31.5.16

Vor der Morgenröte - Stefan Zweig in Amerika

BRD, Frankreich, Österreich 2016 Regie: Maria Schrader mit Josef Hader, Barbara Sukowa, Aenne Schwarz, Matthias Brandt, Charly Hübner 106 Min. FSK: ab 0

Der österreichisch-jüdische Schriftsteller Stefan Zweig (1881-1942) in der Zeit seines Exils in Amerika gemeinsam mit Thomas Mann der meistübersetzte deutschsprachige Schriftsteller. In fünf Kapiteln von 1936 bis zu seinem Freitod in Petrópolis bei Rio de Janeiro, zeigt die Schauspielerin und Regisseurin Maria Schrader die mehrfach zerrissene Existenz eines von der Diktatur vertriebenen Künstlers. Anfangs lobt Zweig das friedliche Miteinander in Brasilien, wo Buenos Aires sehr viele Flüchtlinge aus Europa aufnimmt. Doch der intellektuelle Star weigert sich, deutlich gegen Nazi-Deutschland Stellung zu nehmen. Die Frage, ob man sich als im Werk ja keineswegs unpolitischer Künstler vom Weltgeschehen fern halten kann, bleibt in der Schwebe bei einer nicht endenden Abfolge von Ehrungen und Empfängen. Zwischendurch kümmert er sich um andere Flüchtlinge, bemüht sich um Visa für Freunde und alte Feinde.

„Vor der Morgenröte" ist ein vielschichtiges Porträt eines berühmten Geistesmenschen, der seine erste Frau Friderike (Barbara Sukowa) nur noch gelegentlich sieht und mit seiner jungen Gattin Lotte (Aenne Schwarz) durch die Welt reist. Josef Hader, bekannt von den Wolf Haas-Krimis, ist vom ersten Moment an atemberaubend glaubhaft in seiner Rolle als Stefan Zweig. Er wird so unglaublich intensiv gespielt, da möchte man gleich alle möglichen Filmpreise mit Hader signieren. Der Kameramann von Ulrich Seidl, Wolfgang Thaler, zeigt ebenfalls seine Meisterschaft bis hin zur genial fotografierten Schlussszene. Schon lange nicht mehr sah man eine Filmbiografie ohne aufgesetzten großen Twist so packend und nahe gehend. Mit großer Leichtigkeit inszeniert die Maria Schrader, doch die Schwere dieses Exilanten-Schicksals wird spürbar, bis zum tragischen Ende, dem gemeinsamen Selbstmord von Lotte und Stefan Zweig.