4.10.17

Blade Runner 2049

Blade Runner 2049

USA, Großbritannien, Kanada 2017 Regie: Denis Villeneuve mit Ryan Gosling, Harrison Ford, Ana de Armas, Jared Leto 163 Min.

„Blade Runner 2049" ist nicht nur einer der meist erwarteten Filme des Jahres weil das Original aus dem Jahr 1982 mit Harrison Ford als Blade Runner Rick Deckard der prägende Science Fiction-Film einer ganzen Epoche war. Aus einer Geschichte des genialen und legendären Zukunfts-Autoren Philip K. Dick („Total Recall", „Next", „Paycheck", „Minority Report") machte Regisseur Ridley Scott eine Ikone des Genres. Nun inszeniert der geniale Denis Villeneuve („Sicario", „Enemy", „Die Frau, die singt", „Ein 32. August auf Erden") eine Fortsetzung, die 30 Jahre später spielt. Und mit dem Kanadier kommt eine ganz andere Fan-Gruppe ins Kino, Hardcore Science Fiction-Aficionados, die teilweise von Villeneuves letztem Meisterwerk „Arrival" geschockt, weil überfordert waren. Und dann trifft auch noch Schönling Ryan Gosling als Nachfolger auf Legende Harrison Ford...

Denn 30 Jahre später entdeckt ein neuer Blade Runner, der LAPD Polizeibeamte K (Ryan Gosling), dass sich die Replikanten nun vermehren, was die alte Ordnung zu zerstören droht. Die Trennung zwischen den Replikanten und den Geborenen, die vielleicht eine Seele haben. Vor allem die Musik klingt vertraut bis Hans Zimmer die Vangelis-Atmosphäre übernimmt. Doch „Blade Runner 2049" ist alles andere als eine einfache Fortsetzung: Organisch mit der ursprünglichen Geschichte verwoben und kongenial übertragen auf eine höhere beziehungsweise tiefere Ebene. Dabei in Inszenierung und Kamera der Roger Deakins das Beste, was Film zur Zeit zeigen kann. Im Kern der nur oberflächlich ähnlich verlaufenden Handlung steckt immer noch eine Detektivgeschichte und die ist wieder sehr gut, wie sie den Suchenden K letztlich zu sich selber führt. Zurück in die eigene Kindheit, die vielleicht doch kein Gedächtnis-Implantat ist

Der ursprüngliche „Blade Runner" zeigte ja nicht nur sagenhafte Visionen, dank der raffinierten Geschichte von Philip K. Dick wurde auch Jahrzehnte lang diskutiert, ob Rick Deckard nicht selbst einer der Replikanten ist, die er jagen soll. Der nachträglich veröffentlichte „Final Cut" von Scott verstärkte diese Interpretation, die bei der Erzählung von Dick schon im Titel steckt: „Do Androids Dream of Electric Sheep?" Träumen Androide, also Replikanten, von elektrischen Schafen? Denn zum faszinierenden Arsenal dieser unwirtlichen Zukunft gehören künstliche Haustiere ebenso wie fabrizierte Erinnerungen und Träume für die Mensch-Maschinen.

Die Fabrikation von Erinnerungen durch eine geheimnisvolle Frau gehört zu den unglaublichen Szenen, des neuen „Blade Runner" die sich tief ins kulturelle Gedächtnis eingraben werden. Das neue L.A. erscheint weniger glänzend, noch dreckiger, noch größer. Ryan Gosling spielt so gut wie noch nie, wir erleben quasi seine Menschwerdung. Und Menschsein ist das große Stichwort: In vielen Variationen lässt der unfassbar vielschichtige Film erfühlen, wie es ist, dazu zu gehören oder Außenseiter zu sein. So wie Villeneuve erneut die Konventionen des Genres sprengt, verliert man bei vielen atemberaubenden Wendungen die Übersicht, wer Mensch und wer Maschine ist. Dabei gibt es viele gemeine Feinheiten, etwa dass die israelisch-arabische Schauspielerin Hiam Abbass die Anführerin der rebellierenden Replikanten spielt. Ob man in 35 Jahren noch über „Blade Runner 2049" spricht, ist schwer zu sagen, doch dass man noch lange, auch über die Oscars hinaus, über den neuen unfassbaren Denis Villeneuve reden wird, ist sicher.