Keine Festivalstadt ist passender für solch eine Ehrung: Das
Holocaust-Denkmal liegt nur ein paar Schritte vom Festivalzentrum am Potsdamer
Platz entfernt. Der Wannsee am Stadtrand erinnert wie viele andere Orte Berlins
an die planmäßige Ermordung von Millionen Juden. Die Berlinale selbst hat sich
in ihrer Geschichte immer wieder der Erinnerung und Mahnung des Holocausts
gewidmet.
Claude Lanzmann wurde 1925 als Sohn jüdischer Eltern in
Paris geboren, kämpfte in der Résistance, studierte später in Frankreich und
Deutschland Philosophie. 1948/49 hatte er eine Dozentur an der neugegründeten
Freien Universität Berlin. Bis Anfang der 70er-Jahre war Lanzmann vor allem als
Journalist tätig und ist bis heute Herausgeber der von Jean-Paul Sartre
begründeten Zeitschrift „Les Temps Modernes“. 1972 entstand seine erste
filmische Arbeit, die Dokumentation „Warum Israel“, deren Vorführung sogar noch
vor kurzem zu anti-israelischen Protesten führte. In dem Film „Tsahal“, der
1995 im Berlinale-Forum lief, porträtiert er Frauen und Männer, die in der
israelischen Armee dienen. Zu Claude Lanzmanns Filmschaffen gehören weitere
Werke, die sich mit dem Völkermord an den europäischen Juden und mit den
Zeitzeugen auseinandersetzen.
Heutzutage redet Lanzmann nicht mehr gerne nur über „Shoah“.
Dass dieser Film und seine mutige wie schwierige Methode, auch die Täter zu
befragen, weiterlebt, zeigte eine aktuelle Dokumentation im Panorama: „The Act
of Killing“ von Joshua Oppenheimer befragt auf die gleiche Weise Täter, die
nach dem indonesischen Militärputsch 1965 innerhalb eines Jahres über eine
Million sogenannter Kommunisten umgebracht haben.
Verbunden mit der heutigen Verleihung des Goldenen
Ehrenbären ist eine Hommage mit Vorführungen seines kompletten Werkes,
inklusive einer komplett restaurierten Version von „Shoah“. Glücklicherweise
ist es dank eines kleinen, engagierten Verleihers seit 2010 in einer weltweit
einzigartigen Gesamtausgabe auf DVD erhältlich. Besonders erfreut äußerte sich
Lanzmann, dass nach der Verleihung „Sobibor, 14. Oktober 1943“ aus dem Jahre
2001 gezeigt wird, der von einem Häftlings-Aufstand im Lager Sobibor erzählt.