3.11.08

James Bond 007: Ein Quantum Trost


Großbritannien 2008 (Quantum of Solace) Regie: Marc Forster mit Daniel Craig, Olga Kurylenko, Mathieu Amalric 120 Min. FSK: ab 12

Soviel vorweg: Man kann Bond weiterhin wieder ernst nehmen. Auch wenn sich erste Wiederholungen einschleichen, ist der Geheimagent in seinem 22. Kinoauftrag und in dieser Fortsetzung von "Casino Royale" erneut nicht nur eine gehetzte, sondern auch getriebene Figur mit spannenden psychologischen Abgründen. Zwischen Verführer und Frauen-Versteher ein brutaler Rächer, ein berechnender Kämpfer. Und er sieht immer noch ebenso gut aus wie der beeindruckende, extrem schnelle Bildersturm vom Schweizer Regisseur Marc Forster ("Drachenläufer").

Neu bei diesem kantigeren und körperlicherem Bond ist vor allem, dass nun ein "Was bisher geschah" nötig ist: Vor allem die Rache am Mörder seiner Liebe Vesper treibt ihn durch den zweiten Film mit dem so ganz anderen Bond-Darsteller Daniel Craig. Und die Frage, ob Vesper für ihn starb oder ihn verriet. Da wird es nebensächlich, dass nicht die Welt sondern nur die Wasserversorgung in Bolivien und wegen des nach Lateinamerika transferierten Domino-Effektes die Stabilität der Region gefährdet ist. Dass die Gefühlslage des knallharten Agenten mit dem weichen Kern durcheinander geriet, ist das einzig Klare in dieser Geschichte. Ansonsten sind die Zusammenhänge in der feindlichen Organisation Quantum unübersichtlich wie die zwar brillant gefilmten, aber verwirrend rasant geschnittenen Action-Szenen. Dominic Greene, genial gefährlich von Mathieu Amalric ("Schmetterling und Taucherglocke") gespielt, gibt sich als Umweltschützer aus, stürzt aber reihenweise Regime und sichert sich die Wasserreserven ganzer Regionen. Dabei machen alle großen Regierungen bereitwillig mit. Einem wieder auf eigene Faust kämpfenden Bond behilflich ist Greenes Geliebte Camille (Olga Kurylenko), die ihren persönlichen Racheplan verfolgt.

Auch wenn 007 noch nicht weiß, wie dieser Drink mit Gin eigentlich heißt, sind rasante Renner- und Schießereien zu Wasser, zu Lande und in der Luft als Spiel ohne Ländergrenzen Standard. Der Bond-Klassiker "Goldfinger" wird mit einer weiteren Frauenleiche zitiert, aber wichtiger ist, dass Bond sein Herz für die findet, die er sonst immer nur vernascht. Passend dazu die mal mütterliche, mal kumpelhafte Beziehung zu seinem Boss M (Julie Dench). Eine weitere Beziehungsgeschichte, bei der sich alles um Vertrauen dreht. Vertrauen und Trost - das bewegt "Ein Quantum Trost", wenn man die teilweise wieder standardisierten Action-Elemente weg denkt, die Forster mit faszinierenden Parallelmontagen veredelt, etwa mit einer Bregenzer Tosca-Aufführung. Dieser Bond bleibt in seinem Rasen, Wüten, Rennen und Schießen körperlicher als es der Smoking-Träger Pierce Brosnan war. Die erste Verfolgungsjagd zu Fuß über die Balkone und Dächer von Siena entspricht der Eröffnung von "Casino Royal". Ein raffinierter Seiltrick, ein Zirkusakt mit tödlichen Folgen, hat vielleicht die Virtuosität asiatischer Kampffilme. Wenn man es denn nur erkennen und genießen könnte. Immer wieder sind die Schnitte sehr rasant. Man verpasst sogar nicht unwichtige Details, etwas ob M jetzt getroffen wurde oder fliehen konnte. Das ist nicht so überwältigend wie bei der "Bourne-Trilogie" und irgendwie schade, denn Forsters Bilder und die Psychologie der Figuren haben eigentlich mehr zu bieten. Vor allem aber ein Schmerz für den es vorerst keinen Trost gibt - da muss erst Bond Nr. 23 kommen.