21.11.06

Goyas Geister


Spanien, USA, Frankreich 2006 (Goya's Ghosts) Regie: Milos Forman mit Javier Bardem, Natalie Portman, Stellan Skarsgård 114 Min. FSK: ab 12
 
Der Regisseur von "Amadeus" und "Valmont" (emp)fand bereits vor fünfzig Jahren in einem Bericht über die Inquisition Parallelen zu der kommunistischen Herrschaft. Jetzt zeichnet er ein Historienbild, bei dem der Maler Goya fast zu Nebenfigur wird und die Schrecken der Inquisition Rachel Portmans Figur der schönen Ines brechen. Die Monstrositäten der katholischen Kirche erweisen sich mit den Bildern von Guantanamo als erschreckend zeitgemäß.
 
Im Spanien des Jahres 1792 arbeitet Goya (Stellan Skarsgård) als Hofmaler, der gleichzeitig seine kunstvollen und bloßstellenden Karikaturen überall in Spanien verkauft. Da erhält Ines (Rachel Portman), Muse und Modell für Goya, eine Vorladung der "Heiligen Inquisition", einer eher schweinischen, als heiligen Veranstaltung, die im Land des auserwählten spanischen Volkes besonders aufblühte. Ines geht noch unsicher lächelnd hinter die Mauern der Inquisition, doch bald zerreißen markerschütternde Schreie das opulente Bildervergnügen. Die verschrobenen Sadisten der Kirche foltern wieder für ihre Lust, ihre Ideologie und um weiter mit Angst zu herrschen.
 
Als Goya von der schrecklichen Lage seiner Muse und Modell hört, inspiriert ihn das zu einem Kupferstich. Der Vater von Ines zwingt jedoch den einflussreichen Pater Lorenzo (Javier Bardem) zur Hilfe. Erst bietet man Geld, dann folgen die gleichen Foltern wie bei Ines. (Wobei Bardem die Kleider anlassen darf!) So gesteht Lorenzo absurde Dinge und der Vater versucht zu beweisen, dass unter Folter alles gestanden wird. Doch die Hoffnung auf gesunden Menschenverstand erfüllte sich auch damals nicht, die Kirche entlässt Ines nicht aus ihren Fängen. Lorenzo wird selbst verfolgt, sein Porträt verbrannt.
 
Nach Konrad Wolfs exzellentem "Goya", der selbst von Dämonen gequält wurde und den kunstvollen, melancholischen Erinnerungen "Goya in Bordeaux" von Carlos Saura, enthält der Forman-Film am wenigsten Goya. Das Verhältnis von Kunst und Macht behandelt Forman in einzelnen Episoden am Rande, wenn etwa Napoleon durch den Prado geführt wird. Oder wenn die Königin unschön porträtiert wird. Dabei kommt die Nachricht von der Hinrichtung des französischen Königs an. Ein bedeutungsvoller Einschnitt, aber das Handlungsgerüst orientiert sich weiter an Ines. Fünfzehn Jahre später überziehen die Soldaten Napoleons das Land mit Schrecken, die Goya in seinen berühmten und immer wieder zitierten "Schrecken des Krieges" festhält. So wird dem Land kurzzeitig die Kirche ausgetrieben, menschlicher wird es dadurch kaum. Die neue Freiheit entlässt eine geschundene, wahnsinnige Ines aus den Kerkern der Inquisition, während die Täter hinter Gitter kommen. Der taube Goya nimmt sich ihrer an, um ihre Tochter zu suchen. Und sieht sie tatsächlich im Retiro - unter unerwarteten Umständen...
 
Die eigentliche Hauptrolle spielt Javier Bardem ("Das Meer in mir", "Live Flesh") als ambivalenter Pater Lorenzo. Wenn er die Inquisition thematisiert, ist der Film ungemein aktuell, dann zeigt er all die Übel der Vorverurteilung, der Rechtlosigkeit bei heiligen Kriegen, die Übel der Religion und der Dogmen. Ansonsten eine freie Biographie mit dramatischen Ereignissen in unruhigen Zeiten.