10.11.14

Mommy (2014)

Kanada 2014 Regie: Xavier Dolan mit Anne Dorval, Antoine-Olivier Pilon, Suzanne Clément, Alexandre Goyette 134 Min.

Auch im „Mommy", dem fünften Spielfilm des genialen und filmisch konstant ödipal fixierten Xavier Dolan geht es dem Franco-Kanadier um das Verhältnis zu seiner Mutter. Wobei diesmal vor allem der Sohn Steve (Antoine-Olivier Pilon) mit einer Mischung aus egozentrischer Aggressivität und unkontrollierbarer AHDS Problem und Herausforderung ist. Keine staatliche Institution außer Knast will ihn mehr aufnehmen. Um ihn zuhause zu unterrichten, müsste die Mutter Diane (Anne Dorval) ihren Job aufgeben, das Geld ist sowieso knapp. Als die stark stotternde Nachbarin und beurlaubte Lehrerin Kyla (Suzanne Clément) den Unterricht von Steve übernimmt, hellt sich das Leben aller Beteiligter auf, Steve beruhigt sich, Diane kann arbeiten und Kyla hört in dieser Umgebung auf zu stottern. Doch bald zwingt der so schillernd und unerträglich extrovertierte Junge die Mutter zu extremen Maßnahmen...

„Mommy" ist eine Art Fussbroichs auf Québecquois, extrem ordinär und selbst für Franzosen nur mit Untertiteln zu verstehen. Wie die Sprache so die Sprecher - flegelhaft wäre noch schmeichelhaft. Im Stile des Films würde man sagen, Dolan ist ein kleiner dreckiger Bastard, der ganz frech ein Melodram im klassischen Stil hinlegt, während er wieder seinen Ödipus abarbeitet. Am Ende gibt es nach vielen sagenhaften Lied-Einlagen noch einen Song von Lana del Rey. Was passt, denn dieser Dolan riskiert auch filmisch eine dicke Lippe.

Bei allen - im Gesamtbild großer Geschichten und Dramen eher niedlichen Provokationen am Rande - muss man diesem extremsten Mutter-Söhnchen des internationalen Kinos für die Dosis frischer und frecher Ideen dankbar sein. Bis auf zwei Sequenzen, in denen das Leben frei, offen und sorglos erscheint, ist die Leinwand beispielsweise ganz schmal auf ein Bild-Verhältnis von 1:1 zusammengepresst. Der erste Moment der Öffnung erhielt 2014 bei der Premiere in Cannes Szenenapplaus. Dazu gab es noch sehr verdient für den tollen Film mit den atemberaubend guten Darstellern den Preis der Jury.