10.5.09

Ricky


Frankreich, Italien 2009 (Ricky) Regie: François Ozon mit Alexandra Lamy, Sergi Lopez, Mélusine Mayance, Arthur Peyret 90 Min.

Selten fiel das Urteil über eine Regisseur kürzer und einfacher aus: François Ozon hat einen Vogel. Allerdings waren die Reaktionen amüsiert bis irritiert. Die Geschichte ist eine ganz einfache. Katie (Alexandra Lamy) schlägt sich alleinerziehend mit ihrer Tochter durchs Leben. Eines Tages trifft sie in der Fabrik den neuen Kollegen Paco (Sergi Lopez), auf der Werkstoilette kommen sie sich sehr schnell sehr viel näher. Nach einem Abendessen zieht er bei ihr ein und ein paar schnell erzählte Szenen weiter ist Katies Sohn Ricky schon geboren. Bis hierhin könnte es ein Sozialdrama werden, vielleicht erfreut uns der Franzose, der das Musical „8 Frauen“ machte, die Fassbinder-Hommage „Tropfen auf heiße Steine“ oder den Frauen-Thriller „Swimming Pool“, mal mit einer Komödie. Doch es kommt ganz anders, das Baby Ricky ist sehr hungrig, schreit die ganze Zeit und ihm wachsen ... Flügel!

Paco wurde schon aus der kleinen Wohnung geschmissen, als sich blutige Stellen auf dem Rücken von Ricky zeigten. So müssen Katie und die Tochter allein mit dem kleinen Wunder fertig werden. Doch es bleibt nicht lange geheim: Ausgerechnet im Supermarkt entfliegt das Baby und die Bilder davon schwirren schnell durch alle Nachrichten. Jetzt ist es raus, Paco berät mit, wie es weitergehen soll, aber es wird keine einfache oder auch schlüssige Erklärung geben.

„Ricky“, Ozons Neuer, hebt mutig ab, nach der melodramatischen Autorinnen-Biografie „Angel“ nun ein fantastisches Märchen, eine Sozialgeschichte mit Flügeln, ein psychologischer Thriller oder eine Abschiedsgeschichte. Auf Basis der Kurzgeschichte "Moth" von Rose Tremain entwickelt sich so viel Unkonventionelles und Ungewöhnliches, bei dem sich die interpretatorische Fantasie frei entfalten kann. Halt gibt dabei die handwerkliche Exzellenz des Franzosen Ozon. Und das sehr eindringliche Spiel von Alexandra Lamy, die ihre Katie in glücklichen Momenten ein wenig wie Sandrine Bonnaire aussehen lässt, dann wieder sehr erschöpft und völlig aufgelöst. Was „Richy“ nun eigentlich ist, war oder macht, lässt sich nicht wirklich sagen. Doch der Film ist ein Erlebnis.