23.3.10

Precious



USA 2009 (Precious: Based On The Novel Push By Sapphire) Regie: Lee Daniels mit Gabourey Sidibe, Mo'Nique, Aunt Dot, Paula Patton 110 Min.

„Precious“ ein gewaltiger Film, ein erschütternder, ja schockender Film, dem man nur Sympathien entgegenbringen kann. Er bringt das, was die meisten, die sich beispielsweise Kinokarten leisten können oder den dicken Flatscreen, nicht sehen (wollen), mit der Kunst des Films nicht nur vor unsere Augen, sondern lässt es tiefer wirken.

Das Leben von Claireece Precious Jones (Gabourey Sidibe) aus Harlem ist unvorstellbar grausam, ein echter Horror: Schon als kleines Mädchen wurde sie von ihrem Vater vergewaltigt, hat ein krankes Kind und ist erneut vom Vater schwanger. Außerdem hat er sie mit AIDS angesteckt - in den Achtzigern, in denen die Handlung spielt, gänzlich unheilbar. Precious’ Mutter terrorisiert ihr Kind mit unvorstellbarer Grausamkeit, schlägt sie brutal und lässt die 16-Jährige wie ein Hausmädchen schuften. Das soziale System gibt Precious und ihrer Tochter magere Schecks, die ihre Mutter einkassiert und verlebt. Immer wieder zuckt man bei dem, was Precious angetan wird, zusammen oder muss wegschauen. Das Mädchen überlebt in dem enormen Fettpolster, das sie sich angefressen hat und in Tagträumen eines besseren Lebens.

Die von Gabourey Sidibe verkörperte Precious ist eine gewaltig übergewichtige Erscheinung, die Menschen mit Brigitte-Musterbögen im Kopf sogar schockiert hat. Ob sie deshalb den sicher geglaubten Oscar nicht erhalten hat? Auf jeden Fall zeigt sie das stille Erdulden und vor allem die ganz ganz kleine Hoffnung, die langsam in Precious wächst, auf eindringliche Weise. Denn mit Hilfe der bürgerlichen Lehrerin Ms. Rain (Paula Patton) lernt das missbrauchte und erniedrigte Mädchen nicht nur Lesen und Schreiben. Sie entwickelt über das Aufschreiben ihrer Erlebnisse ein Selbstbewusstsein und die Kraft, ihr Leben zu verändern. Auch dieser Weg ist schwer und nicht ohne Rückschläge, doch die Hoffnung in diesem Mädchen zu erleben, ist ebenso erschütternd wie vorher die Grausamkeiten, die ihm angetan wurden.

Der Film „Precious“ basiert auf dem in den Neuzigern veröffentlichten Buch „Push" von Sapphire, die wie Ms. Rain im Film mit Jugendlichen aus sozialen Katastrophengebieten arbeitete. Regisseur Lee Daniels, konnte sich schon wie für „Monster‘s Ball“, den er produzierte, prominenter Unterstützung aus Hollywood versichern: Oprah Winfrey ist Produzentin, Mariah Carey spielt überraschend unauffällig eine kleine Rolle als Sozialarbeiterin und Lenny Kravitz gibt einfach einen netten Kerl. Positiv sind diese Einsätze auch, weil sie nicht - wie in „Blind Side“ extrem misslungen - der eigentlichen Hauptfigur die Aufmerksamkeit rauben. So kann „Precious“ zum sehr harten, aber schillernden Edelstein des Kinojahres werden.