23.3.11

In einer besseren Welt

Dänemark,Schweden 2010 (Hævnen) Regie: Susanne Bier mit Mikael Persbrandt, Trine Dyrholm, Ulrich Thomsen, Markus Rygaard  117 Min. FSK ab 12

Der aktuelle Oscar-Gewinner „In einer besseren Welt" verbindet eine Familiengeschichte mit der Problematik von Gewalt und der schwierigen Reaktion darauf. Die ausgezeichnete dänische Regisseurin Susanne Bier („Brothers", „Nach der Hochzeit", „Open Hearts") und ihr vertrauter Autor Anders Thomas Jensen spannen den Bogen ihrer intensiven Geschichte von einer zerfallenden Kernfamilie bis zur großen Politik, vom Mobbing in der Schule bis zu afrikanischen Warlords. Exzellent gespielt, wirkt „In einer besseren Welt" gleichzeitig berührend und klug differenzierend.

Während sein Vater Anton (Mikael Persbrandt) in einem afrikanischen Flüchtlingslager als Arzt operiert, muss sich Elias (Markus Rygaard) in der dänischen Schule von einem „Bully" und seinem Anhang quälen lassen.  So grausam dieses Mobbing ist, so brutal ist die Gegenwehr des neuen Mitschülers Christian (William Jøhnk Nielsen) mit Eisenstange und Messer. Die beiden werden Freunde und finden sich im gemeinsamen Leiden: Christian hat seine Mutter an den Krebs verloren, Elias kommt nicht mit der drohenden Scheidung der Eltern zurecht.

Anton und Marianne (Trine Dyrholm) können nur noch am Telefon miteinander reden, selbst wenn er in Dänemark ist, wo er übrigens auch immer draußen in der Natur sitzt. Anton ist ein bemerkenswerter Mann und als ihn auf dem Spielplatz ein dumpfer Grobian ohrfeigt, verhält er sich noch seltsamer als sonst. Er sucht den Automechaniker auf und hält ganz konkret auch die andere Wange hin. Eine erstaunlich gelassene und souveräne Reaktion gegenüber einem adrenalin-gesteuerten Gewaltmenschen. Ob die gerade mal zehnjährigen Jungs, die Anton zu dieser pazifistischen Demonstration mitgenommen hat, es verstehen, ist fraglich. Aber er macht Eindruck.

Eine ganz andere Situation erwartet den stoischen Arzt im Flüchtlingslager, als ein Milizenführer mit fast verfaultem Bein eingeliefert wird und seine Schergen Angst und Schrecken verbreiten. Anton weißt die Bewaffneten vor das Tor, behandelt aber zum Entsetzen seiner einheimischen Mitarbeiter „Big Man", der dafür berüchtigt ist, Schwangeren den Bauch aufzuschneiden. Dieser mutigen Haltung, die später noch einmal herausgefordert wird, steht eine Gewalttat des Halbwaisen Christian gegenüber. Er will dem Mechaniker seine Grenzen aufweisen - mit Sprengstoff!

Auch wenn die Kritik die letzten zehn harmonischen Minuten „In einer besseren Welt" bemängeln, dieser großartige Film reflektiert den Umgang mit Gewalt vom familiären Kreis bis zur Weltpolitik facettenreich und bietet bei vielen Gedankenanstößen keine einfache Lösung. Exzellente Schauspieler sorgen dafür, dass die lebendigen Figuren mitfühlen lassen. In sehr schönen, handlungsfreien Bildstrecken schenkt der Film Ruhe, als hielte die Natur den Atem an, um zu schauen, wie sich diese kleinen Wesen in ihr verhalten. So wie wir den Ameisen zusehen. Die meisterliche Montage mit gleitenden Übergängen von Dänemark nach Afrika zeigt unsere Erde als eine zusammenhängende Welt. Das goldbraun abgeerntete Feld könnte auch Savanne sein. Hier wie dort kann das persönliche Handeln über einen Flächenbrand der Gewalt entscheiden.