2.2.15

Foxcatcher

USA 2014 Regie: Bennett Miller mit Channing Tatum, Mark Ruffalo, Steve Carell, Vanessa Redgrave, Sienna Miller, Anthony Michael Hall 135 Min. FSK: ab 12

Das kann doch nicht wahr sein ... Tatsächlich gewinnt der neue Film von „Moneyball"- und „Capote"-Regisseur Bennett Miller zunehmend an Staunenswürdigem, je dramatischer die Geschichte von zwei Olympia-Siegern und einem reichen DuPont-Erben wird.

Seine Rede vor Grundschülern ist nicht der Knaller. Die 20 Dollar sind es ebenso wenig, und werden sofort in einen Hamburger investiert. Das Leben des Goldmedaillen-Gewinners im Ringen bei den Olympischen Spielen von Los Angeles 1984 sieht nicht sehr glamourös aus. Mark Schultz (Channing Tatum), trotz einem kantigen Kopf und dem sehr muskulösen Oberkörper eher unauffällig wirkend, lebt zurückgezogen in einer ärmlichen Wohnung. Das Training mit seinem Bruder David Schultz (Mark Ruffalo), auch ein Gold-Junge von LA, sieht ebenfalls nicht nach Spaß und Lebensfreude aus. Das Aufwärmen und Dehnen ähnelt noch intimen Umarmungen, dann sieht es eher nach Schlägerei als nach Ringen aus.

Mark, mit seinem Schwarzenegger-Kopf und dem Hulk-Körper, wird plötzlich ins luxuriöse Anwesen des schwerreichen Chemie-Erben John du Pont (Steve Carell) eingeflogen. Der neurotische Reiche, der trotz allem großkotzigen Gehabe immer noch unter der Fuchtel seiner Mutter Jean (Vanessa Redgrave) steht, will mit einem Ringer-Team einen „eigenen" Pokal neben die Trophäen-Sammlung von Muttis Pferden stellen. Die Foxcatcher genannte Truppe um Mark Schultz bekommt einen kompletten Olympia-Stützpunkt auf dem Anwesen der Du Ponts zur Verfügung gestellt. Doch Bruder David will bei seiner Familie bleiben. Es soll nicht die letzte Konfrontation von zutiefst einsamen Menschen und glücklichem Familienleben bleiben.

Unter John du Pont, der sich für eine selbstfinanzierte Dokumentation zum Clown macht und selbst dank Bestechung auch einen Senioren-Ringkampf gewinnt, wird das Ringen zu jeder Tages- und Nachtzeit fast zu einer intimen Angelegenheit. Auf jeden Fall schmückt sich der einsame Erbe nicht nur mit dem Goldjungen, er kauft sich mit dem Star auch einen Freund. Der extrem besitzergreifende Kapitalist spendiert dem nationalen Ringerbund ein Trainingslager und will dafür bei der nächsten Olympiade in Seoul trotz offensichtlicher Ahnungslosigkeit Marks Trainer sein. Eine Zerreisprobe für die stumme aber extrem enge Verbindung der beiden Brüder. Die wiederum den einsamen Intriganten Du Pont bis in den Wahnsinn provoziert...

Es gibt bei dieser kuriosen aber wahren Geschichte viel Seltsames, wie am Rande den sehr bekannten Komödianten Steve Carell, den man hinter dicken Maske und Gumminase nicht wiedererkennt. „Foxcatcher" hat sehr wenig Bewegung für einen Sportfilm, denn wie schon der Baseball-Film „Moneyball" ist auch dies etwas ganz anderes. Der selbst ernannte Nationalist Du Pont könnte mit seinen hohlen Phrasen gleich bei Pegida mitmachen, eine lächerliche Figur will dem Land Hoffnung geben. Ein lächerlicher und dann gefährlicher Spinner. Dieser seltsame Vogel könnte von John Irving erdacht sein, wenn er nicht tatsächlich gelebt hätte, und im hohen Alter im Gefängnis starb, wo er wegen Mord einsaß.

Das Ringen auf der Matte spiegelt selbstverständlich das psychologische Ringen um Anerkennung, Zuneigung und Freundschaft. Der Führungs-Anspruch über die Foxcatcher-Truppe aus Anabolika-Paketen ähnelt erschreckend dem Gehabe von politischen oder geist-moralischen Führern. Wie einer der reichsten Männer der Welt zerstört, was er nicht haben kann, ist nicht nur mit verblüffenden Einsichten exzellent geschrieben. Bennett Miller inszeniert auch komplexe Zusammenhänge und vielschichtige Szenen mit sicherer Selbstverständlichkeit.