30.8.10

Venedig 2010 Schwarzer Schwan auf Venedigs (Film-)=?ISO-8859-1?B?S2Fu5Gxlbg==?=


Venedig. „Wenn die Schwäne Trauer tragen“ - so könnte das Motto für den Eröffnungsfilms „Black Swan“ von Darren Aronofsky lauten. Der Psychothriller dreht sich um eine Aufführung von „Schwanensee“ in New York und ist mit Natalie Portman, Vincent Cassel, Barbara Hershey und Winona Ryder prominent besetzt. Da mit Aronofsky auch der Gewinner des Goldenen Löwen von 2008 für „The Wrestler“ nach Venedig zurückkehrt, kann man für 67. Filmfestspiele der Biennale (1. bis 11. September) ankündigen: Wenn die Gondeln Promis tragen.

Laut wird es gleich zu Beginn, wenn Roberto Rodriguez seine „Machete“ als Mitternachts-Eröffnungsfilm schwingt und er mit seinem alten Kumpel, dem Jury-Präsidenten Quentin Tarantino, die „Fanboys“ unter den Cineasten elektrisiert. „Machete“ war einst nur ein völlig überzogener Trailer in dem Double-Feature „Grindhouse“ von Rodriguez und Tarantino. Jetzt wird der Action-Film viel Blut in die Lagune spülen.

Große Erwartungen knüpfen sich an den Auftritt von Tom Tykwer im Wettbewerb der 67. Internationale Filmfestspiele, der lässig mit „Venezia 67“ abgekürzt wird. Tykwers „Drei“ wird einer von insgesamt 24 Startern im Rennen um den Goldenen Löwen sein. Die Tragikomödie, die von der Filmstiftung NRW gefördert wurde, ist nach „Lola rennt“ und „Der Krieger und die Kaiserin“ der dritte Film Tykwers in der Lagunenstadt. In „Drei“ erzählt der gebürtige Wuppertaler eine Berliner Dreiecksgeschichte über „Liebe, Moral und Geschlechter im spätmodernen Deutschland der gemischten Gefühle“. Die Hauptrollen spielen Sophie Rois, Devid Striesow und Sebastian Schipper.

„Post Mortem“ von Pablo Larraín und  „Die Einsamkeit der Primzahlen“ (The Solitude Of Prime Numbers) von Saverio Costanzo haben dank deutscher Koproduzenten ebenfalls ein „D“ im Festivalkatalog stehen. „Die Einsamkeit der Primzahlen“ erzählt, basierend auf dem gleichnamigen Erfolgsroman von Paolo Giordano, die poetisch-kraftvolle Geschichte einer großen, unvollendeten Liebe zwischen zwei Menschen, die sich ganz nahe sind, die jedoch - auf dem schmalen Grat zwischen Erfüllung und Nicht-Erfüllbarkeit - immer durch eine Winzigkeit getrennt zu bleiben scheinen. Wie Primzahlenzwillinge. Isabella Rossellini spielt neben Alba Rohrwacher und Luca Marinelli eine Hauptrolle. Es kündigt sich keine zahlreiche, aber reizvolle deutsche Präsenz an, die hauptsächlich über Koproduktionen Anteil am venezianischen Kinogeschehen hat.

Der vor zwei Jahren in Aachen mit der Karlsmedaille für Europäische Medien ausgezeichnete Abdellatif Kechiche („Couscous mit Fisch“) bringt den Kostümfilm "Venus Noir" an den Start, ein Wiedersehen mit Fatih Akin, der gleichzeitig die Karlsmedaille erhielt, ist höchstwahrscheinlich. Akin, im letzten Jahr Gewinner des Spezialpreises der Jury mit „Soul Kitchen“, gibt 2010 den Präsidenten der Jury des „Luigi De Laurentiis Venice Award“ für den besten Debütfilm.  In Konkurrenz steht Kechiche mit sechs US-Produktionen, unter anderem von Sofia Coppola („Somewhere“ mit Stephen Dorff und Benicio Del Toro) und Julian Schnabel („Miral“ mit Willem Dafoe und Vanessa Redgrave). Dustin Hoffman tritt in „Barney's Version“ von Richard J. Lewis auf.

Spannend bleibt das Erscheinen des iranischen Filmemachers Jafar Panahi („Offside“, „Der Kreis“), der lange in Teheran inhaftiert war und für dessen Freiheit sich die Filmgemeinschaft immer wieder eingesetzt hat. Am 1. September soll sein neustes Werk, der Kurzfilm „The Accordion“ im Rahmen des Projekts „Then And Now, Beyond Borders and Differences“ die Nebensektion „Giornate degli Autori“ eröffnen. Das Projekt behandelt den Artikel 18 der Erklärung der Menschenrechte: „Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.“

Mitten in der Aufgeregtheit des Festivalgeländes thront auf dem Lido weiterhin wie die Kaaba in Mekka eine riesige Baustelle: Bis 2012 wird am neuen Festivalpalast gebastelt - wahrscheinlich hat die Mafia hier keinen Einfluss, sonst wären die paar Kubikmeter Beton schneller vergossen worden. Doch das entspannteste der großen drei Filmfestivals - Cannes, Venedig, Berlin - kann durchaus etwas Stress vertragen bis das vorherrschende Fachpublikum den Kanal voll hat. Denn die „Mostra del cinema“, also die Kino-Schau, konzentriert sich auf vergleichsweise wenige gute Filme, setzt auf Qualität statt Quantität.