9.4.13

Das Wochenende

BRD 2012 Regie: Nina Grosse mit Sebastian Koch, Tobias Moretti, Barbara Auer, Sylvester Groth, Robert Gwisdek, Katja Riemann 96 Min. FSK ab 12

Und wieder naht ihr euch, traurige RAF-Gestalten, die ihr früher Feuer und Flamme gegen das System wart, und euch jetzt für feine Schokoladen-Confiserie begeistert. Für das ZDF versammeln sich teilweise sehr gute deutsche Schauspieler - Sebastian Koch, Tobias Moretti, Sylvester Groth - vor matten Farben (Kamera: Benedict Neuenfels), um Widerstand einst und jetzt durchzusprechen. Eine bleierne Filmzeit von über neunzig Minuten quält hauptsächlich mit träger Inszenierung statt mit politischen Stacheln und verstärkt so die innere (Schein-) Sicherheit, dass es doch schon gut ist, wie es ist.

Jens Kessler (Sebastian Koch) wird nach 18 Jahren aus der Haft entlassen. Er war so aktiv im linken Widerstand, dass sein Porträt auch eines der legendären Fahndungsposter ziert. Weil seine weinerliche Schwester Tina (Barbara Auer) nun Angst hat, mit ihm alleine zu sein, lädt sie Freunde ins Ferienhaus im Osten ein, das man sich gemeinsam vom Erbe der Eltern leisten konnte. Anwesend im heruntergekommenen Anwesen samt angegliedertem deutschen Wald sind vor allem die aus dem inneren Kreis von damals: Die Geliebte Inga (uninteressant: Katja Riemann), die Jens verließ, als sie von ihm schwanger wurde und er nicht aussteigen wollte. Der wie ein verliebtes Groupie ihn bewundernde Henner (Sylvester Groth), der lieber ein Buch schrieb, als weiter zu kämpfen. Während der Anhang dieser Aussteiger provokant bis respektlos dem von der Zeit frisch Befreiten gegenübertritt, steht eine Frage immer im Raum: Wer hat Jens damals an die Polizei verraten?

Die in groben Zügen interessante Konstellation dieses Wochenend-Ausflugs in Sachen „Black Box BRD" auf Basis von Bernhard Schlinks Romanvorlage erweist sich als zu kurz gedacht und betrachtet. Auch die - wohl geplante - konzentrierte Einzelstudie, in der sich Zeiten und Haltungen widerspiegeln sollen, bleibt trotz des hervorragenden Spiels von Sebastian Koch unbefriedigend. Stolz und Zusammenbruch eines nur aus der Haft, nicht aus Vergangenheit und Verantwortung Entlassenen, wäre ein guter Auftakt gewesen. Der Film danach, die Stille nach dem Aufschluss, bleibt aus. In Erinnerung bleibt die Konfrontation des nur familiär rebellischen Sohnes, der Jahre ohne Vaterliebe einklagt. Das wirkt dann fast so widerwärtig wie das dauernde Vollstopfen mit Delikatessen der anderen. Noch bevor der konsequente RAF-Kämpfer zu einem neuen Leben finden kann, wird er durch die selbstverliebt im privaten Sumpf jammernden Gestalten und Generationen drumherum fast zu einem großen Helden. Dieser Film empfiehlt das Wiedersehen mit Petzolds „Die innere Sicherheit", Veiels „Black Box BRD" oder - thematisch verwandt, aber viel intensiver - mit „Es kommt der Tag" und der großartigen Katharina Schüttler als Tochter einer RAF-Aussteigerin (Iris Berben) in Frankreich.