30.3.15

Every Thing Will Be Fine

BRD, Kanada, Frankreich, Schweden, Norwegen 2014 Regie: Wim Wenders mit James Franco, Charlotte Gainsbourg, Rachel McAdams, Marie-Josée Croze, Robert Naylor, Patrick Bauchau, Peter Stormare 118 Min. FSK: ab 6

Das Blöde an den Film-Göttern ist oft, dass sie zu Lebzeiten noch neue Filme machen. Wim Wenders ist so eine Regie-Legende, die weltweit verehrt wird, aber auch immer mal für schwächere Werke einen drüber bekommt - siehe „Palermo Shooting". Zur Zeit hat er allerdings einen echten „Lauf": Nach dem 3D-Tanzgenuss „Pina" begeisterte auch die nächste Doku, „Das Salz der Erde" über den Fotografen Salgado. Nun kehrt Wenders mit „Every Thing Will Be Fine"wieder in seine alte Sehnsuchts-Heimat Amerika zurück. Mit den Stars James Franco, Charlotte Gainsbourg sowie Rachel McAdams, einer raffiniert ausgespielten Spielfilm-Handlung von Schuld und verweigerter Sühne. Dazu noch einmal atemberaubend neue und gute 3D-Bilder.

James Franco, sehr gehypter US-Star, überzeugt bei Wenders als Schriftsteller, der bei winterlicher Autofahrt seinem Handy zu viel Aufmerksamkeit schenkt und dann ein Kind überfährt. Wobei schon das Vorspiel und der Unfall „Every Thing Will Be Fine" zu etwas ganz anderem als zu einem dieser Schuld verzehrten Dramen (Glasers „Gnade" oder „Layla Fourie") machen.

Francos Tomas Eldan erwacht in einer Fischerhütte auf einem Eissee, in die er sich zurückzog, um ein neues Buch zu schreiben. Mit dem es nur mäßig läuft, wie aus den Telefonaten mit der Freundin deutlich wird. Auf der Heimfahrt führen Wetter, eine Umleitung und die Handy-Unsitte zur Tragödie. Deren Entdeckung uneigentlich wie überraschend aus einer anderen Ecke kommt. Ein erzählerisches Gefühl, das man noch ein paar Mal erleben wird.

Nach dem ersten Schrecken nimmt Tomas den kleinen Christopher, der verstört vor dem Auto im Schlitten sitzt, an die Hand und führt ihn erleichert zu dem einsamen Haus oben auf dem Hügel. Christophers Mutter Kate öffnet die Tür und erst dann springt uns aus dem Gesicht von Charlotte Gainsbourg die entsetzliche Erkenntnis an, dass noch ein kleiner Bruder auf dem Schlitten war...

„Every Thing Will Be Fine" hält sich vor den folgenden Gefühlen auf Distanz, so wie auch Tomas Eldan zum Geschehen, seiner Frau, zur Familie distanziert bleibt. Immerhin gelingt ihm nach dem Unfall ein erstaunlich gutes Buch, nach langer Zeit ein weiterer Erfolg. Sollten nun Kate und Christopher Tantiemen verlangen? Das ist grob verkürzt ein Teil der ungewöhnlichen Schuld-Thematik des fesselnden Films, der über viele Jahre diesem sehr verschlossenen Schriftsteller und seinen Beziehungen zu den Mitmenschen folgt. Begleitet von der Musik Alexandre Desplats, die einen Krimi vorgaugelt, der sich tatsächlich nie ergibt.

Immer wieder gibt es magische 3D-Bilder, tanzen Staub oder Schneeflocken in der Unschärfe der Handlung. Dann in der Café-Fassade noch ein Hopper-Zitat, auch in Spiegelungen und dem Spiel mit Weite und Tiefe reizt Wenders die Bild-Möglichkeiten aus. Die zeitweilige Annäherung zwischen Unfall-Fahrer Tomas und Kate, der Mutter des Opfers, erfolgt - während eines Telefonates - auf bislang nie erlebte Weise im Bild. Wenders, der immer begeistert technische Möglichkeiten aufgegriffen hat, nutzt 3D hier im Gegensatz zu allen anderen nicht für Jahrmarkts-Effekte, sondern für eine neue Dimension der Bild-Poesie. Oft wie ein Thriller orchestriert, in reizvollem 3D inszeniert, erlebt man bei „Every Thing Will Be Fine" letztlich angenehm undramatisch, wie ein schweigsamer Schriftsteller nur langsam mit seiner Schuld leben lernt.