17.5.10

Cannes - Wall Street 2

 

Cannes. Gordon Gekko ist zurück aus dem Knast und Oliver Stone drehte wieder an der Wall Street. Die Fortsetzung „Wall Street: Money never sleeps" schlachtet nach 23 Jahren die nahezu prophetischen Analysen über kannibalisierende Finanzmärkte aus „Wall Street" aus. Damit springt das Festival von Cannes nach „Robin Hood" bereits zum zweiten Male binnen drei Tagen im Hauptprogramm auf einen äußerst populären Zug auf. Und erhielt mit Douglas / Stone eine nette Dekoration für den gestrigen Roten Teppich.

 

„Wall Street 2" verbindet den weltweiten Zusammenbruch des Bankensystems mit einem Familiendrama: Der junge Aktien-Händler Jake Moore (Shia LaBeouf) erlebt hautnah mit, wie zuerst seine alte Investment-Firma wegen fauler Kredite hopps geht und danach der ganze Bankensektor plötzlich astronomische Beträge von den Regierungen hinterher geworfen bekommt. Wer hinter den Kulissen die Fäden zieht, erklärt ihm niemand anders als der legendäre Aktien-Zocker Gordon Gekko (Michael Douglas), der wegen Insider-Handels im Knast saß. Im Tausch für diese Informationen soll ihn Jake mit seiner Verlobten Winnie (Carey Mulligan) wieder zusammenbringen. Winnie ist Gekkos Tochter, verachtet ihn aber, seit ihr Bruder sich umgebracht hat, ohne dass der Vater helfen konnte. Parallel zu dieser schwierigen Familienzusammenführung werden Intrigen geschmiedet, gerät ein Erbe von 100 Mio. Dollar in falsche Hände und kämpft ein Forschungsprojekt für regenerative Energien ums Überleben.

 

Ein wenig viel für einen Film, der moralisch und filmisch überzeugen will. Denn Oliver Stone versucht nicht nur – mehr schlecht als recht – den Banken-Crash zu erklären, er macht auch auf grüne Energie-Politik und Romanze. Man erwartete Anklagen oder sogar Antworten von dem Regisseur, der sich seit „Geboren am 4. Juli" politisch gibt. Doch Oliver Stone ist auch der Autor von „J. F.K.", dem Film über das Kennedy-Attentat, bei dem einem auf bis dahin ungekannte Weise der Schädel brummte, aber man keinen Deut schlauer war nachher. Und ähnlich geht Stone auch „Wall Street 2" an. Viele Gestaltungs-Gimmicks und schwierige Worte wie Derivate schwirren ebenso herum wie rein dekorative Kurs-Charts und Torten-Diagramme, die durch die Hochhausschluchten Manhattans schweben. Wirklich entlarvend ist Stone dabei nur einmal, als er bei einer Wohltätigkeits-Gala minutenlang allein den schweren Schmuck der Damen zeigt. Ansonsten ist Michael Moores „Capitalism: A Love Story" nicht nur aufschlussreicher in Sachen Bankenkrise, die Doku unterhält auch besser als der Spielfilm „Wall Street 2".

 

„Wall Street: Money never sleeps" war nicht unbedingt das persönliche Projekt vom dreimaligen Oscar-Gewinner Stone. Er stieg erst 2009 ein und übernahm das Drehbuch des ehemaligen Aktienhändlers Allan Loeb. Das überzeugende Ausschlachten der Legende „Wall Street" scheitert auch am Rest der Besetzung: Wer ist dieser Niemand auf dem riesigen Plakat neben Michael Douglas, werden sich viele auf der Croisette gefragt haben? Aber Shia LaBeouf („Transformers") hält sich ganz wacker neben dem alten Fuchs Douglas. LaBeouf mit dem jungen Tom Cruise zu verwechseln, wäre jedoch völlig überzogen. Er spielt die Rolle, die keine höchsten Ansprüche stellt, nur anständig. So darf man dem Film sein berühmtestes Zitat vorhalten: „Greed is good" (Habgier ist gut - in diesem Fall ist die Habgier der Filmproduzenten als Hauptmotiv unübersehbar.