28.3.11

Sucker Punch

USA,Kanada 2011 (Sucker Punch) Regie: Zack Snyder mit Emily Browning, Abbie Cornish, Jena Malone, Vanessa Carla Gugino, 110 Min.

Bitter-süßer Pulp

Wenn Quentin Tarantino frontal mit dem „Tank Girl" zusammenkracht und Baz Luhrman das alles durch seine Rote Mühle dreht... „Sucker Punch" ist ein gewaltiger Action-Clip von Zack Snyder, ein postmodernes Kinospektakel, bei dem einem Zitate, Zeiten und Fetzen um die Ohren fliegen. Die Geschichte einer Kind-Frau im Sumpf ausbeuterischer Männer-Anstalten kommt da fast zu kurz, dies ist Kino-Kampf-Sport in Reizwäsche. Moral ist längst von Weltkriegs-Panzern, Mittelerden-Orks oder Mittelalter-Drachen plattgemacht worden.

„Sweet Dreams" bilden die einzige Fluchtmöglichkeit für Baby Doll (Emily Browning). Aber bei einem Mädchen, das Vergewaltigung durch den Stiefvater miterlebt hat und von diesem auch noch in eine schmierige Nervenheilanstalt abgeschoben wird, sind Träume niemals süß. Die farblose Klapse erweist sich als Bordell, in dem die jungen Patientinnen ihren ekligen Freiern mit Tanzvorführungen einheizen sollen. Der südländische Pfleger Mr. Pleasant (Oscar Isaac) gibt den brutalen Zuhälter Blue, der gerne Jungfrauen zu besonders hohen Preisen verkauft. Baby Doll denkt auch hier nur an Flucht. Überraschenderweise bietet ihr ausgerechnet der Anmach-Tanz - den wir nie sehen - einen Ausweg: Damit hypnotisiert das Mädel im Schulmädchen-Anzug die Zuschauer und versetzt sich selbst in eine fantastische Action-Welt. Hier, im alten Japan, im futuristischen 1. Weltkrieg oder in einer Fantasy-Welt mit Drachen und Orks, muss sie vier Gegenstände erobern. Ihre Mitgefangenen mit den Porno-Namen Sweet Pea, Rocket, Blondie und Amber kämpfen an ihrer Seite. Im Stile von „Charlie's Angels" voller Adrenalin und nicht mehr jugendfrei. Während diese pralle und eindrucksvolle Action sorgen- und sinnfreien Spaß bietet, ist sie auch die einzige der drei Erzählebenen, in der sich die jungen Frauen wehren können. In den realeren Realitäten ist der Kampf ein wirklich düsterer.

Ein heftiger Punch aus Drama und Musik eröffnet diese bitter-süße Kino-Attacke. Wie auch später bei Baby Dolls Traumwelt-Actiontänzen ein starker, mitreißender Video-Clip, bei dem die Song-Länge die Szene bestimmt. Besonders kraftvoll dröhnt Björks Army of me". Kraftvoll und im Text passend: „Wenn du dich noch einmal beschwerst, bekommst du es mit einer ganzen Armee von mir zu tun!" Leider folgt der Film nicht der Frauen-Power der Songs. Diese süßen Punch-Girls sind keine Rebellinnen wie das „Tank Girl" im Film von Rachel Talalay. Sie bleiben Opfer, egal wie viele Zombie-Soldaten oder spiegelnde C-3PO-Imitate umgebracht werden. Ihr einziger Wunsch bleibt, wieder nach Hause zu können, was letztlich auch nur eine Illusion ist, wie das letzte Bild mit der Vogelscheuche aus „Zauberer von Oz" zeigt. Der wirkliche Held, der Retter oder Engel ist Scott Glenn als Wiedergeburt von Tarantinos (Kill)Bill.

Die Zitate-Galerie bedient sich ausführlich bei „Brasil", „Moulin Rouge", bei „Herr der Ringe" und vielem anderen mehr. Zack Snyder erweist sich als Guttenberg der Filmregisseure, erschafft aber etwas Eigenes, das mehr Pulp ist als Tarantinos gesammeltes „Pulp Fiction". Aber genauso überwältigend wie die zahlreichen Verweise sind die Bilder und Töne. Wenn ein kriegerisches, rosa Pokemon über die Leichengräben von Verdun hüpft, das ist filmische Fantasie in seiner wildesten Form. Und absolut sehenswert.

Snyder muss nach so unterschiedlichen Filmen wie „Die Legende der Wächter" (2010), „Watchmen - Die Wächter" (2009), „300" (2006) und sogar einem Video-Clip für „Morrissey" auf jeden Fall als ein hochtalentierter Filmemacher angesehen werden, der auch in verschiedensten Genres bemerkenswerte Fingerabdrücke hinterlässt. Auf seinen „Superman: Man of Steel", der 2012 in die Kinos kommt, darf man gespannt sein.