22.5.14

Cannes 2014: Mommy / Xavier Dolan

Der zweite junge Beitrag im Cannes-Wettbewerb, „Mommy" des filmisch konstant ödipal fixierten Xavier Dolan, entzweit die Cineasten in Cannes. Wie immer geht es dem Franco-Kanadier um das Verhältnis zu seiner Mutter. Wobei der Sohn Steve mit einer Mischung aus egozentrischer Aggressivität und unkontrollierbarer AHDS deutlich Problem und Herausforderung ist. Keine stattliche Institution außer Knast will ihn mehr aufnehmen. Um ihn zuhause zu unterrichten, müsste die Mutter Diane ihren Job aufgeben, das Geld ist sowieso knapp. Als eine stark stotternde Nachbarin und beurlaubte Lehrerin den Unterricht von Steve übernimmt, hellt sich das Leben aller Beteiligter auf, Steve beruhigt sich, Diane kann arbeiten und Kyla hört in dieser Umgebung auf zu stottern.

„Mommy" ist eine Art Fussbroichs auf Québecquois, extrem ordinär und selbst für Franzosen nur mit Untertiteln zu verstehen. Wie die Sprache so die Sprecher - flegelhaft wäre noch schmeichelhaft. Im des Films würde man sagen, ein kleiner dreckiger Bastard, der ganz frech ein Melodram im klassischen Stil hinlegt, während er wieder seinen Ödipus abarbeitet. Am Ende gibt es einen Song von Lana del Rey. Was passt denn dieser Dolan riskiert auch Filmisch eine dicke Lippe.

Jedoch - inmitten der von Vierzigern und Fünfzigern aufgelockerten Rentner-Gang muss man diesem extremsten Mutter-Söhnchen des internationalen Kinos für die Dosis frischer und frecher Ideen dankbar sein. Bis auf zwei Sequenzen, in denen das Leben frei, offen und sorglos erscheint, ist die Leinwand beispielsweise ganz schmal auf ein Bild-Verhältnis von 1:1 zusammengepresst. Der erste Moment der Öffnung erhielt Szenenapplaus - teils belustigten, teils hämischen. Und ganz allgemein wird der Franco-Kanadier geliebt und gehasst - zeitweise von einer Person gleichzeitig. Auch eine Kunst!