7.2.13

Berlinale 2013: Matar extraños

Matar extraños
Killing Strangers

Mexiko / Dänemark 2013, 63 Min

REGIE: Jacob Secher Schulsinger, Nicolás Pereda
DARSTELLER: Gabino Rodríguez, Esthel Vogrig, Tenoch Huerta, Harold Torres

Wie gut, dass es das Forum gibt. Da wird der mainstreamig abgeschliffene Blick noch mal durchgeschüttelt, da werden mit in alle Richtungen auspendelnden Werken die Eckpunkte des filmischen Erzählens weit nach draußen verlagert und unbekanntes Seh-Land öffnet sich.

Perfektes Beispiel dafür am Berlinale-Starttag: „ Matar extraños“ von Jacob Secher Schulsinger und Nicolás Pereda. Zur Beschreibung klaue ich mal was aus dem guten Katalog-Text: „In einem museal anmutenden Wohnzimmer findet eine Reihe von Castings statt. Unterschiedliche Männer improvisieren oder sprechen vorgegebene Texte nach, studieren Gesten und Parolen ein, zielen mit einer Waffe, brechen sterbend zusammen. Immer wieder geht es dabei um Revolution. Dazwischen Szenen in einer Wüstenlandschaft. Drei Männer, die sich der mexikanischen Revolution zu Beginn des letzten Jahrhunderts anschließen wollen, haben sich verlaufen.“

Dass die Wohnzimmer-Texte auch in der Wüste auftauchen - oder umgekehrt? - scheint noch greifbar als ein Spiel mit den Erzählebenen. Doch da gab es auch (als Vorwort?) einen Stanislawski-Text über das Schauspielen, mittendrin Zitate aus Revolutionstexten von Arendt bis hin zu Beatles „Revolution“. Wenn dann einer der Laien (wirklich?) beim Casting ganz dramatisch die Geschichte von „Kevin allein zuhaus“ als sein Kindheitserlebnis referiert, mit der Erzählung doch wieder bei den drei Männern in der Wüste landet, ist das mit dem Entschlüsseln nicht mehr ganz so einfach. Stört das Handy beim Vorsprechen? Nein, denn man kann aus der Muschel einen Text aus der Wüste identifizieren!

Was ist hier Meta-Metaebene? Casten für Godot? Eigentlich egal, weil man das Schauspiel(en) zu durchschauen meint, weil man statt einer Folie ein Rhizom vor sich hat und sich gerne darin verliert. Die letzte Szene, ein ganz, ganz langsames Ausblenden am Lagerfeuer (ritt im Hintergrund nicht Jarmuschs „Dead Man“ vorbei?), ist eigentlich ein überlanger Hohn, doch auch eine wunderbare Ironie. Wie sehr der Film wirkt, mehr man erst beim nächsten, wenn da jemand versucht, mit dem üblichen Spiel aus eindeutigen Abbildern und Symbolen zu erzählen und man denkt: Mit mir nicht (mehr)!

(für Lars ;-)