24.6.09

Auf der Suche nach dem Gedächtnis - Der Hirnforscher Eric Kandel


BRD 2008 (Auf der Suche nach dem Gedächtnis - Der Hirnforscher Eric Kandel) Regie: Petra Seeger 95 Min.

Wie könnte man besser von Gedächtnis und Erinnern erzählen als mit einem Nobelpreisträger auf diesem Gebiet, der sich an seine Kindheit erinnert: Eric Kandel ist ein grandioser Erzähler und Erklärer, ein umwerfend humorvoller Mensch und nebenbei auch Nobelpreisträger. Dieser ältere Herr weiß und kennt enorm viel, eine elektrisierende Erfahrung, die nur wenige Menschen hervorrufen können.

Der wunderbare Dokumentarfilm geht zurück in Kandels Kindheit in Wien, erzählt vom Antisemitismus und von Vertreibung durch die Nazis. 1939 flieht der elfjährige Eric mit seinem Bruder nach New York, dort wird der wissbegierige Junge ein Stipendium für Harvard erhalten und nach einem kurzen Ausflug in die Psychiatrie auf dem Gebiet der Neurobiologie wegweisende Entdeckungen machen. Was beim Lernen in unseren Köpfen passiert erklärt Kandel zwischendurch und nebenbei. Mit spannenden Animationen kann man hochkomplexe wissenschaftliche Erkenntnisse beobachten. Sehr schön ist auch, wie der Film über persönliche Erinnerungen bei einer Reise nach Europa immer wieder praktische Beispiele liefert - was Kandel auch direkt erkennt und darlegt.

Die Fähigkeit eine Idee zu kommunizieren, sei wichtiger als die Idee selbst, heißt es irgendwann. Nicht nur Eric Kandel beherrscht diese Kunst, auch die Regisseurin Petra Seeger ist ganz gut darin. Es ist rührend, wie vertraut Regisseurin und Kandel miteinander umgehen. Dass er am Ende des Films im Wien, das ihn einst verjagt hat, vom Bundeskanzler Willkommen geheißen wird, findet er ironisch, befriedigend und vor allem heilsam.

Denn „Auf der Suche nach dem Gedächtnis“ erzählt auch eine Geschichte vom grausamen Mord an Millionen Juden. Und Kandels Forschung ist ohne die persönliche Tragödie nicht denkbar: In einer sehr bewegenden Szene meint Kandel, nein, er denke nicht täglich an die Vergangenheit. Nicht täglich, aber er versuche immer, so gut wie möglich zu forschen. Sein Weg also, mit dem Schmerz umzugehen. Wenn der Film das Thema Judentum berührt, zeigt er uns auch einen weinenden Kandel - „Schwer zu sein a Jid“, meint er dazu mit seinem sympathischen Humor.

Der in jeder Hinsicht gelungene Dokumentarfilm verbindet diese Sphären. Und wenn man dann auch noch schön grafisch dargestellt erlebt, wie Lernen aussieht, macht dieser unterhaltsame und durch eine persönliche Begegnung lehrreiche Film noch mehr Spaß.