26.6.07

Die Töchter des chinesischen Gärtners


Frankreich/Kanada 2006 (Les filles du botaniste) Regie: Dai Sijie mit Mylène Jampanoi, Li Xiaoran, Wei Dong Wang 98 Min. FSK: ab 12

Schöne Bilder - wer sieht die nicht gerne!? Wenn sie denn nicht zu schön glänzen. Wie die weich gezeichnete Soft-Erotik von "Bilitis". Oder die heile Welt der Hochglanz-Werbung (vor Oliviero Toscanis Benetton-Provokationen). Auch der Nachfolger von "Balzac und die kleine Schneiderin" wirkt lange zu schön, um real und dramatisch zu sein.

Aus einer staubigen, heruntergekommenen Schule zieht die junge Waise Min auf eine paradiesisch grüne Insel. Das Praktikum beim berühmten Botaniker ist bestimmt von Schikane durch den sturen Lehrer. Dessen Tochter An bietet jedoch Trost, Freundschaft und irgendwann auch Liebe. Bei Reisen zu einem idyllischen Bergsee lassen die jungen Frauen auf Empfehlung eines Mönches nach einem Gelübde ganze Käfige von Tauben frei: 64 Vögel für die Ewige Liebe und 108 dafür, immer zusammen zu sein.

Doch die asiatische Zahlenlehre muss noch einmal bemüht werden: 28 mal wird Min den Namen einer Person nennen, um ein tiefe Verletzung zu vergessen. Auf Drängen Ans ging Min eine Scheinehe mit dem Sohn des Botanikers ein. Der junge Soldat schlug und folterte sie, weil sie keine Jungfrau mehr war. Denn in der Nacht vor der Hochzeit schenkte Min An "ihre Unschuld". Nach der tränenreichen Heimkehr der Geschlagenen nehmen sich die Frauen ihr Recht, sind nicht mehr demütig gehorsam. Die - patriarchalische - Ordnung im Haus zerfällt. Als der Gärtner die Frauen bei einer erotischen Massage erwischt, schlägt An ihren Vater nieder, der später im Krankenhaus stirbt. Allerdings an seiner Krankheit, nicht durch den Schlag. Trotzdem werden die Frauen zum Tode verurteilt: Das Gericht bestraft die Homosexualität, die durch eine letzte Aussage des Vaters ans Licht kam.

Inspiriert von einer Zeitungsmeldung schrieb und inszenierte Dai Sijie eine stille Liebe mit bitterem Ausgang. Der in Frankreich lebende chinesischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur erlebte selbst die Verfolgung von Intellektuellen während der Kulturrevolution, die er in "Balzac und die kleine Schneiderin" nacherzählt. Schon damals wurde die Brutalität der Geschichte im Rückblick des Schreibers abgefedert. Nun die unmenschliche Unterdrückung von Schwulen und Lesben in China in - zumindest während der ersten Stunde - zu schönen Bildern, mit zu stimmiger Musik. Immer wieder irritiert die anrüchige Ästhetik von Parfümwerbung. Das ist harmlos weit entfernt von der realistischeren Härte des indisches Lesben-Dramas "Fire" (Regie: Deepa Mehta). Oder auch vom kanadischen "When Night is falling" (Regie: Patrizia Rozema), wo Liebes- und der Trapez-Akt sehr ästhetisch unter der Zirkuskuppel schwangen, ohne dass dabei an Werbung denken musste. Politisch ist bei Dai Sijie nur ein alberner Beo, der "Lang lebe Mao Tsetung" plappert.