26.12.18

Drei Gesichter

Iran 2018 (3 Faces) Regie: Jafar Panahi, Behnaz Jafari, Marziyeh Rezaei 100 Min.

Es wäre ein grandioser Lubitsch-Witz, wenn es nicht so traurig wäre: Nachdem ihm 2010 Berufsverbot und Hausarrest auferlegt wurde, hat der iranische Filmmacher nun seinen vierten Spielfilm veröffentlicht. „Drei Gesichter" könnte auch „Drei Frauen" heißen, ist ein ruhiges Road-Movie in iranische Dörfer und eine nette Hommage an den dortigen Meisterregisseur Abbas Kiarostami (1940-2016).

„Drei Frauen" beginnt mit einem Hilferuf eines Mädchens per Handy-Video an Jafar Panahi: Man würde ihn und seine Filme kennen, deshalb hätte es Hilferufe gegeben, auf die er aber nicht reagiert hätte. Jetzt sei es zu spät. Und dann erhängt sich die junge Frau. Schockiert schauen sich Jafar Panahi (Jafar Panahi) und die berühmte Schauspielerin Behnaz Jafari (Behnaz Jafari) den Clip an. Sie sind schon auf dem Weg zum Ort des vermeintlichen Selbstmordes, zu einem Dorf im Norden des Irans. Dort werden als Prominente aber auch als desinteressierte Menschen aus der Stadt begrüßt, lernen seltsame Sitten kennen und erfahren das Geheimnis nicht nur vom Mädchen Marziyeh Rezaei (Marziyeh Rezaei) aus dem Video.

„Drei Gesichter" ist ein Road-Movie wie von Abbas Kiarostami, der mit „Der Wind wird uns tragen" oder „Und das Leben geht weiter" Erdbeben-Gebieten oder mit Juliette Binoche in „Die Liebesfälscher" historische Stätten einer alten Liebe inszenierte. Wie schon als Taxifahrer in Teheran sitzt Jafar Panahi wieder selbst am Steuer und was sich wie Notlösung anhört, wird zur äußerst raffinierten Angelegenheit, zum Plädoyer für Gleichberechtigung.

Selbstverständlich ist es nicht wirklich ein echtes Video, das Panahi zugesandt wurde. Oder doch? Der Film selbst spielt mit den Zweifeln. Und das kann er auf hohem Niveau, denn derartige Täuschungen gibt es im iranischen Film schon lange fast als eigenes Genre. Etwa wenn ein angebliches Casting für einen Kiarostami-Film (fiktiv) vor Gericht verhandelt wird. Der Wunsch, zum Film zu kommen, ist auch hier Thema für drei Frauen, die sich hinter den drei Gesichtern verbergen: Marziyeh inszenierte ihren Selbstmord, um trotz der üblichen strengen Familie an die Schauspielschule zu dürfen. Die dadurch involvierte Behnaz Jafari, die zwischen eingebildet und mitfühlend changiert, muss am nächsten Tag wieder pünktlich am Set sein. Und als magischer Fund der Reise versteckt sich die ehemals prominente, aber nun vergessene Maedeh (Maedeh Erteghaei) am Rande des Dorfes.

Auch ohne Erwähnung oder deutliches Zitat spürt die ganze Zeit Kiarostamis Erbe. Panahi war sein Assistent und nachdem „Taxi Teheran" die begrenzte Situation im Auto vom Porträtfilm „Ten" kopierte, übernimmt der Schüler nun die Reise aufs Land von Kiarostamis „Der Wind wird uns tragen" und „Und das Leben geht weiter". Und auch das weiß man vom Altmeister, selbst wenn mal nicht so viel passiert, lohnt es sich immer, auf die letzte Szene zu warten. Poetisch, nicht politisch, gehen hier die Frauen ihren eigenen Weg, während mit absurdem Theater der bewegungsunfähige alte Bulle entsorgt wird.

25.12.18

Sibel

Türkei, Frankreich, BRD Luxemburg 2018 Çağla Zencirci, Guillaume Giovanetti, mit Damla Sönmez, Erkan Kolçak Köstendil, Emin Gürsoy 95 Min.

Das Handy klingelt, aber in der Tee-Plantage an den steilen Tal-Hängen gibt es keinen Empfang. Da hilft sich man sich am Schwarzen Meer, wie auf Gomera, mit einer Pfeif-Sprache. In einem türkischen Dorf wird die seit ihrer Kindheit stumme Sibel (Damla Sönmez) von abergläubischen Nachbarinnen und dummen Mädchen ausgegrenzt. Die selbstbewusste 25-jährige Frau kann aber pfeifend sagen, dass die anderen sie mal können. Oder den Vater fragen, was sie heute kochen soll. Denn auch zu Hause pfeift sie und schmeißt den Haushalt. Im olivgrünem Hemd mit rotem Schal sieht sie rebellisch aus, wenn sie mit dem Gewehr in den Wäldern wieder mal den Wolf sucht, der sich nach einer Legende hier rumtreiben soll. Als statt des Wolfs ein Mann mit Pelzkragen aus dem Gebüsch springt, stößt Sibel den geschwind in die Falle, die sie vorher gegraben hat. Danach pflegt sie allerdings den flüchtigen Soldaten auch, der den Kriegs-Einsatz verweigert.

Die ruhig erzählte Geschichte zwischen eindringlichen Naturbildern und einer unterdrückenden Sozialstruktur wurde von Çağla Zencirci und Guillaume Giovanetti trocken ohne Filmmusik inszeniert. Dank des eindringlichen Spiels von Damla Sönmez folgt man Sibel gebannt: Ernst ist sie immer mit dem Gewehr unterwegs, in dessen Kolben ihr Name geritzt ist. Sibel, ihr Name bedeutet „Pfeifen", ist dauernd auf der Suche nach dem mythischen Wolf, ansonsten eine gehorsame Tochter. Sie bekam vom autoritären Vater und Jagd-Genossen einige Freiheiten. Die verwöhnte jüngere Schwester wird da neidisch, denn sie darf sich mit ihren Freundinnen nicht so lange treffen. Bei der dreht sich allerdings alles darum, möglichst bald verheiratet zu werden. Was traditionell eine Heiratsvermittlerin zwischen den Familien arrangiert. Der Aberglaube ist dabei so stark und brutal, das sich Sibel nicht neben eine junge Braut setzen darf - ihre Krankheit könnte ja abfärben.

„Sibel" steigert sich im letzten Drittel dramatisch, als die Frauen auf dem Feld Sibel brutal zusammenschlagen, weil diese einen „Terroristen" im Wald getroffen habe. Nach der Entdeckung ihres Lächelns muss sie nun für ihre kleinen Freiheiten und für die kleine Schwester kämpfen, denn deren Verlobung sagte die andere Familie „wegen des Skandals" ab.

Auch mit der verrückten Alten Narin, die in einer abgelegenen Hütte noch immer auf ihren Verlobten wartet, der einst von der Dorfbevölkerung erschlagen wurde, ergibt sich im still intensiven „Sibel" ein Spektrum von fein nuancierten Frauenrollen. Ein Film voller märchenhafter Motive und sehr realer Freiheitskämpfe, der sehr verdient beim Festival von Locarno 2018 den FIPRESCI- und den Preis der ökumenischen Jury gewann.

23.12.18

Shoplifters - Familienbande

Japan 2018 Regie: Hirokazu Kore-eda, mit Lily Franky, Sakura Ando, Mayu Matsuoka, Kirin Kiki 122 Min. FSK ab 12

Wenn der Vater mit dem Sohn einkaufen und klauen geht. Das ergibt zuhause in typisch japanischer Enge eine schrecklich nette, liebevolle Familie. Der Serien-Sieger von Cannes, Regisseur Hirokazu Kore-eda („Vater und Sohn", Jury-Preis 2013), schaut sich erneut mit viel Humor und Gefühl an, was Familie eigentlich bedeutet.

Vater geht mit dem Sohn zum Klauen in den Supermarkt. Die eine Tante arbeitet in einer Pepshow, die andere stiehlt auf ihrer Arbeitsstelle. Oma besorgt bei der Familie ihres verstorbenen Mannes ihre „Rente". Diese besondere Familie hat nicht viel, doch als sie in einer kalten Nacht ein kleines Mädchen frierend auf einem Balkon entdecken, nehmen sie das Kind mit und geben ihm zum Essen. Dann sehen sie die blauen Flecken und Narben bei Yuri (Miyu Sasaki). Trotzdem soll das Mädchen zurück nach Hause, aber dort hören die Retter, wie ein Mann seine Frau misshandelt...

Mit den Augen der kleinen Yuri erleben wir diese leicht verrückte, aber äußerst sympathische Familie. Und mit den Augen des „Sohns" Shota (Kairi Jyo), der allerdings Zweifel an den moralischen Richtlinien des Vaters Osamu Shibata (Lily Franky) bekommt: Aus einem Supermarkt zu klauen, mag ja in Ordnung sein, weil die Sachen dort noch niemandem gehören. Aber aus einem Auto? Ein Moment des Zweifels, der in der späteren, spannenden Entwicklung des Films noch eine ironische Fußnote bekommen wird.

Denn bei der scheinbar fast normalen Familiengeschichte, mit Neuzuwachs und dem Abschieden, ist alles ist ein klein wenig anders. Als sich der Junge Shota beim Klauen erwischen lässt und die Polizei die Familie „aushebt", zeigt sich eine andere Geschichte: Aus behördlicher Sicht wird alles, was so natürlich und harmonisch passierte, als Verbrechen angesehen. Denn biologisch haben die fünf Menschen nicht viel miteinander zu tun.

„Normalerweise kann man sich seine Eltern nicht aussuchen." Dieser stille sowie sehr, sehr anrührende und beglückende Film stellt eine ungewöhnliche aber fast heilige Familie einer biologischen Verbindung gegenüber, in der körperlich und seelisch misshandelt wird. Regisseur und Autor Hirokazu Kore-eda vermittelt ein anderes Bild von Japan, aber „Shoplifters" ist mit seiner humorvollen Leichtigkeit niemals Sozialdrama.

Der exzellente und kluge Regisseur Hirokazu Kore-eda vertauschte schon in „Vater und Sohn" (Jury-Preis in Cannes 2013) die Söhne einer wohlhabenden und einer armen Familie direkt nach der Geburt, um japanische Ideale des Erfolgs bloßzustellen. Und im legendären „Nobody Knows" (Darstellerpreis Cannes 2004) überzeugte ein Gruppe verlassener Kinder mit herzzerreißender Fürsorge abseits gesellschaftlicher Normen. Auch „Shoplifters", diese durch Inszenierung und Spiel so anrührende Geschichte, wird durch die latente Frage spannend: „Was ist richtig, was ist eine richtige Familie?" Diese ganz besondere Familienbande wurde jedenfalls bei den Filmfestspielen von Cannes 2018 mit der Goldenen Palme ausgezeichnet und ist als japanische Einreichung noch im Rennen zum Oscar in der Kategorie „Bester ausländischer Film".

21.12.18

Mary Shelley

Großbritannien, Luxemburg, USA 2017 Regie: Haifaa Al-Mansour, mit Elle Fanning, Douglas Booth, Tom Sturridge, Bel Powley 120 Min. FSK ab 12

„Die Frau, die Frankenstein erschuf" ist wohl einen biografischen Film wert, auch wenn ihre Zeit- und eventuellen Bettgenossen Percy Shelley und Lord Byron in dieser Literaturgeschichte ein Wörtchen mitreden. Elle Fanning rettet als Mary Godwin das allerdings konventionelle Gefühlsfilmchen. Dass die Emanzipationsgeschichte von einer in Saudi-Arabien geborenen Künstlerin inszeniert wurde, spürt man nicht.

Die in Saudi-Arabien geborene, aber im Westen ausgebildete Regisseurin Haifaa Al Mansour beeindruckte mit ihrem bewegenden Film „Das Mädchen Wadjda" über ein junges Mädchen, das sich in Saudi-Arabien mit dem Wunsch, Fahrrad zu fahren, emanzipiert. Es war 2012 der erste echte saudi-arabische Film. Dass sich Haifaa Al Mansour für eine berühmte Emanzipations-Geschichte eignet, wäre denkbar. Der Plan geht jedoch in „Mary Shelley" nicht wirklich auf.

Die 16-jährige Mary (Elle Fanning), Tochter des Sozialphilosophen William Godwin und der verstorbenen Schriftstellerin Mary Wollstonecraft, trifft 1814 mit dem romantischen Dichter Percy Shelley (Douglas Booth) zusammen. Ihrer Leidenschaft folgend, flieht Mary mit Shelley. Dessen Karriere und Vermögen erleben ein dauerndes Auf und Ab, Schulden lassen ein gemeinsames Kind sterben. Shelley beginnt eine Affäre mit Marys Halbschwester und zu dritt reisen sie zu Lord Byrons Villa am Genfer See, wo das miserable Wetter die Grundlage zu „Frankenstein" legt. Ein gemeinsamer Schreibwettbewerb ermutigt Mary, ihr literarisches Talent auszuleben. Selbstverständlich wird der mittlerweile 18-jährigen Frau das Werk nicht abgenommen: Nur anonym, mit Shelley als vermutetem Autor, kann es erscheinen.

Mit viel Gefühl legt „Mary Shelley" seinen Schwerpunkt auf die „arme, leidende und liebende Frau". Charakterisiert wird die berühmte Autorin vor allem durch den Tod ihrer Tochter und die Untreue ihres Partners. Das Künstlerische - sowohl bei der Autorin als auch im Film - bleibt zweitrangig.

Dunkel ist noch lange nicht „gothic", oft wirkt der Stil nur dekorativ. Wirklich im Geist des literarischen Genres war 1986 der Horror-Film „Gothic" von Ken Russell inszeniert. Gabriel Byrne spielte Lord Byron, Julian Sands Percy Shelley und Natasha Richardson Mary Shelley. Überdeutlich werden bei Haifaa Al-Mansour die Bestandteile von „Frankenstein" in die Geschichte eingestreut, das gerade populäre Wiederbeleben von toter Materie beim „Galvanisieren", die chemischen Experimente. Marys Albträume sorgen für etwas Horror, das eigentliche Grauen sind jedoch die Männer. Die Poeten Shelley und Byron hampeln hier als besoffene und kindische Idioten herum. Der lüsterne Lord wirkt in der Darstellung von Tom Sturridge eher bukolisch als diabolisch.

Spannende Momente gibt es allerdings auch: Das Gespräch mit Shelley, nachdem er zum ersten Mal Frankenstein gelesen hat. Er will die perfekte Kreatur schildern, Mary hingegen sieht nach ihren Erfahrungen und Erlebnissen das Monster als Sinnbild der Menschheit. Die Ironie, dass sowohl Mary Godwin als auch Byrons Arzt John Polidori (Ben Hardy) bei diesem Aufenthalt Geschichten über ihre jeweiligen Monster schrieben, und genau diese Männer jeweils fälschlicherweise als Autoren gehalten wurden, blitzt auch auf.

Letztlich rettet Ellen Fanning „Mary Shelley" - die nach Filmen wie „How to Talk to Girls at Parties", „Jahrhundertfrauen" oder „The Neon Demon" wieder einmal außerordentlich agierende Hauptdarstellerin macht das brave Filmchen zu etwas Besonderem. Wenn auch viele der Kostüm-Szenen gesetzt wirken, ihre Momente sind lebendig und machen neugierig auf die Autorin Mary Wollstonecraft Shelley.

19.12.18

Mary Poppins' Rückkehr

USA 2018 (Mary Poppins Returns) Regie: Rob Marshall, mit Emily Blunt, Lin-Manuel Miranda, Ben Whishaw, Emily Mortimer, Julie Walters, Colin Firth, Meryl Streep 131 Min. FSK ab 0

Charme-Update

Es ist 54 Jahre her, seit Walt Disney mit dem Kinderfilmklassiker „Mary Poppins" nach langem Kampf mit der Autorin P. L. Travers viele Herzen eroberte. Das vorsichtig modernisierte Remake „Mary Poppins' Rückkehr" schafft es tatsächlich, den alten Charme zu bewahren. Eine ganz besondere Super-Nanny, perfekt besetzt mit Emily Blunt, kann mit Schirm und Handtasche in einer Welt voller Superhelden bestehen.

Es sind im Film nur ein paar Jahrzehnte vergangen, seit Mary Poppins das erste Mal die Familie Banks rettete. Im London der 1930er Jahre sind die Kinder von damals erwachsen: Michael Banks (Ben Whishaw) arbeitet wie sein Vater für die Bank, die ihm nun sein Haus abnehmen will. Der verträumte Maler kam mit den Ratenzahlungen nicht hinterher, es ist Wirtschaftskrise. Seine Schwester Jane Banks (Emily Mortimer) kämpft derweil für die Rechte der Arbeiter. Die drei Kinder, Annabel (Pixie Davies), Georgie (Joel Dawson) und John (Nathanael Saleh), sorgen sich wieder viel zu sehr um ihr Zuhause und vermissen die verstorbene Mutter.

Da niemand besser weiß als Disney, wie viel das alte Erbe wert ist, muss um das Haus der Familie Banks gekämpft werden. Zeit für den nächsten Auftritt von Mary Poppins. Während es in den Himmeln von allen anderen Kinos nur so vor fliegenden Superhelden wimmelt, kommt das Kindermädchen wieder altmodisch an ihrem Regenschirm auf London hernieder. Ganz wie einst Julie Andrews. Doch Emily Blunt („A quiet place", „Girl on the train", „Sicario") ist genau die Richtige, um an Andrews zu erinnern und sie gleichzeitig vergessen zu lassen. Die irritierend divenhafte, besserwisserische, eitle und kapriziös strenge Nanny mit dem ganz großen Herzen für Kinder und gute Menschen ist weiterhin zeitlos aus der Zeit gefallen. Eine Superheldin aus einer stilvollen Zeit ohne Superhelden.

Der vielfältige Fachmann Rob Marshall („Into the Woods", „Chicago") hat den sehr beliebten Klassiker mit Material der sieben zusätzlichen Bücher, die P.L. Travers schrieb, die aber nie verfilmt wurden, sanft modernisiert. Noch immer gibt es eine altmodisch hand-gezeichnete Musical-Sequenz, ein echter Augenschmaus. Unter den vielen neuen Liedchen findet sich auch tatsächlich eine sehr altertümliche Ballettnummer mit den Kollegen des einstigen Schornsteinfeger-Lehrlings, der nun für die Gaslampen zuständig ist. So wie dieser Retro-Moment mit Rap-Musik und Fahrrad-Stunts in Richtung HipHop ausklingt, enden einige Szenen aber auch in echter Action. Doch insgesamt vollbringt Mary Poppins bei ihrer Rückkehr das Wunder, gleichzeitig Feiertags-Zerstreuung und Film-Museum zu sein.

Dass dies so lange dauerte, ist wohl auch der 1996 verstorbenen Frau Travers zu verdanken. Wie schwierig die Verhandlungen mit ihr waren, kann man in dem netten „Saving Mr. Banks" sehen, Tom Hanks spielt darin Disney.

Die herrlich altmodisch nachkomponierte Musik wird die Großeltern im Kino erfreuen. Eine alberne Shownummer von Meryl Streep bringt noch einen großen Namen aufs Plakat. Dabei bleibt die Disney-Geschichte auch 2018 ein Märchen: Neuerliche Erkenntnisse der Immobilien-Krise über unmoralische Banker (hier Colin Firth) werden mit märchenhaften Lösungen beantwortet. Die gewerkschaftlichen Aktivitäten von Jane sind reine Staffage ohne Folgen. „Mary Poppins' Rückkehr" lebt wie die Ur-Ahnin von Momenten, Szenen, Liedern. Heute fällt das Fehlen von Entwicklung und schlüssiger Handlung vielleicht stärker auf. Doch die Magie des zauberhaften Kindermädchens wirkt mit Spaß und Rührung auch noch heute.

18.12.18

Die Poesie der Liebe

Frankreich 2017 (M. & Mme. Adelman) Regie: Nicolas Bedos, Doria Tillier, Nicolas Bedos, Denis Podalydès 120 Min. FSK ab 12

Die Herren Roth, Auster und Houellebecq müssen jetzt ganz stark sein: Es kommt die Ära der Autorinnen. Zumindest im Kino. „Die Poesie der Liebe" ist die erste von gleich drei Geschichten, in denen sich die Frau als wahre Autorin erweist. In „Colette" spielt Keira Knightley die gleichnamige (reale) französische Schriftstellerin. Auch ab dem 3. Januar wird Glenn Close „Die Frau des Nobelpreisträgers" sein.

In „Die Poesie der Liebe" spielt die Ko-Autorin (und Partnerin des Regisseurs Nicolas Bedos) Doria Tillier, Sarah Adelman. Die Frau des Prix Goncourt-Gewinners Victor Adelman (Nicolas Bedos). Nach dessen Beerdigung mit Staatsakt, bekommt ein Journalist ein Interview mit der Witwe. Und die Erzählerin betont direkt, dass dies eine Geschichte sein soll, die sich gut verkauft!

Mit viel Humor erzählt Sarah vom ersten Treffen und der ersten Nacht, die Victor komplett verschläft, während sie seinen Text korrigiert. Ungewünscht. Es läuft überhaupt nicht zwischen ihnen, während sie ihm hinterher läuft. Sarah bedrängt ihn, indem sie die Freundin eines Freundes und sogar seines Bruders wird. Dies ist keine übliche Romanze. Sie ist ironisch, oft auch zynisch, witzig und interessant, weil die beiden Sichtweisen auf das Geschehen so unterschiedlich sind. Er wird immer alles seinem Psychiater beichten, bis der stirbt, um endlich Ruhe zu haben.

Durch die Jahrzehnte französischer Geschichte folgen komische und dramatische Episoden einer 45-jährigen Beziehung. Die vermeintliche Hauptfigur Victor ist ein eingebildeter Jungautor, ein literarischer Spinner, ein Möchtegern-Jude, ein Ekel, ein Liebender. Die Kapitel zeigen seine Erfolge, seine Frustrationen, die Eifersucht, die Frauenverachtung und schließlich seine Demenz mit einem Schlussakkord ganz großer Liebe. Das Leben von Monsieur und Madame Adelman - so der bessere Originaltitel - bietet eine exzellent gespielte und ausgestattete Mischung von Gefühls- und Erzähltönen. Mit dem besonderen Reiz der weiblichen Perspektive, die der offiziellen Geschichte einiges hinzufügen kann.

Bumblebee

USA 2018 Regie: Travis Knight, mit Hailee Steinfeld, John Cena, Megyn Price 114 Min.

Ja, auch Spielzeug-Figürchen haben eine Vorgeschichte! Eigentlich nicht erstaunlich in einer Zeit, die aus einem Stück billigem Plastik eine „Saga" macht, erzählt „Bumblebee" extrem einfallslos noch eine „Transformers"-Geschichte. Aber immerhin eine Geschichte ...

Im Jahr 1987 geht es weiter wie gehabt in bislang fünf „Transformers"-Filmen: Die riesigen Maschinen-Wesen Autobots kämpfen mit ihren bösen Artgenossen Decepticons auf einem fernen Planeten und verstecken sich nach der Niederlage auf der Erde. Getarnt als Autos! Bumblebee ist jetzt der erste Flüchtling, der in der Gestalt eines alten, gelben VW Käfers auf einem kalifornischen Schrottplatz von der 18-jährigen Charlie (Hailee Steinfeld) entdeckt wird.

Und hier beginnt ganz überraschend tatsächlich eine menschliche Geschichte! Denn den Anfang von „Bumblebee", das Finale und zu viel zwischendurch muss man sich die Handlung wie von einem Fünfjährigen ausgedacht vorstellen, der mit seinen Plastikfiguren Krieg spielt. Wenn dieses Kind nun Jahrzehnte ohne weitere Entwicklung aufwächst und zig Millionen für seine Spiele bekommt, dann heißt das „Transformers". Ein tolles Vergnügen für die anderen Kinder im Kino.

Wobei die Geschichte des rebellischen Teenagers Charlie eher an Spielbergs Jugendgeschichten erinnert, viel mehr von „E.T." hat, als das übliche Kriegsspiel. Das eigenwillige Mädchen Charlie vermisst immer noch ihren verstorbenen Vater. Zum Geburtstag bekommt es völlig unverstanden einen peinlichen Moped-Helm und vom dämlichen Stiefvater einen Ratgeber, mehr zu lächeln. Mit Hilfe des alten Schrottautos, das sich bald als Bumblebee zu erkennen gibt, gewinnt Charlie Selbstbewusstsein und vor allem Durchsetzungsvermögen. Obwohl das Stimmen-Modul des Roboters defekt ist, verstehen sich die beiden jungen Wesen mit gleichen Verlustgeschichten. Bumblebee redet dabei mit Hilfe von Sprachfetzen und Songs aus dem Autoradio.

Selbstverständlich macht das aus dem sechsten „Transformer" noch keine niedliche „Herbie"-Geschichte. Hier wird sehr brutal gekämpft und abgeschlachtet. Dass kein Blut sondern Motorenöl fließt, macht die Sache nicht besser. Angeführt vom Militär Burns (John Cena) gilt auch bei Außerirdische das us-amerikanische Grundgesetz: „Erst mal schießen!"

Aber der bisherige „Transformers"-Regisseur Michael Bay („Bad Boys", „Armageddon", „Pearl Harbor") hält sich als Produzent zeitweise zurück und lässt den jüngeren Travis Knight machen, der bei Filmen wie „Die Boxtrolls" und „Coraline" etwas über Fantasie und echte Menschen gelernt hat. So gilt bei der exzellenten Musikauswahl Charlies der erste Song, „Big mouth strikes again" von „The Smiths", nicht ganz: Das filmische Großmaul Michael Bay lässt auch andere Töne zu.

17.12.18

Westwood

Großbritannien 2018 (Westwood: Punk, Icon, Activist) Regie: Lorna Tucker 84 Min. FSK ab 0

Noch eine Starke-Frauen-Doku! Nach der Richterin Ginsberg als „Notorious RBG" macht nun die legendäre Designerin Vivian Westwood noch mehr Eindruck. Auch wenn ihre Welt der Mode nicht so wichtig ist, wie der Kampf um Gleichberechtigung - denkt der unmodische Kritiker.

„Sie fragen besser nichts, lassen Sie mich einfach reden. Ich bin völlig gelangweilt von dem alten Kram, aber wenn sie es unbedingt brauchen..." So beginnt Vivian Westwood den Dokumentarfilm über ihr Leben. Sie wirkt mit 77 Jahren immer noch jung und dynamisch, ist weiterhin auf dem Fahrrad in London unterwegs, auch wenn ihre Fashion-Stores rund um die Welt eröffnet werden. Sie flucht und meckert, macht ihre Mitarbeiter runter, während der viel jüngere Ehemann schweigt. Doch wenn der Stress der neuen Kollektion vorbei ist, zeigt sie mehr Punk als Alters-Starrsinn.

Vivienne Westwood hat schon früh selbst nachgedacht und zog aus einfachen Familienverhältnissen im Alter von 17 Jahren nach London, mitten hinein in die Swinging Sixties der 60er Jahre. Ihr Leben änderte sich abrupt, als sie den Sex Pistols-Manager und Impresario Malcolm McLaren traf und ihr gemeinsamer Shop an der Kings Road die Popkultur revolutionierte. Ihr T-Shirt für Johnny Rotten liegt mittlerweile im Victoria and Albert Museum. Westwood gilt als Grande Dame des Punks.

Dies war jedoch nur die erste Karriere einer Frau, die schon als Enfant Terrible der britischen Modewelt mit Preisen überhäuft wurde. Die Dokumentation verfolgt das, was als „Karriere" eigentlich viel zu holperig verlief, ist bei aktuellen Kollektionen und Konzern-Entscheidungen ganz dicht dabei und lässt vor allem die Westwood erzählen.

Es macht Spaß, ihr zuzuhören bei dieser super spannenden Zeitgeschichte. Selbstkritisch reflektiert wird von der momentan engagierten Greenpeace-Kämpferin die gesellschaftliche Funktion ihrer ganz wilden Zeit: „Wir haben das Establishment nicht angegriffen, wir waren Teil der Unterhaltung, wir wurden vermarktet." Die gleichen Gedanken erfährt ihre Mode nicht, aber die spricht auch für sich selbst. Denn die adelige Dame Viviane trägt immer noch tolle eigene Entwürfe. Regisseurin Lorna Tucker überzeugt mit persönlichen und netten Geschichten ihrer Heldin und begeisterter Personen auf dem Umfeld.

Der Film startet am 20. Dezember im Kino. Ab dem 15. Januar 2019 wird er als digitaler Download und ab dem 31. Januar 2019 als DVD & Video-on-Demand erhältlich sein.

Die Schneiderin der Träume

Indien, Frankreich 2018 (Sir) Regie: Rohena Gera, mit Tillotama Shome, Vivek Gomber, Geetanjali Kulkarni 99 Min. FSK ab 0

Mit stiller Schönheit, die niemals prahlt, begeistern sowohl „Die Schneiderin der Träume" als auch die damit gemeinte junge Witwe Ratna in Mumbai. Ein angenehm leiser und bewegender Film über Träume, die (Standes-) Grenzen überwinden.

Eine Vegetarierin hat als Hausmädchen und Köchin in Mumbai eigentlich einen schweren Stand. Doch sehr harmonisch und ohne große Aufregung geht es im Haushalt des junge Dienstmädchens Ratna und ihres Chefs Ashwin her. Selbst als dessen Hochzeit in letzter Minute abgesagt wird. Leise erzählt Ratna dem Frustrierten ihre eigene Geschichte. Wie sie in ihrem Dorf „günstig" ohne Aussteuer an einen Mann verheiratet wurde, der sich aber als „Mogelpackung" erwies, weil er schon todkrank war. Als Witwe in einem indischen Dorf sei das Leben eigentlich vorbei, doch Ratna ist zufrieden mit dem Job in der freieren Stadt. Sie finanziert damit auch noch das Studium ihrer Schwester. Das Studium, von dem sie selbst träumte.

Nun bekommt sie aber problemlos zwei Stunden pro Tag frei, um beim Schneider zu lernen. Auch Ashwin musste wegen der Familie auf einen Traum verzichten. Er war schon Journalist in den USA, doch als sein Bruder starb, sprang er als Nachfolger für die Baufirma des Vaters ein.

Die Hauptdarstellerin Tillotama Shome macht es leicht, mitzufiebern und -zufühlen. Neben der irritierenden Selbstverständlichkeit, dass hier menschliche Arbeit noch so billig ist, dass sich der Unternehmers-Sohn eine Hausangestellte leisten kann, machen den Film spannende (Ein-) Sichten der gigantischen Metropole Mumbai interessant.

Der Liebesfilm „Die Schneiderin der Träume" hat keine besonders raffinierte Erzählung und eher unauffällige Inszenierungs-Ideen. Er funktioniert vor allem durch Sorgfalt: Ohne viele Erklärungen verstehen wir, wie es Ratna und Ashwin geht. Beide sind stille Charaktere und dass der Film sich Zeit lässt, entspricht ihnen auf sehr reizvolle Weise. So überschreiten sie nur zögerlich Standes-Grenzen, die für diese Arbeitsverhältnisse gelten. Dabei fühlen sie sich in der jeweiligen Rolle sehr unwohl, würden gerne einfach von Mensch zu Mensch miteinander reden. Diese schöne Annäherung ist wichtiger als das übliche, hier klein gehaltene Drama um unmenschliche Klassen-Unterschiede.

Aquaman

USA 2018 Regie: James Wan, mit Jason Momoa, Amber Heard, Willem Dafoe, Patrick Wilson 144 Min. FSK ab 12

Eine fantastische Welt unter Wasser mit ganz anderen Wesen. Faszinierend in ihrer Andersartigkeit, schillernd in den Farben, irre in den Figuren. Und alle interessiert mal was ganz anderes: Nämlich sich die ganze Zeit so prügeln. „Aquaman" ist wieder einer dieser gewaltigen Produktions-Aufwände für Comic-Verfilmungen mit lächerlich hohlem Ergebnis.

Am Anfang macht dieser x-te Superheld noch etwas Hoffnung: Das Kind eines Fischers und einer Königin von Atlantis (peinlich geglättet: Nicole Kidman) entwickelt sich prächtig daneben als Säufer und Party-König. Zwischendurch rettet Arthur Curry (Jason Momoa) ein U-Boot vor dem Piraten Black Manta (Yahya Abdul-Mateen II), der für viele weitere Folgen zum Todfeind wird. Doch irgendwann holt der kämpferische Rot-Schopf Mera (Amber Heard) den Aquaman zurück in sein Königreich. Dort versucht nämlich Halbbruder Orm (Patrick Wilson), der atlantische König, einen großen Krieg gegen die Menschen anzuzetteln. Mal wieder Zeit, die Welt zu retten.

Wie die Völker von Atlantis den Müll und die Kriegsschiffe der Menschheit zurück an Land spülen, hat großen Öko-Stil. Ansonsten zeigt große Inhaltsleere, dass „Aquaman" vor allem wieder so ein Vehikel der Konzern-Strategie von DC-Comics ist: Nach dem Kurzauftritt in „Justice League" bekommt er ein bis drei eigene Filmchen, um dann wieder in der nächsten Massen-Prügelei teilzunehmen, die von den Konzern-Menschen als filmischer Meilenstein verkauft wird.

Die ganzen Kloppereien, die gefühlt achtzig Prozent der Handlung einnehmen, erinnern an den Klamauk von Bud Spencer und Terence Hill. Ziemlich banal für noch einen dieser Filme, die furchtbar laut mit Welten überwältigen wollen, die man noch nie so gesehen hat. Ziemlich eindrucksvoll, aber nie spürt man diese Welt, nie erlebt man sie wirklich. Zwischendurch etwas Schnitzeljagd im Stile von James Bond. Die Soldaten von Atlantis sehen aus wie Storm Troopers, und wenn man denkt, das Elend hat bald ein Ende, kommt noch so eine dieser finalen Schlachten („Herr der Ringe", „Harry Potter" ...). Raumschiffe und Seemonster wirbeln wild durcheinander. Dass sich hier statt Orks Haifische balgen, macht den ganzen Blödsinn nur noch abstruser. Kindisch wirkt auch, dass es zwischen Arthur und Mera keine Chemie, sondern nur müde Scherze gibt. Und jederzeit weiß man, dass den Helden nichts passieren wird, denn es muss ja noch viele Fortsetzungen für die Kinokasse geben.

Trouble (2017)

USA 2017 Regie: Theresa Rebeck, mit Anjelica Huston, Bill Pullman, David Morse 100 Min.

Huston, wir haben ein Problem! Ein ganz großes! Eigentlich tolle Schauspieler aus ehrenwerten Familien blamieren sich in einer grausamen Komödie, die alle Chancen auf viele Negativ-Preise hat. Mit Pyjama und Cowboyhut stürmt Anjelica Huston („Addams Family", „Die Ehre der Prizzis", „Hexen, Hexen") in die Szene. Sie spielt Maggie Kramer, die alleine auf ihrer großen Farm mitten in den Bergen von Vermont lebt. Doch ihr Bruder Ben (Bill Pullman), der einst sein Erbe ausgezahlt bekam, meint mit der Sturheit eines Vollidioten, er hätte noch Anrecht auf das wertvolle Land. Schüsse fallen und treffen ebenso daneben wie die kläglichen Scherze oder das unendlich elende Drama.

Maggie und Ben streiten wie kleine Kinder und gehen dem Publikum dementsprechend auf die Nerven. Die Handlung ist ein konfuses Hin und Her, ohne dass man die Figuren überhaupt kennenlernt. Bill Pullman kann gut wahnsinnig in die Gegend blicken, das weiß man seit besseren Tagen in Lynchs „Lost Highway". Julia Stiles („Die Bourne Identität", „O") gibt dem Dummchen vom Amt kein Format . Das Schlimmste aber bleibt Anjelica Houston mit komischer Stimme in peinlicher Rolle.

12.12.18

Die Erscheinung

Frankreich, Belgien, Jordanien 2018 (L'apparition) Regie: Xavier Giannoli, mit Vincent Lindon, Galautéa Bellugi, Patrick d'Assumçao 144 Min.

Ein besonderes fertig aussehender Vincent Lindon spielt den Journalisten Jacques Mayano, der mit dem Sarg seines Kollegen aus dem Irak zurückkehrt. Schwer traumatisiert und mit einem Hörschaden belastet, versteckt er sich hinter verklebten Fenstern, bis ihn ein wundersamer Auftrag in eine andere Welt bringt: In Rom trifft er einen skeptischen Monseignore des Vatikan - Beauftragter für Wunder, die nicht von diesem Verein allein vermarktet werden. Mit ungläubigem Blick hört Mayano von einer Marien-Erscheinung im Süden Frankreichs. Nun soll er mit einem Team die Sache durchleuchten. Ein Exorzist ist auch schon auf dem Weg. In einem Dorf, das gut vom Pilger-Geschäft lebt, dreht sich alles um das zurückhaltende Mädchen Anna inmitten von Menschen im religiösen Wahn.

Der eher seltsame als wundersame Film von Xavier Giannoli („Madame Maguerite", „Chanson d'Amour") nähert sich sehr langsam und ohne große Zweifel diesem doppelten Aberglauben an. Journalistischen Ehrgeiz legt der verstörte Mayano nicht an den Tag. Man wartet geduldig auf ein Geheimnis, es gibt auch einen Mord und anders Ungeklärtes. Letztlich bleibt nur die Erklärung, dass dies alles den Protagonisten verändert hat. Wie der Vatikan mit dem heilig ausgeflippten Dorf verfährt, wird zweitrangig. Positiv erwähnenswert wäre, dass sich der Film den Menschen jenseits des Wunderglaubens zuwendet, also vor allem an der Person Annas interessiert ist. Die Hauptdarstellerin Galautéa Bellugi hat eine dieser besonders intensiven Leinwand-Präsenzen. Vincent Lindon grummelt sich durch die seltsame Welt des einträglichen Aberglaubens.

RBG - Ein Leben für die Gerechtigkeit

USA 2018 (RBG) Regie: Betsy West, Julie Cohen 98 Min. FSK ab 0

Notorious RBG - eine zierliche, introvertierte Richterin über 80, deren Spitzname so klingt, wie der eines Rappers. Der Dokumentarfilm über die im hohen Alter enorm populär gewordene Supreme Court-Richterin Ruth Bader Ginsburg beginnt mit Beschimpfungen wie „Hexe", „Zombie" oder „kein Respekt vor der Verfassung". Dabei wird sie als Superheldin gezeichnet, bekommt freundliche Persiflagen in „Saturday Night Live" und findet ihr Gesicht auf T-Shirts wieder.

Ginsburg, die 1983 erst als zweite Frau in den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten berufen wurde, ist das Kind eines jüdischen Flüchtlings. Früh dachte sie selbständig, wurde politisch bewusst in der Zeit von McCarthys und Nixons Hexenjagd gegen Linke. Die vorherrschende Meinung in den Zeiten ihrer ersten Fälle als Anwältin war: „Nette Frauen widersprechen nicht, nette Frauen stellen keine Forderungen." Ginsberg verfolgte ihre Karriere mit einer Strategie ausgesuchter Fällen, das Unrecht gegenüber Frauen bewusst zu machen und aus den Gesetzen herauszuholen. Mit 85 Jahren hat sie immer noch den Schalk im Gesicht bei ihren klugen Vorträgen, verweigerte es, ihren Richtersitz abzugeben und ist weiterhin Vorkämpferin für Gleichberechtigung und Frauenrechte. Nun studiert ihre Enkelin auch Jura. Erstmals sind an ihrer Universität gleich viele Männer und Frauen in einem Jahrgang.

Die Biografie zu „RBG" ist teilweise witzig montiert, wenn die alte Dame mit ihrer großen Disziplin auch bei Gymnastik-Übungen gezeigt wird. Flott und unterhaltsam wird hier Werbung für Verfassungstreue und Gleichberechtigung gemacht: Man kann auch cool sein, wenn man klug engagiert ist. Es gibt „hippe" Sequenzen, dazwischen die konventionellen „Talking Heads", die Interviews mit alten Freundinnen und anderen Zeitzeugen wie Bill Clinton. Auch wenn „RBG" eine gute Geschichts-Lektion ist, der spannende Verlauf ihrer Kämpfe vor Gericht geht nicht in die Tiefe. Dafür menschelt es recht nett in dieser Biografie einer enorm eindrucksvollen Frau, die nie viel von Smalltalk hielt und immer direkt zum Kern der Sache kam. Heute bleibt sie eine Stimme der Gerechtigkeit und der Vernunft in einem Supreme Court, der vermehrt von Partei-Interessen bestimmt wird.

Ruth Bader Ginsburgs Privatleben ist bestimmt von einer Hymne für ihren Ehemann Marty, der sich ihrer Karriere nicht in den Weg stellte, was damals ungewöhnlich war. Viele teilweise unglaublich erscheinende Geschichten beschreiben die Ausnahmeposition dieser Juristin und einer Frau auf diesem Weg. Die sehenswerte Dokumentation ist von Betsy West und Julie Cohen mit enormer Begeisterung und positiv inszeniert.

9.12.18

Gegen den Strom (2018)

Island, Frankreich, Ukraine 2018 (Kona fer í stríð / Woman at war) Regie: Benedikt Erlingsson, mit Halldóra Geirharðsdóttir, Jóhann Sigurðarson, Juan Camillo Roman Estrada, Jörundur Ragnarsson 101 Min. FSK ab 6

Gerade hat Halla wie Robin Hood mit Pfeil und Bogen die Hochspannungsleitung zum Aluminiumwerk kurzgeschlossen und flieht über die karg schöne Berglandschaft Islands. Da rennt sie an der dreiköpfigen Band vorbei, welche die Szene auf der Wiese mit witzig klingender Tuba musikalisch begleitet. „Gegen den Strom" ist auf ganz eigene Weise spannend, bewegend und komisch gleichzeitig. Es ist ja auch der neue Film des isländischen Regisseurs Benedikt Erlingsson nach dem skurrilen Spaß „Von Menschen und Pferden".

Schon fünf Mal hat Halla (Halldóra Geirharðsdóttir) die Stromversorgung lahmgelegt. Diesmal hilft ihr ein alter Schäfer, sich vor den Hubschraubern der Polizei zu verstecken. Aufrecht, ehrenwert, und engagiert ist ihr Plädoyer. Etwas hilft vielleicht, dass der Schäfer nach einigem Nachdenken ein entfernter Cousin sein könnte. Nach dieser mutigen Aktion schlüpft Halla wieder in ihre Rolle als beliebte und geschätzte Chorleiterin. Ihr Komplize arbeitet bei der Regierung, warnt sie vor Satellitenüberwachung und Infrarot-Kameras, vor Agenten aus den USA. Doch das würde die „Frau vom Berg" nicht bremsen. Schon eher die Nachricht, dass ihr Adoptions-Antrag nach vier Jahren angenommen wurde. Halla darf ein vom Krieg verstörtes Waisenkind aus der Ukraine holen.

Was nach einer üblichen Dosis Sentiment klingt, wird von Regisseur Benedikt Erlingsson in diesem sagenhaft tollen Film erstaunlich kunst- und humorvoll als ein großes zusammenhängendes Ganzes erzählt: TV-Nachrichten im Hintergrund von Unwettern, Überschwemmungen und Hunger-Katastrophen machen ohne lange Erklärungen klar, wieso Halla gegen die energie-fressende Aluminium-Industrie kämpft. Die großen Poster von Nelson Mandela und Ghandi stehen für ihren Weg des Widerstands. Wie jedoch die Propaganda-Maschinerie von Industrie, Regierung und Geheimdiensten der Bevölkerung daraus ein Märchen von Terror und Extremismus verkauft, zeigt der Film wortwörtlich beiläufig: Während Halla, selbstverständlich mit dem Fahrrad, durch die Straßen Reykjaviks geht, vorbei an den Fenstern der Menschen und Medien. Das ist nicht nur ungemein witzig, das ist auch mit sehr, sehr raffinierter Kameraarbeit (Bergsteinn Björgúlfsson) genial inszeniert!

Der Humor ist nordisch trocken und bei allem gilt der Kommentar des hilfreichen Schäfers, der seinen Hund „Frau" ruft: „Wir reden hier nicht viel darüber." Stattdessen spricht immer wieder die Musik, die wie selbstverständlich in den Szenen anwesend ist. Diesen Spaß begreift man schnell und wartet bei der Kreisbewegung um Halla im Park auf den ukrainischen Frauenchor. Die Öko-Kriegerin gibt selbst den wütenden Einsatz vor ihrem nächsten Sabotageakt. Dass dabei immer wieder ein harmloser spanisch-sprechender Weltreisender auf dem Fahrrad verhaftet wird, gehört zu den besten Running Gags der jüngeren Filmgeschichte.

Halldóra Geirharðsdóttir spielt ergreifend gut Halla und ihre esoterische Zwillingsschwester Ása. Die Yoga-Lehrerin ist Ratgeberin, verkörpert aber mit ihrem Weg nach Innen eine Alternative zum aktiven Widerstand. Wie hier der Ring der mächtigen Politiker die Versammlung der alten Wikinger und auch Tolkiens Ring-Geister überlagert, macht die Ideen-Dichte des anscheinend so leichten Films klar. Eine tradierte Achtsamkeit gegenüber der Natur, Hallas ganz innige Berührungen der Mose und Flechten, werden vorgeführt in ihrem Manifest gegen die umweltschädlichen Industrien. Das ist witzig, spannend und macht Mut, für wichtige Sachen zu kämpfen.

Mortal Engines: Krieg der Städte

Neuseeland, USA 2018 (Mortal Engines) Regie: Christian Rivers, mit Hugo Weaving, Hera Hilmar, Robert Sheehan, Jihae, Ronan Raftery, Leila George, Patrick Malahide, Stephen Lang 128 Min.

Der Auftakt ist gigantisch fantastisch: Ein riesiges Schlachtschiff mit einer ganze Stadt auf seinem Deck fährt auf Panzerketten über verwüstete Steppen, jagt kleine Städte, die mit ihren Dampfmaschinen der gefräßigen Schrottpresse zu entkommen suchen. Wie ein britischer Seefahrt-Admiral steht Hugo Weaving als Kapitän Thaddeus Valentine auf der Brücke. Die Rebellin Hester Shaw (Hera Hilmar) versteckt sich noch hinter ihrem roten Schal in der langsam auseinanderfallenden Beute.

Das ist gewaltiger Cyberpunk, eine Art von „Mad Max" für die Jugend, Zukunft vermischt mit Retro-Touch. Die vierteilige Jugend-Romanserie von Philip Reeve „Mortal Engines" spielt hunderte Jahre nach einem vernichtenden Krieg. Kriegstreiber und mörderische Eroberer fahren über die Ödnis auf der Suche nach noch mehr Ressourcen. Passend zur Kolonialgeschichte Großbritanniens ist London hier der große, böse Todesstern auf Panzer-Fahrgestell. Oben auf dem Monstrum thront die St. Paul's Cathedral, das Riesenrad „London Eye" wurde als neues Beförderungssystem recycelt.

Wenn man alles Wissen über die Gesetze der Physik an der Kinokasse abgegeben hat, macht „Mortal Engines" mächtig Eindruck. In den besten Momenten fantastisch wie „Das wandelnde Schloss" von Hayao Miyazaki. Ansonsten mit der digitalen Material-Menge erschlagend. Denn Regisseur ist der oscar-prämierte Spezialeffekte-Künstler Christian Rivers, der für Ko-Produzent und -Autor Peter Jackson bei „King Kong" und „Herr der Ringe" im Einsatz war. Wie das Kinder-Spiel mit Matchbox-Autos, wie das in die Luft jagen von Play Mobil-Figuren mit Lady Krachern oder das Plattmachen von Puppenstuben hat dieser Film spürbar Lust an der ganz großen Zerstörung.

Bevor die Handlung mit den (arche-) typischen Vater- und Rebellen-Figuren im Stil von „Star Wars" und Co. so richtig langweilt, hat man dabei auch Spaß: Der junge, unscheinbare Tom Natsworthy (Robert Sheehan) ist Archivar wie Thaddeus Valentine (Hugo Weaving), wird sich aber bald gegen sein Idol stellen. Zu den Artefakten seines Museum gehören tatsächlich Minion-Figuren und selbstverständlich auch ein iPhone. Gesucht sind aber vor allem Steuerteile eines gefährlichen Reaktors. Alles dreht sich um knappe Energie-Ressourcen, für die sich fahrende Riesenstädte kannibalisieren. Alte Erfindungen wie Sonnen- oder Windenergie geraten in den nächsten 100 Jahren wohl in Vergessenheit. Trotzdem gibt es immer wieder viel zu staunen in diesen wirklich noch mal fantastischen Welten. Bis zum viel zu langen Finale, das wie ein geerdeter Star Wars-Kampf um den Todesstern daher kommt.

Zum Glück sagt hier ein wieder dämonischer Hugo „Mr. Smith" Weaving ziemlich schnell „Ich bin dein Vater" zur Gegnerin Hester. (Seinen Hit „Matrix" muss er auch erwähnen.) Die isländische Hauptdarstellerin Hera Hilmar („Der Eid") macht ihre Figur, die auch noch einen Zombie-Roboter als Stiefvater hat, interessant. Der gefühlvollste Moment ist tatsächlich das Wiedersehen mit dem Maschinen-Monster, das Rebellin Hester großgezogen hat. Was symptomatisch ist für einen tricktechnisch-aufwändigen Film, dem erzählerisch Herz und Seele fehlen.

6.12.18

Spider-Man: A New Universe

USA 2018 (Spider-Man: Into the Spider-Verse) Regie: Bob Persichetti, Peter Ramsey, Rodney Rothman 117 Min. FSK ab 6

Dieser Spider-Man ist anders. Nicht die nächste kurzatmige Neuauflage mit großem Etat und großen Stars. In vielen Dimensionen berauscht „Spider-Man: A New Universe" als ein großartiger Zeichentrick für kleine und große Fans.

Schon die Galionsfigur der Columbia-Produktion im Vorspann zittert und verwischt wie bei TV-Bildstörungen. Dabei ist doch eigentlich alles einfach: Peter Parker wird von einer Spinne gebissen, bekommt Superkräfte, rettet die Stadt, verliebt sich und verliert einen geliebten Menschen. So erzählt es auch dieser gezeichnete Peter Parker. Während wir den typischen Teenager Miles Morales kennenlernen. Sein Vater versteht ihn nicht, die neue Schule ist doof, nur der Onkel Aaron teilt die Leidenschaft für Graffiti und Street Art. Beim Sprayen eines grandiosen Wandgemäldes im Untergrund geht es wieder los: Die Spinne beißt Miles und die Geschichte wird so richtig zum Comic. Sprechblasen und Split-Screens tauchen auf.

Doch vieles ist anders: Die Werbung in New York preist „Koka Soda" an, der neue Spider-Man Miles ist schwarz und vorerst bleiben nur die Street Art-Sticker bei ihm kleben. Da der große Schurke Kingpin mit einer gewaltigen Maschine seine Familie aus einem Parallel-Universum zurückholen will, tauchen aus verschiedenen Dimensionen noch andere Spider-Leute auf. Spaßig, was da alles aus dem bunten Chaos kommt: Ein ganz dunkler Spider-Man aus einem (Film-) Noir-Comic. Das Spider-Schweinchen Porky Parker, das schon mal den Spruch „That's all Folks" von seinem Warner-Kollegen Porky Pig klaut. Neben dem extrem coolen Spider-Girl Gwen, die einen eigenen Film verdient, hilft auch die japanische Variante aus: Peni Parker hat sich mit ihrer Spinne angefreundet, die jetzt in ihrem riesigen Roboter-Kumpel lebt.

Ein zweiter Peter Parker ist nach Scheidung und wenig diszipliniertem Leben ziemlich runtergekommen. Jeder macht Witze über sein Bäuchlein und die Jogginghose. Ausgerechnet er, der keine Kinder haben wollte, wird zum älteren Buddy für Miles. Bringt ihm das Fliegen am Spinnenfaden bei und auch die üblichen Superhelden-Sprüche.

Actionreich spielt dieser andere „Spider-Man" mit Dimensionen und Stilen, stellt Brooklyn auf den Kopf, veralbert im Zitat die vorherigen Verwertungen. Dabei ist vor allem die Action zeichnerisch sensationell. Dieses neue Universum ist ein junger Film, der seinen jungen Zuschauer etwas zutraut und traditionelle Zuschauer überfordern könnte. Für alte Fans gibt es nicht nur das übliche Stan Lee-Cameo, sondern viele, viele nette Hinweise. Auf einer Anrufliste versteckt sich beispielsweise der erste Spiderman-Zeichner Steve Ditko, die futuristische Kleiderkammer von Peters Tante May zeigt legendäres Latex. Die ganz große Musik ist besonders bei den Szenen mit dem düsteren Onkel Aaron spannend. Dazu gibt es eine gute Portion Küchen-Psychologie und die rührende Annäherung zwischen zu strengem Vater und Teenie-Sohn. Die Regisseure Bob Persichetti, Peter Ramsey und Rodney Rothman schufen zusammen mit Drehbuch-Autor Phil Lord („The Lego Movie", „21 Jump Street") ein sehenswertes Parallel-Universum jenseits der üblichen Marvel-Langeweile.

5.12.18

Netflix-Film "Roma" im Kino

Revolution in der Filmwelt

Der Venedig-Sieger „Roma" vom hervorragenden Regisseur Alfonso Cuarón startet heute in den deutschen Kinos (Aachen: Apollo). Eigentlich selbstverständlich für einen ausgezeichneten Film. Doch dass die Netflix-Produktion vor dem Streaming-Start am 14.12. überhaupt das Licht des Kinos sieht, ist für die Filmwelt eine sensationelle Rolle rückwärts und hat viel mit den Oscars zu tun.

Klärung tut Not, denn „Roma" liegt hier nicht in Italien, sondern ist ein Viertel in Mexiko-Stadt. Und es ist auch kein Film, sondern ein Netflix-Film. Der Marktführer für das Film-Streaming, der mit seinem neuen Konzept das Sehverhalten revolutioniert und von der Straße nach Hause geholt hat, zeigt seine Schätzchen üblicherweise nicht im Kino. Weshalb er als Totengräber der Filmtheater dämonisiert wird.

„Roma" ist das bisher persönlichste Projekt des Oscar-prämierten Regisseurs und Drehbuchautors Alfonso Cuarón („Gravity", „Children of Men", „Harry Potter und der Gefangene von Askaban", „Y Tu Mama Tambien"). Der Film handelt von Cleo, einer jungen Hausangestellten, die für eine Familie im mittelständischen Viertel Roma arbeitet. Basierend auf seiner eigenen Kindheit erschafft Cuarón ein emotionales Werk über häuslichen Streit und soziale Hierarchien inmitten der politischen Unruhen der 1970er Jahre und kreiert damit einen kunstvollen Liebesbrief an die Frauen, die ihn großgezogen haben. Im September gewann „Roma" unter großem Beifall den Goldenen Löwen von Venedig.

Aber „Roma" ist nicht nur sehr sehenswert, er stellt auch eine Kehrtwende der Film- sehens dar. Ein Revolution der Revolution, quasi eine Rolle rückwärts. Denn bislang waren Netflix und Kino trotz enormer Begeisterung der Filmemacher für größere Freiheiten beim neuen Produzenten wie Feuer und Wasser. Bei den großen Festivals hatte Cannes ein paar Netflix-Filme im Programm, beschränkte aber im Frühjahr den Wettbewerb auf Beiträge, die auch in französischen Kinos zu sehen sein werden. Quasi eine Anti-Netflix-Regel. Venedig zeigte sich offener.

Der Start von „Roma" weltweit in den Kinos soll nun die Chancen auf den ersten Oscar für eine Netflix-Produktion erhöhen. In USA werden auch die nette Western-Kurzfilmsammlung „The Ballad of Buster Scruggs" von Joel und Ethan Coen sowie Susanne Biers „Bird Box" mit Sandra Bullock einen begrenzten Kinostart haben. Cuarón selbst zeigte sich erfreut, weil man „Roma" bevorzugt im Kino sehen solle. Denn er sei - fast altmodisch - im 65mm-Format gefilmt und mit einem sehr komplexen Atmos-Sound abgemischt, dem aktuell besten Soundsystem in Kinos.

Amerikanische Kinoketten schließen Netflix weiterhin aus und wollen ein „Auswertungs-Fenster" von mehreren Wochen vor dem Netflix-Start eines Films haben. Auch 300 deutsche Kinos riefen zuerst zum Boykott auf, bestehen auf das hiesige Fenster von 90 Tagen. Die deutsche Verleihagentur von „Roma" äußert sich zur Kehrtwende nicht. All das erinnert entfernt an frühere Grabenkämpfe des Kinos mit TV-Koproduktionen. Jedoch warf man denen vor, bei Bild-Qualität und Erzählformat eingeschränkt zu sein. Bei Netflix trifft das nicht zu.

Für 2019 hat Netflix wieder viel Prominenz angekündigt: Martin Scorseses „The Irishman" mit Robert De Niro, Steven Soderberghs „The Laundromat" mit Gary Oldman, Meryl Streep und Antonio Banderas oder „The Last Thing He Wanted" mit Willem Dafoe, Ben Affleck und Anne Hathaway. Spannender als die meisten Filme wird dabei die Frage sein, wo wir in Zukunft gute Filme sehen.

4.12.18

Under the Silver Lake

USA 2018 Regie: David Robert Mitchell, mit Andrew Garfield, Riley Keough, Topher Grace 139 Min. FSK ab 16

Welche Geheimnisse verbergen sich unter der Sonne des eleganten alten Hollywoods? Jenseits von Genres und berechenbaren Wiederholungen überrascht dieses bestens gefilmte und wahnsinnige Bilderrätsel mit sensationell anderer Unterhaltung.

Wahrscheinlich weiß Sam (Ex-Spiderman Andrew Garfield) selbst nicht, in welchem Jahrzehnt er sich befindet: Das typische Hollywood-Apartment mit Pool hat sicher schon einige Legenden und Dramen erlebt. Der Stil dieser sonderbaren Welt voller spannender, verrückter Menschen und mysteriösen Party-Locations ist immer ausgewählt. Aber es ist ein modernes L.A. voller Retro-Fans und banaler Probleme wie die lang ausstehende Miete. Doch die nervigen Fragen, was er eigentlich arbeite ignoriert Sam. Lieber schaut er der älteren Oben Ohne-Nachbarin mit ihren Vögeln zu und der jungen blonden Sarah (Riley Keough) im Pool. Als die mit ihm einen TV-Abend verbringt, könnte Sam im Himmel Hollywoods sein. Es gab selbstverständlich einen Klassiker - „How to marry a millionaire". Doch am nächsten Tag ist die Wohnung der Nachbarin komplett leer geräumt und in den Nachrichten wird von ihrem Tod im ausgebrannten Wagen eines Millionärs berichtet.

Sam folgt tatsächlich wie ein typischer Detektiv einem weißen Kaninchen in Form eines VW Rabbit (so hieß der Golf in den USA, also: Kaninchen), um das Verschwinden Sarahs zu erforschen. Nebenbei lässt er die Schallplatten eines angesagten, teuflischen Sängers rückwärts laufen und entziffert Pop-Texte und Quizsendungen auf der Suche nach geheimen Botschaften, während das Streich-Orchester auf der Tonspur mysteriös klingt wie altes Hollywood-Drama.

Sie ist doppelt und dreifach geheimnisvoll und sieht vor allem extrem gut aus, die Welt von Sam, der aussieht wie der junge Anthony Perkins. Frauen umschwirren ihn, auch wenn er zwischendurch anhaltend müffelnd von einem Stinktier angesprüht wurde. Es gibt einen Underground-Comic um einen Dog Killer, geheime unterirdische Gänge, einen Open Air-Film am Grab von Alfred Hitchcock, Szenen an Drehorten von Hitchcock-Filmen und noch zig mehr Verweise.

Das entschlüsselt sich zwischen wirr und höchst interessant nicht schlüssig, ist aber von Newcomer David Robert Mitchell („It follows") auf jeden Fall mit einer klugen Leidenschaft für das alte Hollywood grandios inszeniert.

Widows

Widows

USA, Großbritannien 2018 Regie: Steve McQueen, mit Viola Davis, Elizabeth Debicki, Michelle Rodriguez, Cynthia Erivo, Carrie Coon, Liam Neeson, Colin Farrell, Robert Duvall 130 Min. FSK ab 16

Vier Frauen vollenden den Raubzug ihrer verunglückten Männer - das könnte „Oceans 8 1/2" sein, in dem Frauen für einen Männerfilm einspringen. Doch unter der Regie von Steve McQueen („Hunger", „Shame", „12 Years a Slave") gelang ein vielfältig spannender und außerordentlicher Film über Politiker, andere Gangster, Rassismus, Emanzipation und Liebe.

Sehr intensiv und reizvoll montiert, startet „Widows" ohne Vorgeplänkel: Die jeweils letzten Momente der Frauen mit ihren Männern und das katastrophale Ende von deren Raubzug. Das knallt derartig, dass keinerlei Hoffnung bleibt, irgendwer könnte das wundersamerweise überleben. Unglaublich auch dabei, dass Action-Superstar Liam Neeson als Banden-Boss Harry Rawlings nach wenigen Minuten abtritt. Ab jetzt haben die Frauen das Sagen, jedoch nicht so einfach, wie sich das schreibt: Veronica Rawlings (Viola Davis), die Frau von Harry, bekommt unangenehmst drohenden Besuch. Denn die Männer haben Gangster-Boss und Stadtrat-Kandidat Jamal Manning ausgeraubt, die Millionen sind mit den Räubern verbrannt. Der alles andere als zimperliche Manning will sein Geld zurück - von Veronica. Die kultivierte Frau kann nicht mit dieser seltsamen Verbrecherlogik umgehen, aber Harry hat sein Notizbuch mit detaillierten Anweisungen zu einigen weiteren möglichen Coups hinterlassen. So ruft Veronica die anderen drei Witwen zusammen, damit sie mit einer Gaunerei ihr aller Leben retten.

Wie die Frauen, die sich vorher nicht kannten und die aus ganz unterschiedlichen Milieus stammen, sich zusammenraufen, ist so anders als in den Steroid-Männerfilmen des Genres. „Widows" ist aber auch keiner der Filmchen, bei denen sich Frauen in Männerrollen ganz lustig - hahaha - dämlich anstellen. Die zurückhaltende, elegante Veronica, die polnische Immigrantin Alice (Elizabeth Debicki), die als Escort arbeiten muss, Linda (Michelle Rodriguez) aus Lateinamerika, deren Laden gepfändet wird und die Friseurin Belle (Cynthia Erivo) stehen mitten im echten Leben, funktionieren nicht nur als Rädchen für die Spannung. Die so sorgfältig unterfüttert jedoch umso mehr packt. Und wenn die Witwen nicht sowieso schon ungefragt Waffen und Fluchtfahrzeugen besorgen und bedienen können, wird die Sache noch spannender.

Der britische Ausnahmeregisseur Steve McQueen beleuchtet mit faszinierender handwerklicher Brillanz dabei erstaunlich viele Themen, ohne jemals thesenhaft zu argumentieren. Der Rassismus bricht aus Mulligans Vater, widerlich gespielt von Robert Duvall, hervor. Und dann wieder war die gemischte Ehe zwischen Veronica und Harry so selbstverständlich. Ja, „Widows" ist durch Veronicas Erinnerungen an gemeinsame Zeiten auch emotional. Der schmierig korrupte Politiker Jack Mulligan (Colin Farrell) lebt nicht in dem Viertel Chicagos, für das er kandidiert, er besitzt es, erbte es von seinem Vater. Mit zynischen Sprüchen („Nepotismus ist nicht illegal") macht er eine Karriere, die ihn eigentlich anwidert. Die blonde, langbeinige Alice könnte das zu schöne Dummchen sein, doch auch sie bekommt einen vollständigen Charakter und Entwicklung mit auf den Weg.

Das alles und mehr präsentiert Steve McQueen in durchgehend exzellenter Inszenierung, mit einer Kameraarbeit (Sean Bobbitt), die genauso packt wie die Handlung. Und einer deftigen Überraschung. Erinnern wird man sich noch lange an die unheimlich starke Frau Veronica und wie sie ihre schweren Verluste überwindet.

Astrid

Schweden, BRD, Dänemark 2018 (Unga Astrid) Regie: Pernille Fischer Christensen, mit Alba August, Maria Bonnevie, Trine Dyrholm, Henrik Rafaelsen 123 Min. FSK ab 6

Was für eine tolle, quicklebendige junge Frau, diese Astrid Ericsson (Alba August)! Sie lacht über die Protestanten-Predigt mit den vielen Drohungen. Ist zu klug, zu geistreich und gelangweilt von der Rolle eines braven Mädchens im ländlichen Schweden der Zwanziger Jahre. Die Eltern sind nicht von ihrer wilden Art begeistert, auch die Jungs am Tanzabend nicht. Dann tanzt sie halt allein! Während die Mutter das herzlose Regime der Kirche zuhause fortführt, besorgt ihr der verständnisvolle Vater einen Job bei der Zeitung des Dorfes. Genau das richtige, würde sich Astrid nicht in den Chef Blomberg (Henrik Rafaelsen) verlieben. Sie wird schwanger und die Kirche verhindert, dass Astrids eigene Familie das Kind aufnehmen könnte. Der Liebhaber muss die Ehefrau und das Gesetz fürchten, so zieht Astrid zu einer Sekretärinnen-Ausbildung nach Stockholm und bringt das Kind im fortschrittlicheren Dänemark zur Welt. Dort muss Lasse aber wegen Kirche und Gesetz auch bleiben, was Astrid kaum ertragen kann.

Nun nimmt herzzerreißende Entfremdung vom eigenen Kind einen großen Teil ein, Lasse wächst schnell, viel Zeit vergeht, Astrid besucht ihn und die Ersatz-Mutter Marie (Trine Dyrholm) gelegentlich. Dabei hört man Briefe von jungen Lesern, die das Gezeigte sehr deutlich mit vielen bekannten Geschichten und Figuren verbinden. Die Traurigkeit von „Mio, mein Mio" oder „Die Brüder Löwenherz" entstammt also dieser Lebensphase der Kinderbuch-Autorin.

„Astrid" erzählt einen Teil des Lebens von Astrid Lindgren, der Autorin von „Pippi Langstrumpf", „Ronja Räubertochter" und „Michel aus Lönneberga". Zu selten blitzt im weiteren Verlauf die kecke Pippi hervor, der Film reduziert Astrid auf die unglückliche Mutter. Nur eine, wenn auch sehr dramatisch dargestellte Phase aus dem auch ansonsten bewegten Leben der außerordentlichen Frau. Wäre es pure Fiktion, hätte man dem Drehbuchautor das Rührstück so nicht durchgehen lassen. Überhaupt hätte „Astrid" sicher etwas mehr Lindgren vertragen, auch die Kriegszeiten und die Tragik mit weiteren Todesfällen um sie herum, geben packende Geschichten her.

Die Konzentration auf die Hauptfigur belohnt der Film mit einer großen Entdeckung: Hauptdarstellerin Alba August (Netflix: „The Rain", Shooting Start der Berlinale 2018) lässt die Freude aufs Leben, auf neue Herausforderungen, die Sehnsucht nach dem eigenen Kind Lasse in Dänemark, die Enttäuschung durch den Liebhaber intensiv mitfühlen. Das mit den Gefühlen kann auch Regisseurin Pernille Fischer Christensen hervorragend: Ihr tief erschütterndes Meisterwerk „Eine Familie" (2010) über den selbst gewählten Tod eines Familienvaters blieb nachhaltig haften. Hier inszenierte sie allerdings eher brav und unauffällig - Pippi Langstrumpf und die junge Astrid hätten sich gelangweilt.

3.12.18

Unknown User 2: Dark Web

Unknown User 2: Dark Web

USA 2018 (Unfriended: Dark Web) Regie: Stephen Susco, mit Colin Woodell, Stephanie Nogueras, Betty Gabriel 93 Min. FSK ab 16

Ein Film, der nur aus einem - ziemlich vollen - Computerbildschirm besteht, das war das Alleinstellungsmerkmal von „Unknown User". Und allein das machte das schwache Horrorfilmchen interessant. Nun plöppt die Masche als Thriller erneut auf - anfänglich wirr bis interessant, später nur noch tödlich.

Der Test einer neuen Software, Ab- und Anmelden bei Facebook, bei Skype, ein Chat hier, eine Videokonferenz im nächsten Fenster. Das passiert alles auf dem Bildschirm von Matias während eines Online-Spieleabends mit Freunden, bei dem man sich gegenseitig mit raffinierten Geschichten reinlegt. Matias hat dabei die aufregendste Geschichte und sie ist wahr: Auf dem frisch geklau ... äh, gekauften Laptop laufen noch die Accounts des Vorbesitzers. Ein geheimer Ordner enthält Unmengen Videos von Überwachungskameras, einige Filme zeigen sadistische Morde. Und ein unbekanntes Programm verbindet mit dem Dark Net. Nebenbei - Multitasking ist hier sehr gefragt - will Matias seine Beziehung zu der taubstummen Amaya mit neuer Software und Rechenpower retten. Doch ausgerechnet in deren Zimmer taucht eine am Bildschirm unkenntlich gemachte Gestalt auf und entführt Amayas Mitbewohnerin.

Um das übervolle Vorgeplänkel abzukürzen: Matias hat das Laptop eines Mörders geklaut, der für Millionen Videos seiner besonders grausamen Verbrechen verkauft. Nun erpresst ihn der Vorbesitzer, aber auch die Kunden kommen wie dunkle Geister aus dem Dark Net über die Freunde, die - jeder an seinem Bildschirm - einen harmlosen Erzählabend verbringen wollten.

Da verwirren eine ganze Menge Themen auf dem Bildschirm, abgesehen von dem logischen Problem, dass der Täter und Super-Hacker doch auch eigentlich gleich zu Matias hätte kommen können. Und überhaupt stürzen Mac-Rechner so gut wie nie ab, nicht alle paar Minuten, wie in dieser Fiktion. Ein wenig warnt der Film wie Böhmermanns „Prism is a dancer" vor leichtfertigem Umgang mit seinen digitalen Spuren, dann wird das Dark Net mystisch mit Charon, Styx und einer ganz simplen Animation. Beim wilden Hin und Her-Schneiden, bleiben schauspielerisch begrenzte Anforderungen für die jungen Darsteller.

Man sieht nebenbei, wie man schiesswütige Sondereinheiten der Polizei für einen Mord einsetzen kann. Das Runterzählen der restlichen Überlebenden verläuft zwar spannend, aber letztendlich ist „Unknown User 2: Dark Web" doch nur eines dieser sadistischen Mordspiele, die das Kino verseuchen. Und ein realitätsfremdes Ammenmärchen über das Dark Net.

2.12.18

Tabaluga - Der Film

BRD 2018 Regie: Sven Unterwaldt jr. 90 Min. FSK ab 0

Die 35 Jahre sieht man dem kleinen Drachen Tabaluga nicht an: Proper und knallgrün mit Farben frisch aus dem digitalen Malkasten kommt die Figur von Deutschrocker Peter Maffay, Kinderliedermacher Rolf Zuckowski und Illustrator Helme Heine ins Kino.

Sehr bunt und rund animiert wird „Tabaluga" nach Musikalben, Show und TV-Formaten nun Kinostar. Eine Verwechslung mit „Der kleine Drache Kokosnuss", fantasiereicher animiert und Kinostart in 14 Tagen, besteht so nicht. „Tabaluga" kann in der Animation jedoch mit internationaler Konkurrenz mithalten. Das Grünland ist übersättigt mit farbigen Pflanzen und Tieren. Das befeindete Eisland beeindruckt mit kantigen Eis-Formationen in Schneelandschaft. Die Schwarz-Weiß-Geschichte kommt allerdings mit Krieg und Kampf, Polarisierung und Vorurteilen sehr vorhersehbar daher. Da weiß nicht nur Glückskäfer Bully schon vorher, was alles passieren wird.

Waisen-Drache Tabaluga, kann nicht fliegen oder Feuer spucken. Er wird so sehr in Grünland verspottet, dass er zusammen mit Bully durch die dunkle Wolke ins Eisland zieht, um ausgerechnet dort sein Feuer zu finden. Hier trifft er schnell auf die jaulende Eis-Prinzessin Lilli, gesprochen und gesungen von Yvonne Catterfeld, sowie den lustig einfältigen Eisbär Limbo. Die oft behäbige und zu übersichtliche Geschichte bekommt erst durch den Oberschurken, den bösen Herrscher Arktos etwas Charakter. Der klasse von Heinz Hoenigs Stimme ausgefüllte, fette Schneemann mit Zylinder hat auch noch einen herrlich wahnsinnigem Assistenten, der sich verhält und anhört wie Scrat aus „Ice Age".

Aber ansonsten sind die Musical-Einlagen („drei Lieder von Maffay"!) so lächerlich, dass den Figuren jeder Charakter aus den Gliedern fährt. Auch die Achterbahn-Fahrt im Eiskanal sieht gut aus, ist dabei aber überhaupt nicht eindrucksvoll, weil eiskalt berechnet. So gibt es einen krassen Gegensatz zwischen optischem und akustischem Aufwand, zwischen vollen Bildern und leerem Inhalt. Regisseur Sven Unterwaldt („7 Zwerge", „Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft") dacht wohl, dass „populär" ausreicht. Da braucht man keine weitere Idee zur Verfilmung.

Geister der Weihnacht - Augsburger Puppenkiste ***

BRD 2018 Regie: Julian Köberer 64 Min. FSK ab 0

Noch einmal die Weihnachtsgeschichte nach Dickens, aber diesmal ganz im Stil der Augsburger Puppenkiste. Altmodisch wie analoge Fotoapparate oder schwere Lederjacken. Nach 70 Jahren dieser traditionsreichen Einrichtung kann man immer noch staunen, wie das gemacht ist: Mit ungelenken Gliederpuppen, die Münder der Holzköpfe bewegen sich nicht. Hände und Körper hängen an deutlich sichtbaren Fäden. Diese Produktion extra fürs Kino ist dazu wirklich mal kindgerecht kurz, der dicke Dickens-Band wird in einer Stunde erzählt. Keine Effekte, starre Kamera. Ja, tatsächlich: Dies ist eine Produktion von 2018!

Dabei bleibt in der Reduktion der Geist der Geschichte erhalten: Der Griesgram und Geldverleiher Scrooge wirft seine nette Nichte raus und schikaniert mit Geiz den freundlichen Buchhalter. Mit einfachen Ideen tauchen die Geister der Weihnacht auf und am Ende sind alle selig abgefüllt. Unter anderem auch mit einem Lied, das den Kindern das Blut in den Gehörgängen erfrieren lässt. Das eigentliche Wunder jedoch ist, dass sich auch so, ohne 3D, Computer-Animation oder Millionen-Aufwand gut erzählen lässt.

Anna und die Apokalypse

USA 2018 (Anna and the Apocalypse) Regie: John McPhail, mit Ella Hunt, Malcolm Cumming, Sarah Swire 98 Min. FSK ab 16

Für alle, die mit gleichen Gefühlen dem Weihnachtsfest und der Zombie-Apokalypse entgegensehen, gibt es jetzt endlich „den" Film: „Anna und die Apokalypse" ist das erste - und hoffentlich auch letzte - romantische Zombie-Weihnachts-Musical! Genial in der Anlage, träge wie ein Zombie in der Ausführung.

Für Anna (Ella Hunt) bietet das Leben in der Kleinstadt Little Haven nur schlechtere Möglichkeiten: Lieber macht die Halbwaise ihren miesen Job in der Bowlingbahn, statt an der Weihnachtsfeier ihrer Highschool teilzunehmen. Sie hat John (Malcolm Cumming), den Idioten mit dem furchtbarsten Weihnachtspullover als Freund. Der größte Kotzbrocken ist Konrektor und Regisseur der Weihnachts-Show. Also so ein Film-Einstieg mit ein paar Standard-Problemen, sodass man sich die Zombies schnell herbei sehnt. Aber dann - wird gesungen!!!! Flotte Uptone-Liedchen vom Verlangen auszubrechen. Dabei sind Anna und John so sehr in ihre eigenen Probleme verstrickt, dass bei der großen „La La Land"-Nummer mit Finale auf dem Friedhof die wandelnden Toten gar nicht bemerken. Er als sie ein Schneemann attackiert, dem schon das Blut aus dem Mund läuft, wird es ernsthaft lustig.

Man besingt noch den neuen Tag, während die blutige Zombie-Apokalypse schon losbricht. Das ist eine nette Idee in sehr mäßiger Ausführung. Zu viel Geplänkel zwischen billigem Splatter und Action aus dem Schulkurs. Aber „Anna und die Apokalypse" ist trotzdem nicht so schlecht, dass es wieder gut wäre. Die Genre-Parodie, die bei weitem nicht gegen „Shaun of the Dead" anstinken kann, wurde einfach und ohne Kapriolen inszeniert. Was bei sympathischen Figuren seinen Reiz hat. Mitgefühl für die Zombies gibt es hier ebenso wenig wie gesellschaftspolitische Interpretations-Angebote. Das Genre ist da seit Jahrzehnten weiter. Im mühsamen Countdown wird auch den noch lebendigen Figuren keine Entwicklung gegönnt. Aber immerhin ist dies die beste Romantische Zombie-Musical-Komödie der bisherigen Filmgeschichte!

29.11.18

Das krumme Haus

USA 2018 (Crooked House) Regie: Gilles Paquet-Brenner, mit Gillian Anderson, Max Irons, Glenn Close 115 Min.

Krimis von Agatha Christie sind nicht skandinavisch und regional höchstens altertümlich gedacht. Also ziemlich verstaubter Kram, der unverständlicherweise immer wieder verfilmt wird. „Das krumme Haus" ist so eine verschnarchte Kostümparty zum Abgewöhnen.

Es gibt im Schloss der sehr reichen englischen Familie Leonides gleich mehrere Verdächtige für den Giftmord am ungeliebten Patriarchen. Privatdetektiv Charles Hayward (Max Irons) ermittelt und die ersten 30 Minuten sind ein einziges Rankarren semi-prominenter Darsteller samt Vorstellung der Klischees, die sie ausfüllen sollen. Den Detektiv und die Auftraggeberin aus der Familie verbinden eine Affäre im dekorativen Kairo, die Leidenschaft brennt weiter mit der Temperatur eines Tiefkühlgerätes.

Interessanter als der junge Detektiv ist Glen Close in der Rolle einer cleveren Schlossherrin, die mit Flinte Maulwürfe jagt. Auch Terence Stamp als Chef von Scotland Yard macht was her, seine dramatische Funktion ist eher ein Witz in der humorlosen Angelegenheit. Überhaupt fühlen sich bei diesen gepflegten Verbrechen in reich ausgestatteter Umgebung viele Szenen wie schlechtes Theater an. Mit theater-mäßigem, penetrant störendem Eindringen im die Privatgemächer der Verdächtigen.

Das ist wie „Orient Express" ohne Räder. Und ohne Zug oder moderne Geschwindigkeit. Also ein alter Stoff und die passende, altbackene Inszenierung.

28.11.18

The House that Jack built

Dänemark, BRD, Frankreich, Schweden 2018 Regie: Lars von Trier, mit Matt Dillon, Bruno Ganz, Uma Thurman 153 Min. FSK ab 18

Nachdem der begnadete Regisseur und Cannes-Sieger Lars von Trier zuletzt in „Nymphomaniac" mit reichlich weiblicher Sexualität provozierte, versucht er es nun mit extremer Gewalt in der Beichte eines Serien-Mörders. Dabei bleibt der ganze, nicht jugendfreie serielle Gewalt-Akt von „The House that Jack built" letztlich blutleer. Zumindest inhaltlich.

Die gleiche Konstruktion wie bei der Sex-Provokation wendet von Trier nun beim Serienkiller-Schocker an: Die Hauptfigur legt eine ausführliche Beichte gegenüber dem älteren Gesprächpartner ab. Hier erzählt Jack (Matt Dillon) dem mysteriösen Verge (Bruno Ganz) von seiner Karriere als obsessiver Mörder. Der Splatter-Thriller spielt in der 70er Jahren und erzählt zu ausführlich in fünf Kapiteln plus Epilog willkürliche Beispiele aus der „Karriere" eines psychopathischen Killers. Dillon („There's Something About Mary", „Wild Things") gibt den Psychopathen mit Ordnungs- und Putzwahn auf beeindruckende Weise uncharismatisch.

Zuerst erwischt es Uma Thurman: Ihre Figur drängt sich nach Wagenpanne direkt als Opfer auf. Die gemeine Inszenierung sorgt dafür, dass die geschwätzige Naive bekommt, was man erwartet. Sie wird von Jack mit dem Wagenheber (engl: Jack) erschlagen. Das ist typisch für Horror-Filme, aber von Trier verweigert die übliche charismatische Überhöhung des Mörders. Jack ist nicht besonders raffiniert, überzeugend oder eindrucksvoll. Ein uninteressanter Normalo, der sich selbst zu wichtig nimmt und meint, er sei clever. Noch dümmer stellt sich allerdings die Polizei an. Eine kilometerlange eklige Blutspur führt zu einem völlig zerfetzten Gesicht, einer der schwer erträglichen Splatter-Momente, die für das FSK ab 18 sorgen.

Wobei die Fans des Blutrünstigen wiederum schockiert sein werden von den wild zwischen die Morde montierten kulturellen Einsprengseln. Es ist ernüchternd, dass ausgerechnet die langen essayistischen Teile über die Frage, ob Verfall und Zerstörung Kunst erzeugen können, die interessantesten sind. Die Montage von fremdem Bildmaterial enthält als Höhepunkt Szenen von Lars von Triers eigenen Filmen. Und prophylaktisch ein Mimimi-Kommentar zu #meetoo noch eines armen, immer schuldigen Mannes. Dabei muss auch Verge, der Verteidiger der konstruktiven Liebe, in seinen spöttischen Beiträgen fragen, wieso die Frauen immer so dumm seien bei Jack. Eine Antwort gibt es nicht, auch nicht zum „Warum" dieses Films, der auch stilistisch einer der schwächsten des Dänen ist.

27.11.18

Der Grinch (2018)

USA, China 2018 (Dr. Seuss' How the Grinch stole Christmas) Regie: Scott Mosier, Yarrow Cheney 90 Min. FSK ab 0

Willkommen in den Jim Carrey-Gedächtniswochen! Gleich drei Filme sind Varianten von Erfolgen, die er einst dominierte, doch man vermisst ihn weder bei den beiden Versionen der Weihnachtsgeschichte nach Dickens, noch bei der digitalen Neufassung von Dr. Seuss' „Der Grinch". Die ist nämlich viel lustiger ohne ihn.

Der alte, grüne Weihnachtshasser Grinch hat wieder mal aus Langeweile alle Vorräte verschlungen und muss ausgerechnet zur Weihnachtszeit in der Stadt einkaufen. In dieser Zuckerbäcker-Stadt Whoville voller Lieblichkeit und überfreundlichen Menschen. Dazu die schrecklichen US-Weihnachts-Chöre. Aber wie herrlich stinkt der Grinch mit seinen Gemeinheiten und der unversiegbaren schlechten Laune dagegen an!

Nun weiß man selbstverständlich, dass in einem großen Weihnachtsfilm von Universal Pictures auch der Grinch niemals grimmig bleiben darf. Diesmal rennt ihn etwas zu schnell die naive Weihnachtsfreude der kleinen Cindy-Lou über den Haufen. Unverfälscht von Konsum- oder Religionskritik glaubt sie niedlich noch an den Weihnachtsmann. Und will ihn unbedingt vor dem Kamin abpassen, damit er ihrer überarbeiteten, alleinerziehenden Mutter hilft. Während Grinch plant, in der entscheidenden Nacht das komplette Weihnachtsfest zu stehlen.

„Der Grinch" ist immer wieder eher ein Spaß vom, bei uns noch zu wenig entdeckten Autor Dr. Seuss, als noch ein Weihnachtsfilm. Und dessen verrückte Ideen lassen sich in Animationen viel besser umsetzen als im Realfilm. Angefangen bei einer irren Kaffeemaschine und der aberwitzigen Morgentoilette des grünen Griesgrams, samt Schimmelgeruch als Deo!

Einige verrückte Erfindungen erinnern an „Wallace & Gromit". Aber hier gibt es nicht nur den treuen Hund als Sidekick, gemeinsam ins enge Bett des Grinchs kommt auch ein sehr gut genährtes und ähnlich anhängiges Rentier. Alles ist detailverliebt in Fiesig- und Süßigkeit. Animation und Montage sind besonders bei dem großen Diebeszug in der Weihnachtsnacht atemberaubend flott und witzig. Auch ohne die oblaten, äh: obligaten Achterbahn-Einlagen geht hier dauernd die Weihnachtspost ab. Von wegen besinnlich. Dafür ziemlich lustig zu den netten Reime des Dr. Seuss und ausgesucht passenden, modernen Songs. Was den Filmemachern zu danken ist! Produzent Christopher Meledandri, mit dem Animationsstudio Illumination auch für „Ich – Einfach unverbesserlich" verantwortlich, war ebenfalls an den Dr. Seuss-Verfilmungen „Horton hört ein Hu!" und „Der Lorax" beteiligt.

Das ganze Spaß-Paket stimmt: Der Grinch wird im Original herrlich heimtückisch von Benedict Cumberbatch gesprochen, in der deutschen Fassung überraschend gut von Otto Waalkes. Die Filmmusik stammt von Danny Elfman, falls die Geschichte nicht schon genug an „Tim Burtons Nightmare before Christmas" erinnert. So kann selbst der zynische Kritiker Tannennadeln im Kino ertragen.

26.11.18

Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Kleiderschrank feststeckte

Frankreich, Indien, Belgien 2018 (The Extraordinary Journey of the Fakir) Ken Scott, mit Dhanush, Bérénice Bejo, Erin Moriarty, Gérard Jugnot, Barkhad Abdi, 100 Min. FSK ab 6

Wie in den anderen beliebten indischen Aus- und Aufsteiger-Geschichten „Slumdog Millionär" oder „Schiffbruch mit Tiger" erzählt auch hier ein schelmischer Protagonist von seinen märchenhaften Erlebnissen. Ajatashatru Lavash Patel (Dhanush) schlug sich schon mit jungen Jahren in den Straßen Mumbais als falscher Fakir und mit Gaunertricks durch. Nach dem Tod seiner Mutter reist er nach Paris, um seinen unbekannten Vater zu finden. Die erste Attraktion in der Stadt der Liebe für ihn ist ... Ikea, das in diesem humorvollen Film Bergman- und Bogärt-Möbel anbietet. Sofort entdeckt Aja hier die Liebe seines Lebens und lernt mit wundervollem Flirten in all den Musterzimmern einer gemeinsamen Zukunft die Amerikanerin Marie kennen. Zum Date am nächsten Tag schafft es Aja jedoch nicht, weil er in einem Ikea-Schrank einschläft und am nächsten Tag mit ihm in England aufwacht.

Eine wunderbare Idee für den Anfang einer Liebes-Odyssee, etwas geklaut aus „Pax" (wie der Schrank), dem Abschlussfilm an der HFF München von Michael Chauvistré. Doch da Aja auch ein sympathischer Gauner ist, sei es dem Film verziehen. Nur diesmal teleportiert der Schrank nicht magisch, sondern ungeschickt mit Transporter und mit vielen anderen Flüchtlingen. Die folgende absurde Sanges-Szene bei den britischen Zoll-Beamten könnte aus dem „Little Britain"-Nachfolger „Come Fly with Me" stammen und befördert Aja mit zig anderen Flüchtlingen im unsinnigen Abschiebeflug nach Spanien.

Es ist eine aberwitzige Reise, von der Aja, gespielt vom indischen Star Dhanush, erzählt. Aberwitzig unterhaltsam und nett. Die Kommentare etwa über die Stadt der Liebe lassen schmunzeln, die Idee, die Asche der Mutter in einer Ikea-Vase zwischenzulagern und sie nach der Odyssee auch noch wiederzufinden, ist klasse. Dazu gibt es ein paar einfache Gedanken zur Gerechtigkeit auf dieser Welt - vom Trickbetrüger, der stetig an seinem guten Karma arbeitet. So öffnet sich bei den kuriosen Wendungen immer wieder eine neue Tür zu einer weiteren Geschichte. Vom Flughafen Barcelonas geht es nach langem Aufenthalt als Staatenloser im Gepäck des Filmstars Nelly (Bérénice Bejo) nach Rom. Ajas mit einer weiteren Geschichte beschriebenes Hemd interessiert einen Filmproduzenten, denn der ehemalige Straßenjunge ist vor allem gewitzter Geschichtenerzähler. Und der ganze Film ist schließlich seine Geschichte, erzählt bei der Polizei, um ein paar junge Kriminelle auf einen besseren Weg zu bringen. Wie wahrscheinlich ein paar magische Momente, wie das Treffen mit einem blinden Bettler im Gefängnis, sind, kann man wieder schmunzelnd in Frage stellen.

Ken Scott, Regisseur mit sehr guten („Starbuck") und schlechten Filmen („Lieferheld", „Big Business"), macht aus dem Roman von Romain Puértolas mit dem indischen Kinostar Dhanush ein nettes, unterhaltsames Stück Kino. Da malerisches Flüchtlings-Leid ebenso hinein wie eine kleine Bollywood-Tanzeinlage. Mal in den nächsten Jahren schauen, was das Kharma bei Scott und Dhanush dazu sagt.

Peppermint - Angel of Vengeance

USA, Hongkong 2018 Regie: Pierre Morel, mit Jennifer Garner, Method Man, John Ortiz, John Gallagher Jr., 102 Min. FSK ab 16

Der Begriff Rache-Engel ist post-biblisch ein krasser Gegensatz, denn wie engelhaft mitfühlend kann jemand sein, der gnadenlos Rache ausübt? Jennifer Garner alias Serienkillerin Riley North und Pierre Morel („96 Hours"), Regie-Spezialist fürs Knallharte, führen einen eintönigen, lauten und blutigen Film lang vor, dass Rache und Trauer schwer in eine limitierte Figur passen.

Eine Frau muss miterleben, wie Mann und Kind ermordet werden. Das könnte das unvermeidliche US-Remake von Fatih Akins spannendem NSU-Film „Aus dem Nichts" werden. Doch „Peppermint" schafft es, die gleiche Ausgangssituation mit wesentlich weniger Inhalt und vor allem - vermeintlich - ohne Politik versanden zu lassen. Dafür knallt es kräftig. Direkt zu Anfang, wenn Riley North (Jennifer Garner) als knallharte Kämpferin einen Mann im Auto-Nahkampf erschießt. Die einfallslose Rückblende macht klar warum, erklärt eher offensichtlich als Spannung erzeugend, wie Mann und Tochter von einem Drogenkartell hingerichtet wurden. Eine kurzdenkend konstruierte Fehljustiz mit sehr seltsamer Vorstellung von Gerichtsverfahren lässt die dank Gesichtstattoos lächerlich einfach zu identifizierenden Täter ungestraft. Die Bankangestellte Riley North, die nicht mal gegen Überstunden protestierte, nimmt sich nun fünf Jahre Auszeit und kehrt als Kampfmaschine zurück. Unglaublich clever, aber so doof, sich beim Waffen-Arsenal klauen filmen zu lassen. So ist nun auch das FBI hinter ihr her.

Was „Peppermint" nicht viel spannender macht, weil Riley ohne Widerstand jeden umbringt, der irgendwie mal gemein war. Selbst die spießige Oberzicken-Mutter von der Schule der Tochter bekommt die Strafe für ihre Fiesigkeit. Vielleicht etwas zu viel Strafe, im eigenen Haus lebendig zu verbrennen... Vorher wurde schon ihr Richter ohne Beweis gefoltert und in die Luft gejagt.

Das ist nicht nur eine unverschämte Glorifizierung von Selbstjustiz. „Peppermint" tut zudem auch so, als wenn ein Mensch nach zig kaltblütigen Morden unverändert ein paar Tränchen für die Tochter zerdrücken kann. Von Jennifer Garner („Alias") mäßig gespielt, aber vor allem reichlich naiv und geschmacklos. Dass der Ehemann, der doch irgendwelche Verbindungen zum organisierten Verbrechen hatte, bald vergessen ist, gehört zu den Schlampigkeiten in der Rache- und Gewalt-Orgie. Das Schlimmste ist allerdings die Schlussszene, die eine Fortsetzung geradezu androht.

21.11.18

Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand

Irland, Kanada 2017 (The Man Who Invented Christmas) Regie: Bharat Nalluri mit Dan Stevens, Christopher Plummer, Jonathan Pryce 104 Min. FSK ab 6

Der lange Titel „Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand" klingt nach verstaubtem Bio-Pic, bietet aber einen kurzweiligen und komischen Kostümfilm über eine Schaffens- und Finanzkrise des berühmten Charles Dickens, aus der schließlich seine weltberühmte Weihnachtsgeschichte entstand.

Heute ist Charles Dickens (1812-1870) ein großer Name der Literatur-Geschichte und mit „Hits" wie „Oliver Twist" oder „A Christmas Carol" auch sicherer Lieferant für brave Verfilmungen. Doch Dickens (Dan Stevens), der einst selbst die englischen Kinder-Fabriken aus „Oliver Twist" erlebte, kämpfte zwei Jahre nach seinem Erfolg mit finanziellen Problemen. Und mit einer bösen Schreibblockade. Dann kommt auch noch der nervige Vater (Jonathan Pryce) mit seinen ewigen Geldsorgen vorbei. Dabei muss Dickens selbst bei den Kerzen sparen. Bis er vom neuen irischen Kindermädchen die Idee zur Weihnachtsgeschichte klaut.

Die Suche nach dem richtigen Namen für die Figur des Scrooge (Christopher Plummer), die dann postwendend erscheint, ist ebenso komisch inszeniert wie die anderen Alltagsprobleme im zu repräsentativen Londoner Haus mit den zu vielen Kindern. In der etwas vorhersehbaren, aber nett ausgespielten Konstruktion tauchen nach Scrooge auch noch die eigenen Geister von Dickens und seiner Vergangenheit auf. Vor allem die Erinnerung an den Weihnachtsabend, an dem sein verschuldeter Vater abgeholt wurde, quält.

Aber „Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand" ist vor allem ein leicht erzählter Spaß: Schnell erkennt man im Kellner, im Totengräber und anderen Figuren des Alltags die Vorlagen für Scrooge und die Geister der Weihnacht. Tiny Tim mit seiner Krücke war eigentlich ein Neffe von Dickens, und es ist besonders komisch, wenn Christopher Plummer als Scrooge eine eigene Passage schreiben will. Dickens läutert beim Schreiben der Geschichte seine persönliche Scrooge-Haftigkeit, seine Grimmigkeit gegenüber den dauernden Störungen durch die eigene Familie und die Härte gegen den anstrengenden Vater.

Diese Nacherzählung aus der Schreibstube des Autors (nach dem gleichnamigen Roman von Les Standiford) hat nicht die Grimmigkeit der letzten Disney-Verfilmung. Sie erzählt von einer gesegneten Zeit, in der Verleger Weihnachten gerade nicht als geeignete Zeit für kommerzielle Erfolge ansahen.

Letztendlich ist der sorgfältig gemachte und prominent besetzte Film etwas überfüllt mit Referenzen um die Durchdringung von Werk und Schaffensprozess. Aber am Ende stellt sich wohl kalkuliert die dicke Dickens-Rührung ein.

20.11.18

Cold War

Polen, GB, Frankreich 2018 (Zimna Wojna) Regie: Pawel Pawlikowski, mit Joanna Kulig, Tomasz Kot 88 Min. FSK ab 12

Heißer Oscar-Kandidat und Amour Fou auf Polnisch: Nach „Ida" bringt der aus Polen stammende und in England ausgebildete Pawel Pawlikowski erneut ein stilistisches Meisterwerk auf die Leinwand. „Cold War", die Geschichte seine Eltern ist eine sehr bewegte Liebe dies- und jenseits der Grenzen des Kalten Krieges.

Das Liebesdrama beginnt mit der aus „Gadjo Dilo" und vielen anderen Filmen bekannten Suche nach authentischer Musik der Landbevölkerung. Was Wiktor (Tomasz Kot) kurz nach Kriegsende beim Vorsingen schließlich findet, ist eine bewegte Liebe. Der Dirigent wählt die blonde Schönheit Zula (Joanna Kulig) ins Ensemble, obwohl sie die Noten nicht immer trifft. Aber die polnische Volkstanztruppe wird ein Erfolg und ein Propaganda-Hit zu Ehren Stalins. Man stelle sich die Charme-Truppen aus Nordkorea bei der letzten Winter-Olympiade vor, nur mit besserer Musik. Wiktor und Zula werden auf der Tournee ein Paar, aber er will bei Auftritt Ostberlin mit ihr in den Westen. Sie versetzt ihn, vom eisigen Berlin führt der Schnitt zu heißen Rhythmen in einem Pariser Jazz-Keller.

Der harte Bruch von hübsch aufpolierter Volksmusik zu Propaganda-Zwecken in Ost-Berlin zum Jazz in Paris wird nicht der einzige brüske Schnitt in dieser wahrlich wechselhaften Liebes-Geschichte bleiben. Dabei bleibt Regisseur Pawel Pawlikowski mit dem gleichen Team seiner Schwarz-Weiß-Ästhetik im 4:3-Format treu. Aber mit dem Paar ändert sich auch der Stil im klassischen Kader: Die Pariser Episoden könnten Nouvelle Vague sein, in Polen sieht man Tarkowskij-Stil und soll sich genau an diese Film-Epochen erinnern. Und man genießt erneut eine breite Palette von Musikstilen, das Titellied wird sogar durch Zeiten, Systeme und Stile konjugiert.

Dazu ist Zula dann die perfekte Femme Fatale. Wiktor kommt entspannt überall zurecht, sie ist nirgendwo glücklich. Provoziert Eifersucht auf allen Seiten, meckert und mäkelt in Bilderbuch-Umgebung. Selbst das wunderbar bittersüße Schlussbild des Films muss sie in einer ironischen Wendung kaputtmachen: Lass uns auf die andere Seite gehen, sagt sie. Und schon sind sie aus dem Bild. Diese trotzdem liebevolle Betrachtung hat ihre Wurzeln im persönlichen Ursprung der Gesichte - es die von Pawel Pawlikowskis Eltern.

Ein wenig schwebend wie Wong Kar-wais „In the Mood for Love", nur in polnisch und mit doch relativ vielen Worten. Das große Drama der Welt-Geschichte läuft im Hintergrund ab, es ist nicht der Kern wie bei „Ida". Wenn man jedoch so eine Amour Fou, so eine verrückte Liebe mag, ist es ein perfekter, großartiger Film, ein weiteres Meisterwerk.

Jupiter's Moon

Ungarn, BRD, Frankreich 2017 (Jupiter holdja) Regie: Kornél Mundruczó, mit Merab Ninidze, Zsombor Jéger, György Cserhalmi 129 Min. FSK ab 12

Das Wunderkind des ungarischen Films sorgte in Cannes wieder für Aufregung, weil sein neuer Film völlig und fantastisch abhebt: Kornél Mundruczós „Jupiter's Moon" lässt eine Wunder- und Glaubensgeschichte durch osteuropäisches Flüchtlingsdrama schweben. Ein atemberaubendes und einzigartiges realistisches Kinomärchen.

Schon der Vorspann gibt sich bedeutungsschwanger: Unter den vielen Jupiter-Monden ist einer, auf dem könnte es Leben geben - Europa! Wie es in Europa tatsächlich aussieht, zeigen die nächsten hektischen, atemlosen Szenen. Flüchtlinge versuchen in der Nacht über einen Fluss von Serbien nach Ungarn zu kommen. Wie Hühner im Käfig werden sie rangekarrt, die ungarischen Polizisten schießen zur Begrüßung in Europa direkt auf sie. Es trifft den jungen Syrer Aryan (Zsombor Jéger) in die Brust. Doch statt zu fallen, steigen erst seine Schnürsenkel, dann Blutstropfen in die Höhe. Bald schwebt Aryan hoch über dem Chaos aus Flüchtenden und Jägern. Die fliegende Kamera wirbelt um ihn und ein abgehobener Kinorausch entsteht.

Auch im weiteren Verlauf von Aryans ungarischem Abenteuer wechseln harsche Realitäten mit atemberaubend wunderbaren, traumhaften Bilder. Der Junge wird vom Arzt Gabor Stern (Merab Ninidze) aus dem Flüchtlingslager gerettet. Nachdem einer seiner Patienten starb, verdient dieser sich mit Bestechungsgeldern auch von Flüchtlingen Bündel von Scheinen. Das Geld soll ihm bei den Verwandten des Opfers Vergebung und letztlich seinen alten Job im Krankenhaus erkaufen. Als guter Kapitalist macht sich Stern sofort an die Verwertung des Wunders Aryan, lässt sich für die vermeintlich wunderheilende Flugnummer viel zahlen. Dem Jungen verspricht er die Flucht aus Ungarn und dessen Vater zu finden.

Stern ist kein schlechter Kerl, die Verzweiflung macht ihn zum schwitzenden, korrupten Opportunisten. Ansonsten zeigt er sich als stolzer Mann mit Prinzipen. Selbst wenn er sich bestechen lässt. Arrogant sei er und unbeliebt. Glaubt an nicht viel, an Gott schon mal gar nicht. Der Ungläubige muss nun ein Wunderkind miterleben, einen Heiler. Wie schon 2005 in „Johanna" seinem ersten in einer Reihe wunderbarer Filme arbeitet der geniale Kornél Mundruczó mit diesem gelblichen, frühen Lars von Trier-Licht. Damals wurden die Wunder Johanna grausamen heimgezahlt, ebenso wie das Liebes-Glück im „Delta" (2008) der Donau von barbarischen Bauern zerstört wurde. Nach „Tender Son: Das Frankenstein Projekt" (2010) behandelte zuletzt „Underdog" (2014) das Bestialische im Menschen und war umstritten.

Genau wie „Jupiter's Moon" 2017 in Cannes. Dabei ist er ungeheuer spannend in mehrfacher Hinsicht. Der Flucht-Thriller wirft uns mitten in chaotische Zustände des Flüchtlingslagers, immer ruhelos durch die sehr agile Handkamera. Wir bekommen erschreckende Einsichten in den Umgang und die Geschäfte mit furchtbar behandelten Flüchtlingen. In Lügengeschichten der Regierungen müssen die Opfer fälschlicherweise sogar als Attentäter herhalten.

Das deutliche Statement zur aktuellen Politik in osteuropäischen Ländern (wobei der Osten schon in Österreich anfängt), erhält durch die wundersame Fähigkeit Aryans ein weitere Dimension. Es ist tricktechnisch eigentlich simpel gelöst, aber in der Wirkung gigantisch, wie er die Welt eines Faschisten samt dessen Wohnung buchstäblich auf den Kopf stellt. Nebenbei ist das Schweben ganz praktisch für eine Flucht vor der Polizei aus dem Hochhaus. Doch nicht nur weil „Jupiter's Moon" am Ende in einem Schwebezustand verharrt, liefert Mundruczó keine Antworten, keine „Aussage". Dafür einen unvergleichlichen Film, ein einzigartiges Kinoerlebnis.

19.11.18

So viel Zeit

BRD 2018 Regie: Philipp Kadelbach, mit Jan Josef Liefers, Jürgen Vogel, Matthias Bundschuh, Richy Müller, Armin Rohde, André M. Hennicke 101 Min.

Jan Josef Liefers haut wieder dürftig bekleidet aus dem Krankenhaus ab. Kurz vor dem Ende noch mal richtig was erleben, war schon 1997 der Antrieb in Thomas Jahns genialem „Knockin' on Heaven's Door". Und nun, zwanzig Jahre später, spielt Liefers im Goosen-Film „So viel Zeit" endlich mal wieder gut - einen Todkranken, der es mit seiner alten Band noch mal so richtig krachen lässt.

Schon die erste Nummer der Roman-Verfilmung nach Frank Goosen ist klasse: Als Vorgruppe sollte der Auftritt im Rockpalast für „Bochums Steine" ein Höhepunkt werden. Das übliche Egotrip-Solo des Sängers und Gitarristen führt allerdings zu dessen flammendem Absturz. Dass Bandleader Rainer (Jan Josef Liefers), nachdem er vor 20 Jahren Ole (Jürgen Vogel) von der Bühne gestoßen hat, wieder bei den Bochumer Kumpels auftaucht, stößt auf wenig Begeisterung. Die ehemaligen Bandkollegen Bulle (Armin Rohde), Konni (Matthias Bundschuh) und Thomas (Richy Müller) treffen sich seit Jahren zum gemeinsamen Saufen, das Proben ist nur Alibi. Wie vor allem der nicht besonders feinfühlige Zahnarzt Bulle angesichts von Rainer die versprochene Prügel kaum zurückhalten kann, hat großen Schauspiel-Stil. Doch die Aussicht, bei einem Rockpalast-Revival doch noch mal groß aufzuspielen sowie ein paar Notlügen Rainers überzeugen schließlich. Denn diese alten Herren sind alle nicht wirklich glücklich mit ihrem Leben.

Viel herrliches Gezicke und wenige großartig verhunzte Proben später sind die vier auf einem richtigen Road-Trip zu Ole in Berlin. Mit Rock'n'Roll, Prügeleien, jugendlicher Verliebtheit und mit Rainers Sohn. Denn außer einem Gehirntumor zwackt den lustlosen Musiklehrer das Versagen als Vater. Aber - so viel ist nach wenig Zeit klar - die Band bringt wieder das Beste aus den Jungs heraus.

Filme nach Frank Goosen sollte man sich nie entgehen lassen. Nach „Liegen lernen" (2003), „Radio Heimat" (2016) und „Sommerfest" (2017) begeistert auch „So viel Zeit" mit bodenständigen Ruhrpott-Typen und ihrem einzigartigen Humor. Auch schauspielerisch ist „So viel Zeit" eine große Nummer. In Armin Rohde sieht man plötzlich Potential zu einem reifen Charakterdarsteller für prominente internationale Rollen. Liefers bekommt der Wechsel vom Arztkittel zum Patienten-Hemd mit „hinten-ohne" ausgesprochen gut. Jürgen Vogel darf sich mal zurückhalten. Nicht vergessen darf man die Frauen an ihrer Seite: Ohne Alwara Höfels als Stewardess eines Vergnügungskahns und Laura Tonke als Kneipen-Chefin kämen die Jungs nicht weit. Viel freche Schnauze die ihnen den Kopf wäscht. Dazu zeigt Regisseur Philipp Kadelbach („Unsere Mütter, unsere Väter") viel Bochum. Die Tonspur-Songs von Cat Stevens' „Father and Son" bis zu „Brothers in Arms" überzeugen allerdings mehr als die zu recht unbekannt gebliebenen „Bochums Steine" oder die austauschbaren Kurzauftritte der aus unbekannten Gründen bekannten Scorpions.

Verschwörung

USA, GB, Kanada, BRD, Schweden 2018 (The Girl in the Spider's Web) Regie: Fede Alvarez, mit Claire Foy, Sylvia Hoeks, Mikael Blomkvist 117 Min. FSK ab 16

Es geht weiter mit der coolen Hackerin Lisbeth Salander und ihrem Kampf gegen Frauen-Schläger und rechte Kräfte. Allerdings nicht mit Teil zwei und drei des US-Remakes der schwedischen Filmtrilogie („Verblendung", „Verdammnis", „Vergebung") nach Stieg Larssons Romanen. Statt Rooney Mara als Salander und Daniel Craig als Journalist Mikael Blomkvist übernimmt Claire Foy eine einsame Titelrolle mit action-reichem Trip in Salanders Vergangenheit.

Bevor Claire Foy („The Crown") als neue, nun dritte Lisbeth Salander ihre Karriere als Action-Figur startet, darf kurz noch mal die alte auftreten: Ein ekliger Unternehmer, der Prostituierte und seine Frau blutig schlägt, wird mit schnellen Hacker- und Ninja-Tricks von Salander abgestraft und ausgebremst. Der nächste Auftrag ist schon aus der Kiste „James Bond-Routine": Ausgerechnet dem geheimsten Geheimdienst NSA wird in den USA mal eben ein Programm geklaut, dass Zugang zu allen Nuklearwaffen ermöglicht. Aber mysteriöse Angreifer klauen das gerade Geklaute und jagen Salanders lässig gestylten Luxus-Loft in die Luft. Die Heldin der letzten vier sorgfältigen Filme wird nun ruckzuck direkt in die Enge getrieben und kann sich aus riesigem Action-Feuerwerk nur mit einem großartigen Stunt retten.

Verzweifelt und wirklich allein meldet sich die Kämpferin nach Jahren der Sendepause wieder bei ihrem ehemaligen Partner Mikael Blomkvist (Sverrir Gudnason). Es gilt, die Verfolger zu enttarnen, gleichzeitig aus den Griffen von schwedischem und US-Geheimdienst zu bleiben. Dabei müssen der Entwickler des MacGuffin-Programms sowie dessen autistischer Sohn geschützt werden. Die rücksichtslose Einzelgängerin Salander zeigt hier viel Herz für Kinder, was zu ihrem eigenen wunden Punkt führt.

Verflixt, es ist wirklich kompliziert! Nicht nur mit der verstörenden Verhunzung deutscher Verlags- und Verleih-Titel von schwedischen Bedeutungen wie „Männer, die Frauen hassen" bei diesem Verkaufs-Erfolg. Stieg Larsson veröffentlichte bis zu seinem Tod 2004 nur drei von zehn geplanten Millennium-Romanen. Die zerstrittenen Erben wollen das Manuskript von Teil Vier nicht zur Verwertung freigeben. Aber dass David Lagercrantz mit „Verschwörung" („Det som inte dödar oss" - dt: Was uns nicht umbringt) die Reihe fortschrieb, wurde akzeptiert. Im Jahr 2017 folgte bereits „Verfolgung".

Auch „Verschwörung" fasziniert als fünfter Larsson-Film wieder mit einem hoch stilisierten Look: Viel Coolness bei Architektur, Ausstattung und Licht soll die abgebrühte Haltung Lisbeths wiederspiegeln. Diesmal erleidet die innerlich sensible Frau im harten Leder-Dress eine Verletzung ausgerechnet unter ihren großen Drachentattoo. An der Schulter, wo auch Siegried nach dem Bad im Drachenblut seine verwundbare Stelle hatte. Eine brennende Schuld aus der Vergangenheit ist Kern der Geschichte.

Regie führte Fede Alvarez („‪Don't Breathe‬"), der raffiniere Fluchten und Auswege in die Vollgas-Action einbaute. Claire Foy legt, unterstützt durch kräftiges Orchester, eine intensive Darstellung hin. Ihre Figur ist körperlich erstaunlich unkaputtbar. Lisbeth Salander mutiert damit von faszinierend kantigem Charakter zu einer von vielen Action-Figuren. Da ist plötzlich die Schwester Camilla, als rote Hexe des Nordens gespielt von der Niederländerin Sylvia Hoeks („Whatever Happens", „Blade Runner 2049"), viel interessanter. Aber das ist ja in diesem Genre normal, dass die Schurken sterben müssen, weil sie den langweiligen Helden als erstes die Aufmerksamkeit stehlen.