16.5.16

Monsieur Chocolat

Frankreich 2016 (Chocolat) Regie: Roschdy Zem mit Omar Sy, James Thiérrée, Clotilde Hesme, Olivier Gourmet 120 Min. FSK: ab 12

Die wahre Geschichte von Rafael Padilla, dem ersten dunkelhäutigen Othello-Darsteller auf Frankreichs Bühnen, wird in der Hauptrolle von Omar Sy („Ziemlich beste Freunde") getragen, dem ersten dunkelhäutigen César-Sieger der Nation. Auch Regisseur Roschdy Zem kann als Sohn marokkanischer Einwanderer, der als beliebter Schauspieler auf Immigranten-Rollen festgelegt ist, einiges über diese Reduktion der Persönlichkeit erzählen. „Monsieur Chocolat", eine interessante Geschichte mit einigen doppelten Böden also.

Der Clown-Darsteller Footit (James Thiérrée), eine Berühmtheit ohne Engagement, entdeckt um 1900 herum in der Provinz den ehemaligen kubanischen Sklaven Rafael Padilla bei einem kleinen Zirkus. Er wird Chocolat genannt und gibt in der Manage einen brüllenden Kannibalen, „das Bindeglied zwischen Menschenaffen und Menschen". Footit erkennt das Talent Padillas und baut mit ihm eine komische Nummer auf, ein alberner Klamauk mit Chocolat als „dummem August", der die meisten Tritte in den Hintern abbekommt. Die großartige physische Komik wird ein Erfolg, das Angebot aus Paris folgt bald.

Chocolat lebt und gibt den Erfolg dort in vollen Zügen aus. Er erweist sich als Spieler, der allzu leicht auch seine Liebe verspielt. Rassismus und Neid bringen ihn ins Gefängnis, wo ihn ein Einwanderer aus Haiti auf das Erniedrigende seiner Rolle hinweist. Der Film macht dies mit Menschen aus den französischen Kolonien deutlich, die wie Tiere im Zoo ausgestellt werden. Obwohl er Werbeverträge bekommt und Toulouse-Lautrec ihn karikiert, will Padilla nicht mehr Chocolat sein, sieht in Shakespeares Othello die Rolle seines Lebens. Im Streit im Padillas Zukunft wird aus dem komischen Ohrfeigen in der Manege ernst.

Das Leben von Rafael Padilla (1865/1868 - 1917) war lange vergessen, die berührende und sorgfältig inszenierte Biografie „Monsieur Chocolat" von Regisseur Roschdy Zem schreibt nun (diese) Geschichte auf mehrfache Weise: Sowohl der als Schauspieler populär Regisseur Zem („Das Mädchen aus Monaco", „Tage des Ruhms") als auch Hauptdarsteller Omar Sy werden diese Rolle kennen, werden sie doch oft für das jeweilige ethnische Klischee besetzt. Dabei argumentiert der Film selbst nicht Schwarz-Weiß und drischt auch nicht mit fertiger Botschaft auf einen ein. Padilla erweist sich ausgerechnet denen gegenüber als undankbar, die ihm in Karriere und Leben geholfen haben. Aber sobald er mehr will, wollen sie ihn halt nicht mehr unterstützen. Zudem steckt in dem Aufstieg und Niedergang von Chocolat im Vorkriegs-Frankreich viel von Showgeschäft von heute. Unter anderem klingt die etwas unsinnige Diskussion um deckungsgleiche Besetzung von Rollen nach ihrer Hautfarbe an.

Die konventionelle aber sichere Inszenierung von Roschdy Zem („Omar - Ein Justizskandal") überzeugt durch die beiden Hauptdarsteller: Die körperbetonten Nummern Omar Sy von James Thiérrée sind nicht nur im Zirkus komisch. Thiérrée hat sie mit entwickelt, ab und zu blitzt in seiner ebenfalls traurigen Figur sein Großvater Charlie Chaplin auf. Noch eine andere Geschichte, aber zu entdecken ist erst einmal das symptomatische Schicksal von Rafael Padilla, der mehr als devoter Clown für die reichen Weißen sein wollte.