24.4.07

Der Fluch der goldenen Blume


VR China 2006 (Man cheng jin dai huang jin jia) Regie: Zhang Yimou mit Gong Li, Chow Yun-Fat, Jay Chou 114 Min. FSK: ab 12
 
In China ist alles etwas mehr, etwas größer. So erhält auch der Begriff Monumentalfilm durch "Fluch der goldenen Blume" neue Dimensionen. Der ehemalige Autorenfilmer Zhang Yimou legt nach "House of Flying Daggers" und "Hero" wieder eine Großproduktion hin, bei der man Groß mit Großbuchstaben schreiben muss. Dagegen wirkt Bertoluccis Spektakel "Der letzte Kaiser" an der gleichen Stätte der Verbotenen Stadt wie ein menschenarmes Kammerspiel. Der teuerste chinesische Film bis jetzt glänzt golden und bunt. Doch vor allem in der Welt der Illusionen ist nicht alles Glänzende echtes Gold.
 
Das Vorspiel voller Erwartung: Ein Hochzeremoniell für den heimkehrenden Kaiser. Nicht nur die Gemahlin, gleich hunderte Frau schminken, pudern sich, legen edle Gewänder an. Alles eindrucksvollst - als dann auch das Gesicht von Gong Li die Leinwand füllt, ist die erste Gänsehaut angesagt. Ihre Herrscherin und Gefangene des Hofes zittert beim Anlegen der Goldbrosche, stickt mit unsicheren Fingern an einer goldenen Blume. Vergiftet von Eifersucht, Ekel gegenüber dem Mann und Herrscher sowie von dessen "Medizin", die eigens mit tödlichen Mittelchen präpariert wird. Doch ebenso unsicher wie tapfer schreitet die Kaiserin zum Empfang. Denn seit langem hat sie ein Verhältnis mit dem ältesten Sohn des Kaisers, dem Kind ihrer Vorgängerin. Da wo es ödipal wirkt, ist es moralisch ganz harmlos und staatlich lebensgefährlich. Doch in anderen Betten droht Blutschande.
 
Derweil schleifen sich Vater und Sohn draußen vor dem Palast zur Begrüßung aneinander die Schwerter ab. Ein funkensprühendes Spektakel und es wird nicht das letzte sein. Auch die wahre Mutter und ihr Sohn tasten sich bei einem Kung Fu-Kampf ab. Die gebrandmarkte und verbannte Frau verrät ihrer Konkurrentin vom mörderischen Giftplan. Zwei Frauen eint der Hass auf den Despoten. Zhang Yimou drehte also wieder ein Frauendrama wie zu den Zeiten, als er noch Kunstfilme machte?
 
Ja und Nein: Die enorme Tragik im Wirken eines grausamen Herrschers und eines noch gemeineren Schicksals verliert sich in all dem Glanz und unter dem dauernden Geheule des Chores. So ist es eindrucksvoll, erschütternd wenn sich über die Opfer ein ganzes Heer goldener Ritter hinwegstürmt. Aber auch symptomatisch. Da müssen Statistenheere den jahrelangen Hass einer arrangierten Beziehung ausspielen. Bei Schauspielern wie Gong Li und Chow Yun-Fat hätte das ohne Massenszenen vielleicht stärker sein können. Aber so haben das große und das feine Publikum etwas davon.
 
"Der Fluch der goldenen Blume" will Shakespeare sein und Kurosawas Verfilmungen des großen Dramaturgen. Das chinesische Monumental-Monster hat aber auch was von diesen Autokopien, die mit viel Popanz die geklauten Formen von Mercedes verschandeln. Dazu viele grandiose Momente mit schwirrenden Krummsäbeln, mit Heeren, die auf einem Meer von Chrysanthemen gegeneinander prallen. Fliegende Ninjas stürzen wie Krähen auf die fliehende Familie der Prinzen-Konkubine. Schwarz wie seine Ninja-Kämpfer ist das Gift, das der Kaiser seiner Frau in kleinen Dosen einflösst. Unfassbar wie nach dem großen Blutvergießen, da wo bei Hamlet nur noch Schweigen ist, die eifrigen Reinigungskräfte alles wieder herrichten, als sei nichts geschehen. Und so sitzt auch die Restfamilie zusammen. Eine letzte Konzentration für einen letzten großen Moment ohne monumentales Theater.