17.5.11

Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten

USA 2011 (Pirates of the Caribbean –  On stranger tides) Regie: Rob Marshall  mit Johnny Depp, Geoffrey Rush, Penélope Cruz, Ian McShane 130 Min.

Alkoholwerbung gehört verboten, aber dass Jack Sparrow in diesem Film so gut wie gar nicht trinkt, ebenfalls! Die legendäre Piratenfigur Johnny Depps, die mit kräftigem Lidschatten, einer angedeuteten metrosexuellen Orientierung und viel, viel Wahnsinn diese Filmserie zum Erfolg machte, sitzt nun zwar nicht auf dem Trockenen. Doch irgendwie erscheint sie uninspiriert.

Aber zurück zum Anfang, bei dem Jack Sparrow tatsächlich in London auf dem Trockenen sitzt. Die Black Pearl kam ihm abhanden und nun macht der berüchtigte Pirat auf Lord-Richter, um in der Pervertierung eines Piraten-Prozesses den Kumpel vom Galgen freizusprechen. Die anschließende Flucht läuft glatt - vor die Gewehre des Königs. Für diesen soll Jack eine Expedition leiten, unter der Führung des alten Gegners Barbossa (Geoffrey Rush), der sich als treuer Diener der Krone ausgibt. Zeit für die erste, wie ein Uhrwerk getimte und ausgeführte Action-Szene. Am Ende von viel coolem Crowd-Surfing in Londons Straßen, denen Sparrow mit brennenden Kohlen einheizt, rettet ihn sein Papa. Szenen-Applaus erntete in Cannes dabei in dieser Rolle Keith Richard mit dem Spruch „Sehe ich aus, als ob ich mal beim Jungbrunnen war?" Um diesen geht es nämlich auch der Crew von Sparrows Ex-Affäre Angelica (Penélope Cruz), die ihn nach der nächsten Action-Einlage gegen seinen Willen an Bord nimmt.

So kann es nun losgehen mit drei Teams, die in geographisch und dramaturgisch seltsamen Gewichtungen den Jungbrunnen erreichen wollen. Die Spanier sind wie bei Fußball, Tennis und Radsport die Schnellsten und Stärksten. Deshalb haben sie keine bekannten Schauspieler und dürfen nur an zwei oder drei Schlüsselstellen auftauchen. Angelinas Schiff ist eigentlich das von Blackbeard und hinter denen sind die Engländer von Barbossa her. Da bleibt - vielleicht auch aus finanziellen Gründen - keine Zeit für große Seeschlachten. Stattdessen klaut man sich gegenseitig Seekarten, Kompasse und in der witzigsten Szene sogar Ideen von deutschen Kurzfilmen. Wenn Sparrow und Barbossa in der hoch in den Felsen gestrandeten „Ponce de Leon" weniger gegeneinander als mehr um die Balance des absturzbedrohten Schiffes kämpfen, dann stammt diese Idee eindeutig von „Balance" der Brüder  Lauenstein, die 1990 einen Oscar gewannen!

Das war es dann aber auch schon fast in Sachen Ideen und großen Szenen. Die Schatzkiste der „Pirates of the Caribbean" wurde diesmal mager bestückt. Der charismatische Ian McShane darf als Blackbeard in einem schön schauerlichen Moment mal mit seinem Schwertgriff Playstation spielen und ferngesteuert die Meuterer an die Masten hängen. Wenn die raffiniert angelockten Meerjungfrauen ins Netz gehen, sich als Vampire des Meeres entpuppen und - fast alle - von Sparrow wieder befreit werden, ist das höchstens sehr aufwendig misslungen. Da Penelope Cruz für das Spielchen „Sie küssten und sie schlugen sich"  schon zu vernünftig wirkt, bleibt der ganze Spaß an Jack Sparrow hängen. Und der - siehe oben - darf nicht so richtig. Selbst das Finale, wo er seinen Gegnern reines  und vergiftetes Wasser des Lebens einschenkt, wird nicht vernünftig ausgespielt, verläuft mit einem simplen Gag so wie in anderen uninteressanten Filmchen. Die vierte Piraten-Folge ist eigentlich wie „Zweiter Teil" mit allen negativen Vorurteilen: Lieblos, Ideenlos, Leinen los.