24.1.11

Hereafter


USA 2010 (Hereafter) Regie: Clint Eastwood mit Matt Damon, Cécile de France, Jay Mohr, Bryce Dallas Howard, George McLaren, Frankie McLaren 129 Min. FSK ab 12

„Menschen reagieren feindlich und irrational, wenn sie hören, dass man mit dem Jenseits Kontakt haben kann. Jemand in Ihrer Position kann das andern.“ Das erfährt eine berühmte französische Journalistin, die beim Tsunami fast ertrunken ist und ein Nahtod-Erlebnis hatte. Aber der Satz einer Schweizer Professorin, die seit Jahrzehnten in einem Hospiz arbeitet, gilt vielleicht auch Clint Eastwood. Ihm gelang mit „Hereafter“ ein Film, den nur wenige machen können. Glaubwürdig, frei von esoterischem Kitsch und ungemein spannend, erzählt er von drei Personen, die auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Tod in Berührung kommen und damit ihren Frieden finden müssen.

Innerhalb weniger Minuten wird man auch in diesen Film eingesogen. Wegen der sagenhaften Tsunami-Effekte, die Marie Lelay (Cécile de France) den Boden unter den Füßen wegreißen, wegen der filmisch beeindruckenden Naturgewalten, die sie ein mysteriöses Licht sehen lassen. Danach ist die Pariser Star-Moderatorin wie ausgewechselt, nimmt beruflich eine Auszeit. Sie schreibt aber nicht, wie vertraglich vereinbart, über die Skandale Mitterands, sondern über Nahtod-Erlebnisse. Ein Buch, das erst einmal kein Verleger haben will.

Derweil verliert in England der junge Marcus seinen Zwillingsbruder Jason bei einem Unfall. Der verlorene Rest eines unzertrennlichen Paares (Frankie und George McLaren), das wegen einer drogensüchtigen Mutter nur sich selbst hatte, macht sich auf die Suche nach Antworten. Das was Google von Moslems oder Christen anbietet, erntet nur Kopfschütteln, genau wie einige Scharlatane. Dann entdeckt Marcus den Amerikaner George (Matt Damon), doch dieser wehrt sich gegen seine besondere Gabe, die für ihn ein Fluch ist und ihn nicht mehr schlafen lässt...

Clint Eastwood („Gran Torino“, „Million Dollar Baby“, „Erbarmungslos - Unforgiven“), der sich vom Alter her tatsächlich langsam dem Jenseits annähert, segelt scheinbar mühelos auf dem Olymp der filmischen Meisterschaft herum und packt mit jeder Szene direkt. Er geht die schwierige Frage an, was passiert, wenn wir sterben. Leiht dabei auf seine typisch ernsthafte Weise Menschen Gehör, die etwas von diesem Jenseits erfahren haben. Auch wenn er schließlich ganz unglaublich auf einer ungemein romantische Note landet, ist „Hereafter“ Welten vom sentimentalen Kitsch des „Wie durch ein Wunder“ entfernt. Man muss viel eher an Peter Weirs „Fearless“ mit Jeff Bridges denken. Matt Damon überzeugt wieder, diesmal als kräftiger, einfacher Typ, der deshalb umso glaubhafter in seiner Zerrissenheit ist. Eastwood veredelt seinen Film mit eigenen Piano-Kompositionen auf dem zurückhaltenden Soundtrack, genau wie damals bei „Brücken am Fluss“. Der Musikjournalist Joachim-Ernst Berendt schrieb einst vom „Hinübergehen. Das Wunder des Spätwerks“. Ersteres wäre auch ein guter deutscher Titel für diesen Film und das Zweite eine Umschreibung des Eastwoods der letzten Jahre und Jahrzehnte.