21.7.08

Akte X - Jenseits der Wahrheit


USA 2008 (The X-Files: I Want to Believe) Regie: Chris Carter mit David Duchovny, Gillian Anderson, Amanda Peet 105 Min.

Die Ex-Agenten Mulder (David Duchovny) und Scully (Gillian Anderson) sind alt geworden und auch etwas antriebslos. Die gute Katholikin Scully arbeitet in einem kirchlichen Kinderkrankenhaus, Fox Mulder sitzt zuhause und sortiert nur noch im Hinterstübchen Verschwörungstheorien. Die beiden sind ein Paar, wobei sie ihn irgendwie so geheim hält, dass nicht mal das FBI von ihm weiß! Da braucht man sich nicht zu beklagen, dass sechs Jahre nach Ende der letzten „Akte-X“-Staffel und zehn Jahre nach dem ersten Kinofilm das Wiedersehen völlig unaufgeregt und unoriginell inszeniert wurde – es ist ja kein wirkliches Wiedersehen, eher ein Abgesang von sehr entfernten Bekannten.

Als sie ein Hilferuf der ungläubigen nächsten Generation von FBI-Agenten (unter kesser Führung von Amanda Peet) erreicht, (re-) animiert ausgerechnet Scully ihren Lebenspartner Mulder, bei der Suche nach einer vermissten Agentin zu helfen. Zu den Tatorten und vielen Leichenteilen führt sie dank unerklärlicher Visionen ein wegen Kindesmisshandlung verurteilter Priester. Und Mulder als Fachmann für das Unerklärliche soll abklären, ob man dem Unglaublichen glauben kann. Im „Glaubenskriech“ der vom X-Autor und -Regisseur Chris Carter behäbigen inszenierten, konventionellen Handlung kämpft Scully nebenbei um das Leben eines Jungen, der als unheilbar gilt und von den Priestern der Krankenhausverwaltung in ein Hospiz aussortiert werden soll. Das ganze Morden und Amputieren in Frankstein’scher Tradition bringt Scully schließlich zum Glauben, nicht aufzugeben. Diese Weisheit steckt in mindestens jedem zweiten schlechten us-amerikanischen Film. Und so ist der zweite „Akte X“-Film eine Enttäuschung in Serie und als Film an sich. Nur als Beleg einer verqueren Widergeburt des Glaubens kann diese angestaubte Akte noch interessieren.

Wer sich auf Außerirdische, Übersinnliches und paranormale Erscheinungen freut, wird von dieser Neuaufnahme der X-Akten schwer enttäuscht. Es geht hier ganz altmodisch und im Trend der religiösen Retro um Glauben. Und tatsächlich nicht um den aufklärerischen Mulder’schen Glauben, dass „da draußen“ mehr zu entdecken wäre, dass die Wahrheit da draußen und vielleicht sogar draußen im Weltall sei. Nein, wie in einem kirchensteuer-finanzierten Erbauungsstreifen geht es um den einen Gott, den katholischen, der auf Platz drei der Weltreligionen steht, Tendenz absteigend. Die erschreckende Erscheinung ist dann recht aktuell: ein Priester, der einst reihenweise Chorknaben missbrauchte, sich entmannte und nun mit unerklärlichen Visionen das FBI auf die Fähre eines Serienmörders führt. Dass die Perversität des Mordmotivs wieder mit der Schuld des Priesters verbunden sein könnte, ist reichlich verdreht, sowohl in dramaturgischer wie in psychologischer Hinsicht: Muss ein priesterlich vergewaltigter Junge später unbedingt auf sehr horrende (und umständliche) Weise zur Frau werden wollen? Richtig, es gibt da noch eine Lungenkrankheit. Aber dafür den ganzen Körper auswechseln, ist wie Autoneukauf bei vollem Aschenbecher! Oder so unnötig wie der ganze Film.