4.3.14

Im August in Osage County

USA 2013 (August: Osage County) Regie: John Wells mit Meryl Streep, Julia Roberts, Ewan McGregor, Chris Cooper, Julianne Nicholson, Benedict Cumberbatch, Juliette Lewis 121 Min. FSK: ab 12

Pretty Women - Fehlanzeige

Wer große Stars schon immer mal ganz schön hässlich sehen wollte, kommt bei „Im August in Osage County" voll auf seine Kosten: Die Verfilmung des Bühnenstücks von Tracy Letts („August: Osage County" / „Eine Familie") zeigt Julia Roberts und Meryl Streep als keifende, schreiende und fluchende Familien-Tyrannen im düsteren Kammerspiel. Nicht schön, aber beeindruckend bedrückend.

Nach einem kurzen Prolog, der das Verhältnis zwischen der extrem zynischen und bösartigen Violet Weston (Meryl Streep), die ironischerweise Mundhöhlenkrebs, hat und ihrem alkoholkranken Ehemann Beverly Weston (Sam Shepard), verschwindet dieser in ein auf jeden Fall besseres Leben danach. Der Selbstmord hat einen Familienauflauf im abgelegenen Haus des rückständig ländlichen Mittleren Westens der USA zur Folge. In einer Hitze, die selbst tropischen Vögeln den Garaus macht.

Violets drei Töchter kommen mit jeweils interessantem, aber vor allem nebensächlichem Anhang: Barbara (Julia Roberts) lebt schon getrennt von Bill (Ewan McGregor). Karen (Juliette Lewis) ist ein sehr verlebtes und immer noch naives Blödchen, das keinen Zweifel an bevorstehender Hochzeit und Glück in Miami mit dem geschäftigen Steve (Dermot Mulroney) hat. Ivy (Julianne Nicholson), die Jüngste, lebte sowieso noch in der Nähe der Eltern und freut sich vor allem auf ihren Cousin „Little" Charles (Benedict Cumberbatch), mit dem sie ein Verhältnis hat. Die scheinbar nur rundlich gutmütige Schwester Violets, Mattie Fae Aiken (Margo Martindale), hat mit Charles (Chris Cooper) auch so einen fast unsichtbaren Mann im Schlepptau.

Was diese Familie eint ist eine erschreckende Bösartigkeit - und alle schlucken oder nehmen: Alkohol, Pillen oder Gras. Die violente Violet, diese Lady Macbeth der Hinterwäldler, ist auch hierbei die Krönung. Unter voller Dröhnung sondert sie eine unablässige Tirade voller Verletzungen, Hass-Ausbrüchen und gemeinen Sticheleien ab. Alles kulminiert beim zentralen, zwanzigminütigen Leichenschmaus. Einer Tischszene, die selbstverständlich laut wird und dann ziemlich handgreiflich endet.

Barbara geht aus dem Handgemenge als Siegerin hervor, sie hat eine von zig Pillendöschen erobert und setzt ihre Mutter nun auf Entzug. Alle zeigen sich im zweiten Teil dann demonstrativ ungeschminkt, vor allem Violet ohne Perücke mit kurzen und dünnen Haaren. Meryl Streep ist ganz herrlich als ganz fieses Ekel anzusehen. Verachtung kriecht aus jeder Pore, am bösartigsten ist jedoch ihr Mundwerk, dem man(n) scheinbar nur mit der Flucht in den Tod entkommen kann.

Julia Roberts hält schauspielerisch mit einem wenig glamourösen Gesicht mit. Ewan McGregor ist als ihr Gatte mit Vorbiss und Langeweiler-Bart nur einer der vielen Männer unterm Pantoffel. Schön, dass sie alle von ganz wunderbaren Schauspielern verkörpert werden. Chris Cooper hat als Eingeheirateter einen großen Moment, als er sein Unverständnis herausbrüllt, wie man sich gegenseitig so verletzen und fertigmachen kann. Sein Entsetzen kann man nur teilen, angesichts dieser Familie.

Als das so untypisch stille und sympathische Nesthäkchen Ivy bekannt gibt, dass sie mit ihrem Cousin nach New York zieht und das Urteil „Ihr seid Monster" fällt, beginnt der große Exodus aus dem dunklen Haus. Aber einen weiteren Inzest-Schock hat der heftige Film noch für die letzte halbe Stunde in der Hinterhand.

Schon „Nebraska" mit einem eindrucksvollen Bruce Dern zeigte ein wenig schmeichelhaftes Bild der us-amerikanischen Landbevölkerung. Die reaktionären Hinterwäldler, bei denen es eine Vegetarierin extrem schwer hat, erhalten nicht mehr als eine Minute Mitgefühl, wenn Violet bei einem ihrer vorwurfsvollen Monologe über die Härten ihrer eigenen Kindheit und die angeblich so verwöhnte Kinder-Generation referiert. Übrig bleibt vor allem ein großes Entsetzen über diese Unmenschen und Erleichterung für jeden, der doch den Weg zur freien, weiten Straße woandershin findet.