3.2.13

Renoir

Frankreich 2012 (Renoir) Regie: Gilles Bourdos mit Michel Bouquet, Christa Theret, Vincent Rottiers 111 Min.

Bei einem Malerfilm will man Bilder und Farben sehen, was „Renoir" vortrefflich erfüllt: Die Farben der Palette Pierre-Auguste Renoirs (1841 - 1919) stimmen, die provencalen Natur-Settings auch, in denen der berühmte Maler seine letzten Lebensjahre bei Cagnes-sur-Mer verbringt. Den Alten (Michel Bouquet) interessiert nur noch Schönheit, zur Inspiration kommt deshalb als neue „Muse" die junge Andrée Heuschling (Christa Theret) täglich zu Renoir. Ungezwungen, fast respektlos begegnet die Tänzerin und Schauspielerin dem Mann im Rollstuhl, der von allen als „patron", als Meister, angesprochen wird.

Es ist ein beschaulicher, scheinbar ewiger Sommer im goldenen Licht an Cote d'Azur. Der Erste Weltkrieg deutet sich mit ein paar beurlaubten Soldaten an, die Toter Mann im Meer spielen, und mit Verstümmelten am Wegesrand. Mehr will auch der Film nicht mit Hässlichem zu tun haben. Dafür umso mehr sanft gleitende Kamerabewegungen, nebenbei mal kleine Körperstudien verspielt im Spiegelbild festgehalten. Das Verlaufen von Andrées roten Haaren auf ihrem Rücken gedoppelt mit der gleichen Pinselfarbe im Wasserglas. Auch wenn Renoir von seiner weiblichen Dienerschaft getragen werden muss, streift der Film mit großer Leichtigkeit immer wieder durch die Wiesen um sein Atelier, ununterbrochen rauscht es in den Gräsern und den Bäumen. Als eine Böe mal die Damen des Picknicks am Fluss durcheinanderwirbelt, ist der Ausruf „Verdammt, wie schön!" schon das Kräftigste am ganzen Film.

Dazu selbstverständlich Akt-Posen, die zu bekannten Gemälden werden. (Selten lief übrigens jemand konstant so unausgezogen durch einen Film, der mit Jugendfreigabe ist.) Zwischendurch ein Stillleben, wenn die Damen seines Haushalts das Essen bereiten. Gemächlich und undramatisch bleibt es selbst, als der Sohn Jean Renoir (Vincent Rottiers) kriegsverwundet nach Hause kommt. Die Begegnung der beiden großen Künstler erfolgt nicht wirklich ehrerbietig: Der eine im Rollstuhl, der andere wegen seiner Verletzung an Krücken. Während Jean beim Malen assistiert, will man alles aufnehmen, was der alte Meister der Malerei dem kommenden Meister der Regie erzählt. Es ist nicht viel. Auch wenn Andrée Jeans Geliebte wird, bleibt selbst der Vater-Sohn-Konflikt ein gepflegtes Gespräch zwischen dem leicht idealistischen Jungen, der wieder in den Krieg will, und dem reifen Mann, den nur noch das Fleisch interessiert. Nicht sein eigenes, widerspenstig schmerzendes, sondern das seine Modelle.

In Cannes' Festivalpalast hing einst ein wunderschönes Nebeneinander von Renoir-Bildern und Renoir-Filmstills mit ähnlichen Motiven zu dieser erstaunlichen Fügung, dass eine Künstlerfamilie zwei ganz verschiedene Epochen mit großartigen Bildergestaltern prägt. Das war mehr an kunstgeschichtlicher Interpretation als diese fast zwei Stunden Film nach dem Buch „Le tableau amoureux" von Jacques Renoir (Urenkel des Malers und Neffe des Filmregisseurs). Denn „Renoir" ist keinesfalls ein Schlüsselfilm für das Alterswerk von Auguste oder die Anfänge von Jean. Ein paar Andeutungen, einige skizzierte Sätze, Erinnerungen und Träumereien - mehr nicht.

„Renoir" schmeichelt Augen, Ohren und angegriffene Seelen, macht aber erstaunlicherweise weder Lust auf einen Museumsgang zu Renoir noch auf die Filme des Jüngeren. Nur die Abspann-Fakten über Andrée Heuschlings weitere Karriere, die tatsächlich in den ersten fünf Filmen Renoirs mitspielte um daraufhin vergessen zu werden, wecken etwas Neugierde, diese in einem Detail neu zu sehen.