18.8.08

Ich habe den englischen König bedient


Tschechische Republik, Slowakische Republik 2006 (Obsluhoval jsem anglického krále) Regie: Jirí Menzel, Buchvorlage: Bohumil Hrabal mit Ivan Barnev, Oldrich Kaiser, Julia Jentsch, Martin Huba, Marián Labuda, Milan Lasica 120 Min.

Ein Rückblick in alte Zeiten: Sowohl der Schelmenroman eines kleinen, tschechischen Mannes, der Hitler und Stalin überlebt, als auch die Regie von Altmeister Jirí Menzel sind auf beste Weise altmodisch. Menzel verfilmte mit all seiner Routine und großem Aufwand die Buchvorlage des bekannten tschechischen Literaten Bohumil Hrabal. Schon Ende der Sechziger inszenierte Menzel nach Hrabals Drehbuch „Lerchen am Faden“. Der Film wurde nach dem Prager Frühling verboten und erhielt nach der späten Erstaufführung 1990 den Goldenen Bären.

Nach dem Ersten Weltkrieg, in der Zeit der ersten tschechischen Republik lernt Jan Dítê als kleiner Kellner die tiefen Bücklinge und wie man sich unbemerkt durch die verschiedenen Besuchergruppen hindurch schlängelt. Das prägt für das ganze Leben, der auch körperlich kleine Jan wird sich durchlavieren unter den verschiedenen Regimes, die sein Land in Jahrzehnten regieren. Erst als Aushilfskellner auf dem Dorfe, dann in einem Hotel in Prag und später im besten Hause der Stadt. Als die Deutschen das Land besetzen, wird Jan zum Arier, bedient in einer der vielen absurden Szenen die auserwählten Fortpflanzer in einer Lebensborn-Villa. Dafür büsst er nach Kriegsende und landet für viele Jahre im Gefängnis. Doch nach der Freilassung bleibt sein Rückblick - dieser Film - frei von Bitterkeit.

„Ich habe den englischen König bedient“ ist der erste Film des über 70-jährigen Menzel nach vierzehn Jahren, nach "Die merkwürdigen Abenteuer des Soldaten Iwan Mukshin", nach einem angekündeten Ruhestand. Menzel zelebriert pralles Erzählen, reichlich derbe und feine Scherze, lässt Jan die Liebeslust ebenso ausleben wie Reichtum, Armut und Haft. Da hat Julia Jentsch einen atemberaubenden Auftritt als sudentendeutsche Nazi-Braut mit Brezel-Frisur, die in der Hochzeitsnacht lieber das Porträt des Führers als das Gesicht Jans anhimmelt. Da muss man aber auch schlucken, wenn ein guter Freund ins KZ abtransportiert wird und Jan verzweifelt versucht, ihm noch ein Stück Brot in den Viehwagon zu werfen. Das ist in Wort und Bild typisches tschechisches Fabulieren, altmodisches Erzählen, welches immer noch mit allen Höhen und Tiefen einer Tragikomödie, mit dem sanften, schelmisch entspannten Blick aufs Leben die Herzen berühren kann. Bei der Berlinale 2007 erhielt Menzels Alters-Meisterwerk den FIPRESCI-Preis der Internationalen Filmkritik.