9.4.14

Ida

Polen, Dänemark 2013 Regie: Pawel Pawlikowski mit Agata Kulesza, Agata Trzebuchowska, Dawid Ogrodnik 80 Min.

Schon bei den ersten Bildern von „Ida" weiß man wieder, was den Unterschied zwischen Kino-Kunst und Kommerz ausmacht. Es sind Kompositionen in sanftem Schwarzweiß, die mehr (er-) geben als nur eine Geschichte. Doch auch die packt direkt: Im Polen des Jahres 1962 erfährt die 18-jährige Novizin Anna (Agata Trzebuchowska) kurz vor ihrem Gelübde von der bislang unbekannten Tante, der Richterin Wanda (Agata Kulesza), dass sie Jüdin ist. Gemeinsam begeben sich die unterschiedlichen Frauen auf eine Reise zu den Gräbern ihrer Familie und in die Vergangenheit des Holocausts sowie des Nachkrieg-Polens, in der die Tante als „Red Wanda" für ihre Gnadenlosigkeit berüchtigt war. Stichworte wie „Anti-Sozialistisch" machen die Zeitumstände deutlich. Die Wand des Verdrängens und Schweigens in einer Gemengelage aus Antisemitismus, Katholizismus und Kommunismus ist gnadenlos hart.

„Ida" ist für den polnisch-stämmigen, preisgekrönten Filmemacher Pawel Pawlikowski nach ausgezeichneten britischen Filmen („Last Resort", „My Summer of Love") die Rückkehr zu seinem Geburtsland und den eigenen Wurzeln. Dabei ist jede Einstellung ein Kunstwerk zum Staunen und Verharren. Die Intensität der Inszenierung und ihre Meisterschaft lässt sich an all den Vorbildern ablesen, die einem in den Sinn kommen: Vom frühen Polanski bis zu Tarkowski. Der Mut zu Schwarz-Weiß und eigenem, erlesenen Stil wird musikalisch begleitet von Bach, Mozart, John Coltrane und zeitgenössischem polnischen Jazz. Dazu das geheimnisvoll verschlossene Gesicht der Hauptdarstellerin Agata Trzebuchowska wie das der junge Liv Ullmann in einem Bergman-Film. „Ida" ist einer der seltenen Schätze der Film-Geschichte, die mehr wiegen als das ganze Rauschen jahrein, jahraus um sie herum.