12.12.10

Dann musst du ins Heim! - Wenn Kinder ein neues Zuhause brauchen (ZDF)


„Dann musst du ins Heim!“ - diese etwas altmodische Drohung erzählt viel von Stigmatisierung der Heimkinder. Die Aachener Filmemacher Miriam Pucitta und Michael Chauvistré zeigen in ihrer neuen Dokumentation, die sie für das anspruchsvolle ZDF-Format „37°“ drehten, die andere Seite des Heimlebens. Sie begleiteten drei Kinder aus dem Aachener Kinderheim Maria im Tann. „Dann musst du ins Heim!“ läuft am Dienstag, 14. Dezember, um 22.15 Uhr im ZDF.

Ein ganzes Jahr lang begleitete das berufliche und private Team Miriam Pucitta und Michael Chauvistré die beiden Halbbrüder Dominik und Kevin (10 und 12 Jahre alt) sowie die 18-jährige Eileen. Die junge Frau ist in „Maria im Tann“ aufgewachsen. Als sie mit 10 Jahren hierher kam, hatte sie schon schlimme Dinge erlebt. Mit Hilfe ihrer Erzieherin Irene gelang es ihr damals, sich einzugewöhnen. Durch Irene hat sie so etwas wie mütterliche Gefühle gespürt. Jetzt, mit 18, muss sie das Kinderheim verlassen. Davor hat Eileen Angst, der Abschied aus der vertrauten Umgebung fällt ihr nicht leicht.

Das Sende-Format "37°" erlaubt nicht den üblichen feinen Humor, der Chauvistrés Filme „Mit Ikea nach Moskau“ (2001) oder die Doku über Leih-Weihnachtsmänner „Schau mich nicht so böse an“ (1997). Doch bemerkenswert ist, wie vertrauensvoll sich die Protagonisten vor der Kamera verhalten. Das ermöglicht, diese jungen Menschen in ihrer speziellen Situation ganz offen kennenzulernen. Das ist auch die hohe Schule der guten Dokumentation.

Michael Chauvistré studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film in München in der Spielfilmabteilung, nachdem er in seiner Geburtsstadt Aachen Philosophie und Geschichte belegt hatte. 1988 gründete er die Produktionsfirma Happy Endings Film. Er besuchte Drehbuchseminare bei Doris Dörrie, Keith Cunningham und Tom Schlesinger sowie ein Schauspielseminar bei John Costopoulos. Seinen Abschlussfilm an der Filmhochschule, die Kurzgeschichte „Pax“, in der Menschen die berühmten Ikea-Möbel nutzen, um sich näher zu kommen, lief als Episode innerhalb des abendfüllenden Spielfilms „Midsommar Stories“. Die Dokumentation „Der Traum des Vaters“ über einen italienischen Wirt in München war 2006 der erste gemeinsame Film von Michael Chauvistré und Miriam Pucitta. Sie wurde 1964 in Bern als Kind italienischer Gastarbeiter geboren und studierte ebenfalls an der Hochschule für Fernsehen und Film Regie. Nach einigen Dokumentarfilmen, die in Italien gedreht waren, schloss sie die Filmhochschule mit dem abendfüllenden Spielfilm „Wenn du mich nicht willst“ ab.

Dass Chauvistré und Pucitta mit ihren Kindern vor einigen Jahren nach Aachen zogen, erweist sich nun als qualitative Belebung des euregionalen Filmschaffens. Die Nachbarn des überzogenen Tivoli-Projektes dokumentierten seltsame Vorkommnisse um die vermessenen Pläne eines lokalen Sportvereins. Inklusive einer unter ungeklärten Umständen abgebrannter Gaststätte - Michael Chauvistré war mit der Feuerwehr zur Stelle. Auch bei der Premiere von „Dann musst du ins Heim!“ am Sonntag werden beide Regisseure dabei sein. Wenn alles klappt, denn zur Zeit ist Michael Chauvistré in China und nimmt am Workshop „Crossing Borders“ über interkontinentale Dokumentarfilm-Arbeit teil und landet erst Sonntagmorgen wieder in Europa. In China bereitet er ebenfalls ein Projekt vor, in dessen Mittelpunkt die Aachener Gebrüder Schwichtenberg stehen, die seit Jahren in China Bier brauen.