3.10.16

Meine Zeit mit Cézanne

Frankreich 2016 (Cézanne et moi) Regie: Danièle Thompson mit Guillaume Gallienne, Guillaume Canet, Alice Pol, Déborah François 113 Min. FSK: ab 0

Der Schriftsteller Émile Zola (1840-1902) und der Maler Paul Cézanne (1839 - 1906) gehören zu den Berühmtheiten der französischen Kulturgeschichte. Seit ihrer gemeinsamen Kindheit in Aix-en-Provence verband sie eine tiefe Freundschaft – und die Liebe zu der gleichen Frau. Die sehr erfolgreiche Komödien-Autorin Danièle Thompson („Wer mich liebt, nimmt den Zug", „Die Bartholomäusnacht", „La Boum - Die Fete") betrachtet die besondere Künstler-Freundschaft im Wechsel von frei atmenden Außenszenen, großartigen Provence-Panoramen und intensiven Kammerspiel-Zwiegesprächen.

Sehr schöne Bilder fassen den Verlauf der Jugend vom armen italienischen Einwanderer-Kind und Halbwaisen Zola sowie dem Bankierssohn Cézanne in der Provence zusammen. Es gibt ja noch viel zu erzählen bis zum Bruch der Freundschaft im Jahr 1886 und drüber hinaus. Die jungen Wilden von damals feierten ihr jeweiliges Scheitern an den etablierten Akademien mit der Pariser Boheme. Während der aus armen Verhältnissen stammende Zola jedoch bald mit seinem Naturalismus als Erfolgsautor ein wohlhabendes Leben beginnt, macht mangelnde Anerkennung aus dem oft hungernden Maler einen bitteren Menschen. Erst als sein Vater 1886 stirbt und Zola finanziell unabhängig wird, wird sein heute so bewunderter Impressionismus berühmt.

Diesen biografischen Rahmen von „Meine Zeit mit Cézanne" füllt Regisseurin Thompson mit Bootsausflügen, die symbolisch für das neue Prinzip, im Freien zu malen, stehen. Wie Zola hingegen gemeinsame Momente und das Leben vom Freund in seinen Büchern verarbeitet, wird bei einem der immer seltener werdenden Besuche als fiktive Buchbesprechung unter Freunden erregt diskutiert. Im Protagonisten von „Das Werk" (L'Œuvre 1886) erkannte sich Cézanne verärgert wieder, was er tatsächlich in einem wütenden Brief äußerte, bevor der Kontakt beendet wurde. Sie portraitieren sich gegenseitig und sind beide nicht glücklich mit ihrem Spiegelbild - gelinde gesagt. Es ist eine raffinierte Konstruktion, die zwei Leben auf mehrfache Weise spiegelt.

Wobei dieser wenig mitreißende Bilderreigen für Vorgebildete nicht als Einführung für den Schulunterricht taugt. Die vielen Bekannten der Pariser Boheme, die wechselhaften Phasen der französischen Politik, der deutsch-französische Krieg von 1870 – das und viel mehr blitzt am Rande in manchmal nur einer Bemerkung auf. Bei gekonnter Inszenierung und schönen Bildern herrscht lange eine skizzenhafte Leblosigkeit vor. Tatsächlich ist „Meine Zeit mit Cézanne" mit Mimik hinter dicken Bärten und einer deutschen Synchronisation mit typischem Garagenklang nur am Ende bewegend. Am traurigen Ende eine „ewigen Freundschaft", mit der tragischen Gestalt Cézannes, der sich im Selbsthass und Menschenfeindlichkeit zerfleischt. Diese und andere Krisen kreativer Menschen werden immer wieder besprochen. Man kann sie wahrnehmen und feststellen, miterleben kann man sie in diesem Film nur begrenzt.