15.9.10

The American


USA 2010 (The American) Regie: Anton Corbijn mit George Clooney (Jack), Violante Placido (Clara), Thekla Reuten (Mathilde), Paolo Bonacelli, Bruce Altman 105 Min. FSK ab 12

Und vor allem: Gehe keine Freundschaften ein ... Dieser Satz ist der Klassiker im Geschäft des Film-Auftragskillers. Recht häufig versuchen diese Mietmörder auszusteigen, müssen nur „noch einen letzten Job“ erledigen oder nach einem Fehler in Deckung gehen. Daher braucht man nicht lange zu erklären, was der „Amerikaner“ Jack (George Clooney) in dem kleinen Dorf in den Abruzzen macht. Er steht selbst auf einer Abschussliste, muss sich verstecken. Der schon ergraute Spezialist traut niemandem, auch seinem Auftraggeber Larry (Bruce Altman) nicht mehr, lässt sich aber doch zu einem letzten Auftrag überreden.

Jack spricht nicht viel, beobachtet mehr, sucht aber die Nähe eines Priesters. Schnell überträgt sich die extrem angespannte Aufmerksamkeit auf den Zuschauer. Man wird selber misstrauisch, jeder ist verdächtig. Der neugierige Hirte, der „alles sieht“. Der Mann, der vor Jacks Wohnung steht. Und schließlich steht das Misstrauen auch zwischen Jack und Clara, der Prostituierten, mit dem er ein neues Leben anfangen könnte. Der Mann, der nach dem Schmetterling, den er als Tattoo trägt, auch Mister Farfalla genannt wird, erscheint nun noch verletzlicher. Dem Roman „A Very Private Gentleman“ von Martin Booth sind sicher bedeutungsschwere Sätze zu verdanken. Wie: „Du bist Amerikaner. Du meinst, der Vergangenheit entfliehen zu können“. Dazu läuten dann auch noch die Kirchturmglocken. Hat sein letztes Stündlein geschlagen?

Die Handlung schreitet in einem stetigen Tempo voran, nur selten beschleunigen die Montage oder ein Musikstück den Fluss der Bilder. (Zu der Musik von Herbert Grönemeyer kann man sagen, dass sie zum Glück nicht auffällt und er auch nicht singt.) Ausführlich wird die Erstellung eines Spezialgewehrs in Handarbeit gezeigt. Solch einen Vorgang handeln Actionfilme in kurzen Montagesequenzen ab. Es bleibt Raum für existenzielle Fragen eines alternden Auftragsmörders, die sich auf dessen Gesicht abzeichnen. „The American“ baut auf die enorme Präsenz des Hauptdarstellers. George Clooney ist hier allerdings nicht der Charmeur und Kaffeemaschinen-Flirter, er ist ein grautemelierter Killer am Karriereende. Also eher der von Zweifeln aus der Bahn gebrachte Mann aus „Up in the Air“ als der dauerlächelnde Checker aus „Ocean’s Eleven“.

Wenn man Corbijns „Control“ gesehen hat und wenn man von der Herkunft dieses berühmten niederländischen Fotografen weiß, überrascht das betonte Styling nicht. Sorgfältig gelingen ihm zeitweise ganz exquisite Bilder - eine Bedrohung quetscht Jack an den Rand des Raumes, das große, dunkle Fenster erdrückt ihn förmlich, lässt nur einen schmalen Streifen Luft. Doch diese besonderen Bilder fügen sich erst spät zu einer einzigartigen Atmosphäre, die „Bullitt“ und andere dieser Filme um gejagte Jäger auszeichnen. Dann allerdings, kurz vor dem Ausgang, legt der „The American“ ein ganz großes Finale hin, mit einem dieser ikonographischen Szenen, die sich tief in die Filmgeschichte einbrennen.