29.5.07

Zodiac - Die Spur des Killers


 
USA 2007 (Zodiac) Regie: David Fincher mit Jake Gyllenhaal, Mark Ruffalo, Anthony Edwards 157 Min.
FSK: ab 16
 
Die Serienproduktion von Serienmördern im seriellen Kino führt meistens zu Tod durch Langeweile: "Ich weiß was du letzten Sommer und den davor gesehen hast". David Fincher, der Regisseur von "Seven", "Fight Club" und "Panic Room" verspricht mehr und vor allem etwas anderes. So geriet auch die Premiere von "Zodiac" in Cannes zum Erfolg und Ritterschlag für den amerikanischen Regisseur: Nach 150 Minuten Jagd auf einen Serienkiller, die ganz eigen gestaltet war, fiel sogar der Name Scorsese in den Besprechungen. Fincher wechselt vom Thriller zu den persönlichen Obsessionen eines Zeitungskarikaturisten (Jack Gyllenhaal). Dazu ein perfektionistischer Retrostil, der die Jahrzehnte aufleben lässt, in denen Zodiac in Kalifornien mordete und die Polizei mit Briefen und Rätseln narrte.
 
Zodiac nannte sich ein amerikanischer Serienmörder, dessen Fall für enormes Aufsehen in den Medien sorgte. In verschlüsselten Nachrichten bekannte er sich zu 13 Morden, vermutet werden Dutzende weitere. Zwischen Dezember 1968 und Oktober 1969 tötete er im Raum San Francisco nachweislich fünf Menschen, wurde aber nie gefasst. Der reale Robert Graysmith schrieb über die Nachforschungen, auf diesen zwei Büchern basiert der Film "Zodiac".
 
David Fincher wählt für "Zodiac" nicht die Perspektive des psychopathischen Killers sondern des besessenen Jägers: Als der erste, in seltsamen Runen verfasste Brief von Zodiac in der Redaktion des "San Francisco Chronicle" ankommt, steht der Karikaturist Robert Graysmith (Jake Gyyllenhaal) fasziniert am Rande. Der Starreporter Paul Avery (Robert Downey Jr.) wird auf den Fall angesetzt. Wie hypnotisiert schleicht sich der stille Zeichner in den Sog aus Gräueltaten und Rätselspiel.
 
Zwar steht ein Mord am Anfang, weitere folgen. Zwar ermittelt die lokale Polizei, die Spezialisten aus der Stadt kommen bald hinzu. Doch über die mehr als zweieinhalb Stunden Film, die über zwanzig Jahre Mörderjagd erzählen, verlagert sich der Fokus. Die Spannung steigt, obwohl es immer weniger interessiert, wer der Mörder ist. Es gibt ja irgendwann auch keine neuen Opfer. Selbst in der Erzählzeit des Films gerät der Täter in Vergessenheit.
 
Die Frage seiner Frau, weshalb er immer weiter nach Zodiac sucht, kann Robert Graysmith nicht ausreichend beantworten. Dabei bestimmte schon ihr erstes Treffen die Fixierung auf den Fall Zodiac. In der Redaktion wurde er kaum wahr- und schon gar nicht ernst genommen. Das Familienleben wirkt wie eine Episode. Zwangsläufig begeistert sich dann auch sein ältester Sohn für die bluttriefenden Akten, auch seine jüngeren Kinder müssen verstört die Recherche-Lektüre mitmachen.
 
Jake Gyllenhaal, der Shooting-Star aus "Donnie Darko" und "The Day After Tomorrow" erweist sich al perfekte Besetzung für den scheuen, fast autistischen Eigenbrödler Robert Graysmith. Der immer wieder drogenabhängige und trotzdem geniale Robert Downey Jr. lässt seinen Reporter mit ganz großem Stil den alkoholisierten Bach runter gehen.
 
Sorgt Fincher am Anfang noch mit auffälligen Aufnahmen, mit fliegender Kamera, mit schnellen Montagen des Postweges von Zodiacs Nachrichten, für Atmosphäre, so konzentriert "Zodiac" sich zunehmend auf Robert Graysmith. Alle weiteren Ermittler setzen sich zur Ruhe, werden Randfiguren, auch wenn der ermittelnde Kommissar als Vorlage für Eastwoods "Dirty Harry" dient. Der weitere Verlauf des Falles ist am Ende gar nur noch auf den Schrifttafeln des Films nachzulesen.
 
Fincher unterläuft damit Erwartungen des Genres: Solche Obsessionen führen meist dazu, dass der Täter gestellt wird - am besten im hoch spannenden Finale. "Das Schweigen der Lämmer" variierte hier etwas, indem zwei Serienmörder im Spiel waren. Nun kann man vom populären Zodiac-Fall wissen, dass der Täter nie gefasst wurde, die Morde bis heute nicht aufgeklärt sind. Doch Fincher zieht einen trotzdem in die verbissene Suche mit hinein - ein dickes Lob für die packende Dramaturgie in einem atmosphärisch dichten Anti-Genrefilm!