24.11.15

Ewige Jugend

Italien, Frankreich, Schweiz, Großbritannien 2015 (Youth) Regie: Paolo Sorrentino mit Michael Caine, Harvey Keitel, Rachel Weisz, Paul Dano, Jane Fonda 124 Min. FSK: ab 6

„Ewige Jugend" verspricht nicht nur das Wiedersehen mit Michael Caine, Harvey Keitel und Jane Fonda. Die melancholisch-komische Zauberberg-Geschichte ist auch der neue Film von Regisseur Paolo Sorrentino, mit „La grande bellezza" Super-Sieger von den Europäischen Filmpreisen 2013 (Bester Film, Beste Regie) bis zum Oscar 2014. Zudem waren auch die Vorgänger-Filme „Cheyenne - This must be the Place" mit Sean Penn, „Il Divo" über Giulio Andreotti, „L'amico di famiglia" und „Le conseguenze dell'amore" sensationell gut.

Für sein neuestes Meisterstück versetzt Sorrentino alte und junge Stars aus verschiedenen Sphären in ein exklusives Wellness-Hotel der Schweizer Alpen: Der alte Komponist Fred (Michael Caine) hat sich nicht nur hierhin sondern überhaupt zurückgezogen. Da hat selbst ein Bote der Queen keine Chance, der bettelt, weil Prince Phillip „Simple Songs", den Klassiker von Fred, zum Geburtstag unbedingt von ihm persönlich in der Royal Albert Hall dirigiert hören will. Freds alter Freund Mick (Harvey Keitel) will noch eine Menge schaffen - der berühmte Regisseur arbeitet mit einem Team junger Drehbuchautoren an einem neuen Film. Doch ausgerechnet sein Star Brenda Morel (Jane Fonda in einer grandiosen Bette Davis-Diva-Szene) wird ihm die Absage präsentieren. Der seltsame Schauspieler Jimmy (Paul Dano) bereitet sich auf eine Rolle vor, deren erster Auftritt für einen von vielen wunderbaren Momenten im Hotel der Skurrilität sorgen wird. Stichwort: Er ist wieder da... Auch dabei ist am Rande ein sehr, sehr dicker, göttlicher Fußballer, der nicht von Essen und Bällen lassen kann. Oder die Miss Universe, die alten Herren himmlische Momente schenkt, aber allen Klischees zum Trotz klüger ist, als die versammelte selbstverliebte Intellektualität.

Wie so oft greift bei Sorrentino die Handlung viel zu kurz, seine Filme sind vor allem Szene und Stimmung. War „La grande bellezza" noch ein großes Zerfließen in Melancholie, ist „Ewige Jugend" fast schon Action: Da gibt es Spannungen und eine tragische Vorgeschichte bei Fred und seiner Tochter - oder Assistentin - Lena Ballinger (Rachel Weisz), deren Mann gerade mit einem lächerlichen Pop-Sternchen durchgebrannt ist. Und dann diese unglaublichen Träume im Stile Fellinis, diese fantastischen und surrealen Momente, die „Ewige Jugend" unbedingt sehenswert machen. Wenn Fred auf einer einsamen Almwiese Kühe und Vögel dirigiert, wenn Mick in einem atemberaubenden Moment all den Frauen seiner Filme begegnet.

Bei allen großen Schönheiten und Träumen ist die „Ewige Jugend" auch ziemlich lakonisch komisch: Selbstverständlich unterhalten sich die alten Freunde Fred und Mick über den Stand ihrer Prostata, wobei der Komponist nur freundlich mitjammert, denn tatsächlich erfreut er sich bester Gesundheit. So gemischt ist auch die Gefühlslage von Menschen, die Angst vor dem Leben, der Jugend (so der ironische Originaltitel „Youth") dort draußen haben.

Mit Dialogen, die etwas von der Leichtigkeit alter Franzosen (Rohmer) haben, mit Sauna-Gängen, die an Gemälden alter Meister erinnern und einzigartigen Traum-Szenen vom Markusplatz unter Wasser begeistert Sorrentino immer wieder. Dass man sein neuestes Opus mit überbordendem Bilderbogen nicht auf Anhieb auf eine kurze Quintessenz reduzieren kann, ist keineswegs ein Makel.