25.8.08

Couscous mit Fisch


Fr 2007 (La Graine et le Mulet) Regie: Abdellatif Kechiche mit Habib Boufares, Hafsia Herzi, Farida Benkhetache, Abdelhamid Aktouche 151 Min. FSK: ab 6

„Couscous mit Fisch“ ist ein Genuss! Vor allem, wenn ihn Mama macht. Dann versammelt sich - wie jeden Sonntag - die ganze Familie in der kleinen Wohnung, man versteht sein eigenes Wort nicht mehr, drei Generationen reden, streiten, leben. Die ganze Familie? Fast. Nur Slimane, das traditionelle Familienoberhaupt fehlt. Der arbeitslose Werftarbeiter sorgte zwar für den Fisch, so reichlich, dass es die ganze Sippe nervt, doch in Scheidung bei seiner Geliebten lebend ist er beim Couscous-Essen unerwünscht.

„Couscous mit Fisch“ erzählt die Familien-Geschichte eines Hafenarbeiters arabischer Abstammung, der sich nach erniedrigender Entlassung mit einem eigenen Restaurant selbständig machen möchte. Der Sechzigjährige versucht, in der südfranzösischen Hafenstadt, einen rostigen Kahn in ein Bistro zu verwandeln. Doch fehlendes Geld, Spannungen innerhalb der Familie und das nagende Gefühl, ein Verlierer zu sein, machen es Slimane nicht leicht. Vor allem seine Pflegetochter Rym (eindrucksvolle Entdeckung: Hafsia Herzi) unterstützt ihn bei den Behörden, die heftige Beispiele von offenem Rassismus zeigen. Beamte und die braven Bürger stehen dem Projekt skeptisch gegenüber, doch am Eröffnungsabend, als Slimane einlädt, kommen sie alle, um Couscous zu essen. Die einfache Speise aus Afrika, die nicht auf dem Speisezettel der besseren Restaurants steht. Alle haben mitgeholfen, damit dieser Abend zum Erfolg wird. Doch der schwanz-gesteuerte Schwiegersohn verschwindet für ein Schäferstündchen mit dem Couscous im Kofferraum...

„Couscous mit Fisch“ ist ein Genuss, weil einem der Regisseur Abdel Kechiche („Voltaire ist schuld“, „L’Esquive“) mit einer Darstellerriege aus Laien das Gefühl gibt, mit dabei zu sein. Inmitten der Familie beim sonntäglichen Couscous-Essen, bei den Arbeiten am Hafen, bei den heftigen Streitereien und Gefühlsausbrüchen. In einem großen Spektrum von Personen sind die persönlichen Verhältnisse sehr nuanciert gezeichnet. Es ist herzzerreißend, wie Slimane, der stille, sympathische alte Mann, so gar nicht der Macho-Patriarch, sich bemüht, wie er versucht zu helfen. Doch eigentlich haben die Frauen alles in der Hand, sie kochen nicht nur, sie organisieren, reden und retten.

Dieses grandiose, vor Leben nur so sprühende französische Meisterwerk gewährt bis zum dramatischen Finale einen sinnlichen Einblick in das Leben einer Familie in Sète. Mehr als zwanzig internationale Preise heimste „Couscous mit Fisch“ bereits ein. Darunter den Jury- und den angesehenen Kritiker-Preis in Venedig. Beim französischen Filmpreis César gab es gleich vier Trophäen - für Bester Film, Beste Regie, Bestes Originaldrehbuch sowie Beste Nachwuchsdarstellerin an Hafsia Herz. Letztere wurde auch schon in Venedig ausgezeichnet. Zusammen mit Fatih Akin erhielt Abdellatif Kechiche im April in Aachen die „Karlsmedaille für europäische Medien“.