prohibitionszeit der Dreißiger.
 
Der große Outkast-Film erweist sich als genauso quick-lebendig, originell, einfallsreich wie ihre Musik. Und eigentlich waren Alben wie "Speakerboxx/The Love Below" und "Aquemini" ja auch schon Hörspiele. Aber man braucht kein Fan zu sein, um vom opulenten Historien-Gangster-Musik-Film "Idlewild" begeistert zu sein. Der satte Augen- und Ohrschmaus taucht voll ins Leben der Freunde Percival (André Benjamin) und Rooster (Big Boi). Percival, ist Sohn eines Bestattungsunternehmers in der Prohibitionszeit. Schnaps-Schmuggel ist an der Tagesordnung, Kriminalität ein gutes Geschäft. Die Toten landen bei Percival im Präparationszimmer und die Lebendigen gehen abends in die "Kirche". Diese "Church" ist ein wilder Musikschuppen und als ein Emporkömmling ohne Moral den Club-Boss ermordet, setzt er den Kleingangster mit Kleinfamilie Rooster als neuen Chef ein. Doch nur, um noch mehr Geld aus ihm herauszupressen. Der Freizeit-Klavierspieler Percival träumt davon, seine eigenen Stücke zu spielen und das Nest Idlewild zu verlassen. Mit der Liebe zur neuen Sängerin Angel (Paula Patton, "Deja vue") lebt diese Idee auf.
 
Musikerfilme gibt es reihenweise, doch "Idlewild" ist eine anachronistische Sensation, spielt in einer Liga mit Baz Luhrmanns "Moulin Rouge" oder "Under the Cherry Moon" von Prince. Selbstverständlich liefern Big Boi und André Benjamin grandiose Showeinlagen, ebenso elegant coole wie akrobatische Tanzszenen im Club. Schon zum Aufstehen gibt es einen genialen Song mit Chor und Band aus zahllosen Kuckucksuhren, die gleich eine ganze Wand pflastern. Zu den exzellent choreografierten Szenen kommen originelle und witzige Animationen. Da verselbständigen sich die Noten von Percival und hüpfen wild auf dem Blatt herum. Aber vor allem der eingeprägte Hahn auf Roosters Flachmann, der wie ein griechischer Chor die Handlungen seines Herrn kommentiert, spielt eine Hauptrolle. (Rooster heißt im Englischen übrigens Hahn.) Solche Animationen vermengen sich mit Teilen des Realfilms, während ein Liedchen bei einer wilden Verfolgungsjagd mit Schießerei geträllert wird.
 
Mit André Benjamin hat man einen Erzähler (im Original), der mit Melodie spricht, der Rappen kann. Doch die "Outkasts" können auch spielen, André sah schon gut aus in "Revolver", "Be Cool" und besonders in "Four Brothers". So machen sie sich auf dem ersten Tracks des neuen Albums "Idlewild" zu recht über einen eingebildeten Laurence Oliver lustig, der das Schauspielen den Profis vorbehalten will. Die CD ist übrigens nicht der Soundtrack des Films "Idlewild", denn einige der Songs stammen aus dem sensationellen OutKast-Doppelalbum "Speakerboxx/The Love Below" aus dem Jahre 2003. Dabei legen sie nicht die originale Musik der Clubs aufs Parkett - obwohl Leute wie Cab Calloway ebenso rasant waren - sondern ein "Blend" eine Mischung aus heutigem Hiphop, alten Club- und Bigband-Sounds.