12.1.15

Schändung

Dänemark, BRD, Schweden 2014 (Fasandræberne) Regie: Mikkel Nørgaard mit Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Pilou Asbæk, David Dencik, Danica Curcic 120 Min. FSK: ab 16

Auch die zweite Jussi Adler-Olsen-Verfilmung nach dem hoch spannenden Krimi „Erbarmen" legt mit einer schockenden Gewalttat den Ton gleich zu Beginn fest: Dies ist kein Wohlfühlfilm. Obwohl - weshalb gehen eigentlich so Filme Menschen in solche Filme voller widerlicher Ereignisse und Figuren? Zum Unwohlfühlen? Womit wir bei den „dunklen Seiten" der Menschheit wären, die auch dieser dänische Thriller in Tradition seiner skandinavischen Genre-Verwandten genüsslich angewidert ausleuchtet.

Die „Idiotenkiste", die wirre Sammlung von Notizen und Spuren eines ehemaligen Ermittlers, dessen zwei Kinder ermordet wurden und der sich umbrachte, kurz nachdem er den eigenbrötlerischen Carl Mørck (Nikolaj Lie Kaas) kontaktierte, führt das Kopenhagener Sonderdezernat Q nach Griffenholm, in ein Elite-Internat der dänischen Industriellen. „Der Säufer und der Araber" werden Carl und sein Assistent Assad (Fares Fares) genannt. Oder auch Kellerasseln, weil sie in ihrer Abstellkammer für ungelöste Fälle hocken und bisher nur einmal spektakulär Erfolg hatten. Diesmal enttarnen sie Reiche und Mächtige, die hinter schicken Lebensfassaden ihren Sadismus an wehrlosen Menschen ausleben und diese dann höhnischerweise mit sechsstelligen Summen zum Schweigen bringen. Da auch der Polizeipräsident zu diesen Zirkeln gehört, sorgen die Nachforschungen für Unruhe. Für Unruhe und Spannung, denn packender als die Frage, wer damals der Täter war, ist die aktuelle Sorge um noch lebende Beteiligte und Zeugen.

Auch diese Verfilmung eines dänischen Romans von Jussi Adler-Olsen („Fasandræberne" / „Schändung") erzählt auf zwei Zeitebenen: Die der Tat und die der Ermittlungen - mit gekonnten Wechseln zwischen den jungen und alten Figuren, die auch mal, wie im ersten Teil, anachronistisch in nur einer Szene auftauchen. Es ist Kimmie (Danica Curcic), die solche Visionen hat, und diese Figur gibt dem nicht mehr überraschenden Krimi einen besonderen Reiz. Ihre Perspektive ist die einer ehemaligen Anhängerin der perversen Internats-Spielchen, der die Gewalt zu viel wurde und die jetzt vor ihrem damaligen Geliebten fliehen muss. Die herumstreunende Kimmie erscheint seelenverwandt mit Carl, der auch keinem Menschen mehr traut. Sie legt zudem eine zupackende Aggressivität an den Tag, die an Lisbeth Salander aus den Millennium-Filmen erinnert.

Da treffen „Die purpurnen Flüsse" in mörderischem Sadismus auf Schlöndorffs Verfilmung von Musils „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß". Das ist bedrückend und düster. Aber genau das ist ja gesuchtes Markenzeichen vieler skandinavischer Krimis. Doch über das schauerliche Ergötzen an üblen Hobbies mächtiger Menschen hinaus erzählt „Schändung" nicht viel mehr. An Entwicklungen ist höchstens zu vermelden, dass der einsame, sozial scheue Workaholic Carl nach neuen traumatischen Erlebnissen wohl noch verstörter sein wird, wobei bei seiner verschrobenen Ermittlerfigur bereits der Lack des Neuen abgeblättert ist. Trotzdem liegt die Stärke auch dieses dänischen Films bei der Figurenzeichnung und den Schauspielern. Also ein überdurchschnittlicher Thriller, auch wenn das wieder außergewöhnlich angelegte End-Szenario nicht an die Hochdruck-Hochspannung des ersten Teils heran reicht.