19.5.11

Cannes 2011 ICHIMEI Takashi Miike

Sozial-Samurai

Hiroshima. Fukushima. Die wieder aus den Medien verschwundenen Namen klingen vertraut, auch wenn Takeshi Miikes Film im Japan des 17. Jahrhunderts spielt. Trotzdem ist „Ichimei" ein Sozial-Samurai erster Güte. Denn es herrscht Frieden. Viele Schwertkämpfer sind arbeitslos und bitter verarmt. Einige melden sich bei ehrenvollen Krieger-Häusern, vergleichbar mit Söldnerfirmen wie Blackwater, um dort Selbstmord zu begehen. Wobei sie nicht wirklich das rituelle Hara-Kiri durchziehen wollen, sondern eher auf eine milde Gabe oder einen kleinen Job hoffen. Nur einfach darum bitten, hieße im strengen Reglement des japanischen Lebens „das Gesicht verlieren". Da die ganze Angelegenheit den gut bezahlten und genährten Kriegern in Dienst und Brot unangenehm ist, will das Haus der Ii (zwei „i" wie in Miike)  ein Exempel am jungen Motome statuieren. Der soll sich jetzt mal wirklich entleiben, auch wenn er nur ein Holzschwert hat. Die Sache wird unappetitlich, aber durchgezogen. Ein paar Tage später meldet sich noch so ein Bettel-Kämpfer, der allerdings kurz vor dem Harakiri erzählt, er habe sehr wohl einen gewissen Motome gekannt. Die Geschichte seines Pflegesohns, verheiratet mit der Tochter Mito und Vater des Babys Kingo, ist bitterstes Sozialdrama, ja Sozial-Melodrama. Nach einer langen Zeit von Hunger, Leid und Krankheit liegen drei Tote in der ärmlichen Hütte, durch die kaputten Papierfenster schneit es bildschön (und digital) herein. Nun begibt sich die raffiniert konstruierte Erzählung wieder zurück zu den Samurai und der fast (?) wahnsinnige Vater gibt dem Hause Ii seine Meinung kund - mit dem Holzschwert!

Nur eine, dafür eine geballte Dosis Schwertkampf gibt Takeshi Miike den Fans. Doch auch das soziale Drama im Zentrum des Films ist edelst inszeniert. Angeklagt wird - ganz im Sinne der Gewerkschaft - die Gnadenlosigkeit der in Arbeit stehenden gegenüber den verarmten Arbeitslosen. Ein aktuelles Thema vielleicht auch für unsere Reform-Wehrmacht und die armen Jungs, die unsere Freiheit nicht mehr am Hindukusch verteidigen dürfen.