22.4.13

Side Effects - Tödliche Nebenwirkungen

USA 2013 (Side Effects) Regie: Steven Soderbergh mit Jude Law, Rooney Mara, Catherine Zeta-Jones, Channing Tatum 106 Min.

Der Countdown läuft: Mitte Mai zeigt Cannes den letzten Film eines der erfolgreichsten und vielseitigsten Regisseure unserer Zeit. Steven Soderberghs „Behind the Candelabra" ist die TV-Geschichte einer wilden Affäre des berühmten Pianisten Liberaces mit einem jüngeren Mann, gespielt von Matt Damon. Doch bevor der Regisseur, Autor und Kameramann, der nach eigener Meinung alles gemacht hat, was man machen kann, auf dem Höhepunkt seiner Kunst abtritt, kommt nun „Side Effect", der letzte richtige Kinofilm zu uns. In dem breiten Repertoire vom ersten Cannes-Erfolg mit „Sex, Lügen und Video" über Arthouse-Filme wie „Kafka" oder den völlig unbekannten „Schizopolis", der Jennifer Lopez-Entdeckung „Out of Sight", Riesenerfolgen wie „Erin Brockovich" und „Ocean's Eleven" gibt es also noch einmal einen exzellenten Genrefilm. Zu der erwarteten Thriller-Überraschung gesellt sich wieder so ein für Soderbergh typischer Perspektiven-Wechsel, der auch „Side Effects" zu einem ganz besonderen Film macht.

„Side Effects", deutsch: Nebenwirkungen, von Steven Soderbergh dreht sich um die junge, depressive Emily (Rooney Mara), die ihren Mann (Soderberghs „Nackttänzer" Channing Tatum) schlafwandelnd umbringt. Dass sie vorher eine ganze Palette von Antidepressiva durchprobiert hat und das neueste Produkt mit massiver Bestechung durch den Pharma-Produzent an die Patienten gelangt, ist mehr als ein Seitenhieb auf diese gierige Milliarden-Branche. Es stellt sich die Frage, ob Emily überhaupt für ihre Taten verantwortlich ist. Oder ist der eigentlich schuldige ihr Therapeut Dr. Jonathan Banks (Jude Law), der sich mit dem gefährlichen Medikament und sogenannten Patienten-Studien etwas mehr Luxusleben hinzuverdiente?

Alles klar also: Nachdem Soderbergh in „Contagion" (2011) eine weltweite Epidemie mit Fragen nach der medizinischen und politischen Ethik verknüpfte, nimmt er nun die korrupte Arzneimittel-Branche ins Visier ... scheinbar. Denn hätten wir bei Hitchcock und Co besser aufgepasst, wüssten wir, dass das Offensichtliche uns gerne mal zur Täuschung genau vor die Nase halten wird. Der geniale Regisseur lässt nicht nur seine Hauptfigur tricksen, er legt uns selbst rein und beschert damit doppeltes Filmvergnügen.

Denn wie der raffinierte, spannende und sehr sicher inszenierte Thriller die Bestechlichkeit von Ärzten mit der Gier von Börsen-Spekulanten und eines liebenden Paares verbindet, ist große Drehbuch-Kunst von Autor Scott Z. Burns. Jude Law spielt dabei elegant und glaubhaft den Psychiater Dr. Jonathan Banks, dessen reiches Leben durch diesen Fall zerstört wird. Detektivisch schlägt er zurück und aus der überraschenden Geschichte wird ein veritabler Hitchcock. Soderbergh hält sich zwar als Kameramann Peter Andrews - so sein Pseudonym - stilistisch zurück, doch das Publikum der letzten Berlinale war dankbar für die hochwertige Kino-Kost.