10.1.15

Farm der Tiere als Hörspiel live im Mörgens Theater

Zum Schreien

Entsetzter Spaß an virtuoser Klang-Erzeugung

Aachen. Das Mörgens-Theater präsentierte Donnerstagsabend George Orwells immer noch hochaktuellen Roman „Farm der Tiere"als ambulantes Hörspielstudio in einer Theaterfassung von Peter Hall. Die Bretter, die Welt bedeuten, schrumpften bei der Premiere zum langen Tapeziertisch voll akustischer Requisiten. Torsten Borm, Björn Jacobsen und Felix Strüven - in sozialistischem Kostüm-Gleichschritt - evozierten in einer wahren Multitasking-Tour de Force mit jeweils über zehn verschiedenen Rollen tierischen Schrecken und vergnügten mit artistischer Klangerzeugung.

Wie man mit Moulinex-Zwiebelhacker, Tennisschläger, Xylophon, mehreren Bierflaschen mit Plöpp-Verschluss, Kokosnuss-Schalen, vielen Zewa-Papiertüchern und an die hundert anderen Gegenständen eine britische Farm aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts in Lebens rufen, gackern, wiehern und schreien kann, ist schier unfassbar. Ebenso wie die Revolution der Tiere in George Orwells im Jahr 1945 erschienenen Roman „Farm der Tiere" (Originaltitel: Animal Farm).

Man hätte bei der Inszenierung von Eike Hannemann (Dramaturgie: Gesa Lolling) die Augen schließen können und sich wie beim guten Hörspiel leicht in den Stall und das Herrenhaus der Farm oder in den Pub „Roter Löwe" eines britischen Ortes hineinversetzen. Dann wäre einem aber die großartige Mimik der drei Akteure und ihrer multiplen Rollen entgangen. Denn außer den oft umwerfend komischen Stimmlagen boten sie herrlich komisches Schauspiel. Zum Beispiel Felix Strüven, der dieses unechte Hörspielformat-Format schon früher mit Krimiinszenierungen lustvoll bot, als sehr eitle und sehr dumme Stute Mollie. Oder Torsten Borm, der in sekundenschnellen Wechseln sowohl das Diktatoren-Schwein Napoleon als auch seinen Widersacher aufleben ließ. Doch auch Entsetzen erklang im ausverkauften Mörgens und fuhr in Mark und Gebein, als die Tiere ihren zum Schinken gewordenen, revolutionären Vordenker Old Major (= Marx und Lenin) entdeckten. Trotz vordergründig lustiger Ton-Produktionsmittel erzählt die „Farm der Tiere" auch in dieser Form sehr wirkungsmächtig die bittere Parabel vom politischen Niedergang guter Ideen.

Es hätte gar nicht der manchmal an Pferde-Haaren herbeigezogenen Aktualisierungen, welche die Farm der Tiere etwa zu einem Bio-Bauernhof machen, bedurft, um die immer noch eindrucksvolle Aktualität des Stoffes vom „1984"-Autoren George Orwell mitzubekommen. „Farm der Tiere" ist nicht nur die alte Geschichte von Sozialismus, Kapitalismus und Kommunismus, in der deutlich Stalin mit seinen Vernichtungsfeldzügen gegen das eigene Volk zu erkennen ist. Es ist auch das immer wiederkehrendes Prinzip von Revolutionären, welche später die Sahnetorte von innen auffressen. Bis man Schweine auf zwei Beinen und im Frack Zigarren rauchen sieht. Was trug eigentlich der zigarren-paffende „Sozialist" Schröder für einen Anzug?


Aufführungsdauer ca. 1 Stunde, 45 Minuten.
Folgende Termine für weitere Aufführungen im Mörgens stehen bereits fest: 17., 24. Januar, 14. Februar