18.3.13

Kon-Tiki (2012)

Großbritannien, Norwegen, Dänemark, BRD 2012 (Kon-Tiki) Regie: Joachim Rønning, Espen Sandberg mit Pål Sverre Hagen, Anders Baasmo Christiansen, Gustaf Skarsgård, Odd-Magnus Williamson, Tobias Santelmann 118 Min.

Thor Heyerdahl klingt schon nach großem Abenteuer und nach Enkel von Erik dem Schrecklichen. Da wundert es gar, dass niemand eher auf die Idee gekommen ist, die berühmte Expedition des Ethnologen aus dem Jahre 1947 zu verfilmen. Also nachzuverfilmen, was Heyerdahl selbst aufnahm und wofür es 1951 einen Oscar als Besten Dokumentarfilm gab. Nun taten es die Regisseure Joachim Rønning und Espen Sandberg in einer Produktion des erfahrenen und erfolgreichen Jeremy Thomas. Und soviel darf verraten werden: Heyerdahl wird genau so erfolgreich mit seinem Voll-Öko-Naturboot Kon-Tiki in Polynesien landen, wie Thomas mit dem gleichnamigen Film im Kino.

Der norwegische Ethnologe Thor Heyerdahl (Pål Sverre Hagen) brauchte zehn Jahre, um eine Erkenntnis an die (Wissenschafts-) Welt zu bringen: Er wollte beweisen, dass Polynesier vom Osten, also von Peru her besiedelt wurde. Gegen die gängige Lehrmeinung, folgt erst der Kampf um die Anerkennung der Wissenschaft, dann um die Finanzierung. Es gelingt Heyerdahl meist mit seinem breiten, einnehmenden Lächeln, vor allem wenn es darum geht, Gläubiger zu vertrösten. Aber vor allem auch, weil er ein Dickkopf ist. „Thor, mach das nicht, das ist gefährlich!" So lautet erste, prägende Satz des Films. Die erste Handlung folgt: Der kleine Junge springt trotzdem auf die Eisscholle. Obwohl er nicht schwimmen kann.

Das kann er immer noch nicht, als er sich 1947 mit vier Freunden auf einem Floss aus Balsaholz den Meeresströmungen anheim gibt, um über 8000 Kilometer nach Polynesien zu treiben. Wie er immer wieder ins Wasser plumst, ist der Swimming Gag des Films. Der Wechsel von Sturm und Flauten dagegen bewegend. Auch wegen der Spannungen unter den fünf unterschiedlichen Männern, doch das wird im großen Staunen schnell nebensächlich. Da beeindruckt die Begegnung mit einem riesigen, Plankton fressenden Hai mehr. Was nach den Meeresaufnahmen in „Life of Pi" wirklich nicht einfach ist. Auch das phosphorisierende Meer kommt übrigens vor. Als allerdings die Konstruktion immer mehr Wasser saugt, was Heyerdahl nicht wahrhaben will, und hier Tiefgang droht, hilft freundlicherweise ein Hai aus, der zum ständigen Begleiter und zum verlässlichen Produzenten von Hai-Spannung wird. Das von der Navy zum Ausprobieren mitgelieferte Anti-Hai-Pulver probieren sie aus Versehen als Suppe aus. Die übrig bleibende Tomatensuppe wirkt dann jedenfalls nicht abschreckend. Ja, wenn Norweger eine Bootsfahrt machen, gibt es auch immer was zu Lachen.

Denn die Reise mit der Kon-Tiki war ein unglaubliches Unterfangen, wenn man sieht, wie sie im Detail ablief. Von der Mannschaft weiß nur einer, wo Steuerbord ist. Heyerdahl filmt erst mal mit Deckel vor dem Objektiv. Der mitreisende Ingenieur und Kühlschrankverkäufer Herman will bald aufgeben: Er hat Drahtkabel mit, die das Floss zusammenhalten könnten. Doch Thor wirft sie ins Meer.

Heraus kam eine Legende der praktischen Wissenschaft und ein altmodischer, in kräftigen Farben und Bildern gefällig gezeichneter Abenteuerfilm. Altmodisch nicht nur wegen der blonden Mähnen und den Seitenscheiteln. Dass mann Frau und Kinder für größere Aufgaben zu hause zurück lässt, leben Millionen werktätiger Helden täglich nach. Wie letzte Woche in „Hitchcock" gibt es jedoch einen Zweierbeziehungs-Wermutstropfen im großen Meer der Freiheit. Ein simpel desillusionierender: Frauen stehen zwar auf Abenteuer-Typen, doch wenn der Nachwuchs da ist, sollten die Wikinger oder Mallboro-Cowboys lieber zuhause bleiben.

Psychologie gab es bei den Polynesiern ebenso wenig wie Rettungswesten, deswegen wurde derartiger Ballast erst gar nicht auf die Reise mitgenommen. Aber gut verschnürt und hübsch aufgemacht, trägt auch eine Weile. In diesem Fall die ganzen 8000 Kilometer bis zur dramatisch-komischen Landung. Die Landung im Kino wird sicher auch in Deutschland eine erfolgreiche sein. Wie gesagt, ohne Ballast reist es sich manchmal besser.