26.11.07

Gone Baby Gone


USA 2007 (Gone Baby Gone) Regie: Ben Affleck mit Casey Affleck, Michelle Monaghan, Morgan Freeman 114 Min. FSK: ab 16
 
Die erste Regie von Schauspiel-Star Ben Affleck begeistert und beschäftigt nachhaltig mit geballtem emotionalem und moralischem Gehalt. Vom Drama eines verschwundenen Kindes, sehr ähnlich zum Boulevard-Thema "Madeleine", bis zum delikat nachgefühlten Dilemma des Finales eine in vieler Hinsicht gelungene Detektivgeschichte, nach der nun wirklich jeder Ben Affleck sehr ernst nehmen sollte!
 
Am Anfang steht die Suche nach der vierjährigen Amanda, die vor mehreren Tagen verschwand. Die Tante und der Onkel des Kindes beauftragen den sehr jung wirkenden Privatdetektiv Patrick Kenzie (Bens jüngerer Bruder Casey Affleck) und seine Freundin Angie (Michelle Monaghan). Durch seine Beziehungen zu den Menschen des Viertels kann Patrick hinter die Kulissen blicken, bekommt schnell heraus, dass Amandas Mutter in üblen Drogenkreisen verkehrt und das Kind bei einem verunglückten Drogendeal verschwand. Bei der katastrophalen Übergabe des Drogengeldes beginnt allerdings der schmutzige Teil der Geschichte...
 
Nur Anfangs dreht sich der Krimi um ein vermisstes Kind. Die Übergabe des Lösegeldes - oft das Finale eines Films - erfolgt hier kurz vor Halbzeit. Danach folgen wir den moralischen Instanzen Patrick und Angie in Abgründe des Umgangs mit Kindern. Dass allerdings auch die beiden in die Irre gehen, dass etwas die beiden trennen wird, unterscheidet dieses hoch spannende Meisterwerk von den üblich simplen Schemata. Deswegen, kann, nein: muss man nach diesem Film unweigerlich noch lange diskutieren und nachdenken.
 
Entsprechend sind die wichtigen Figuren ambivalent angelegt, halten immer eine Überraschung in petto. Angefangen bei Patrick, den man nicht unterschätzen sollte, weil er durchaus seinen Mann steht, wenn es darauf ankommt. Casey Affleck erweist sich nach seiner "Feigling-Rolle" in "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford" nach dem Wüsten-Solo in "Gerry" endgültig als grandioser Schauspieler. Casey sollte nun nicht mehr als der "kleine Bruder" gesehen werden.
 
Ebenso wenig kann man Ben Affleck noch unterschätzen, man sollte die Bennifer-Episode mit Jennifer Lopez endgültig abhaken. Neben oberflächlichen Rollen in Hollywood-Produktionen stand er schon immer gerne für Parodien seiner selbst zur Verfügung, trat für anspruchsvolle Rollen in Independent-Produktionen wie "Chasing Amy" an. Das sensationelle Drehbuch für "Good Will Hunting", das er mit seinem damaligen Kumpel Matt Damon schrieb, sei nicht vergessen. Das Thema Freundschaft zieht sich seitdem durch die Karriere Afflecks. Diesmal stammt die Vorlage von Dennis Lehane, der schon den Roman zum sensationell guten "Mystic River" lieferte. "Gone Baby Gone" findet in der Inszenierung Ben Afflecks, in der Hauptrolle Casey Afflecks, in den anderen Rollen, in der spannenden Dramaturgie, im sorgfältigen Umgang mit einem moralisch diffizilen Thema dann seine Vollendung für die Leinwand.